Gladbeck. .
Fietes Augen sind gebannt auf das Geschehen vor seiner Nase gerichtet. Ihnen entgeht so schnell nichts, was sich hier in der Turnhalle der Käthe-Kollwitz-Schule abspielt. So kommt denn auch seine Antwort wie aus der Spielzeugpistole geschossen: Was die I-Dötzchen lernen möchte? „Schreiben, lesen, rechnen!“ Ein Lachen lässt das Gesicht des Sechsjährigen leuchten, als sein Blick auf eine Horde von Zwergen mit weißen Watterauschebärten und pilzbraunen Zipfelmützen fällt. Und wenn sich erst die Hoppelhasen mit den Pappohren in Bewegung setzen, bebt die Turnhalle. Zweitklässler stecken in den Kostümen, sie begrüßen die Erstklässler, mitten unter ihnen Fiete, mit großem Hallo. Wen wundert’s da, dass der Blondschopf jetzt keine Augen für seine Schultüte hat? Mutter Sabine Scherwietes-Nowoczin jedenfalls nicht. Sie hält das grasgüne, gute Stück mit aufgeklebten tomatenroten Filz-Marienkäfern und Blättergirlanden lässig im Arm.
Kein Grund zur Sorge
Wie gemalt wirkt Fietes Tüte – perfekt bis ins Detail. Übung haben Vater Helmut Novoczin und Mutter Sabine ja mittlerweile im Basteln: Immerhin ist Fiete ihr drittes Kind, das an der Käthe-Kollwitz-Schule seinen großen Tag erlebt. Eine Bekannte ruft der 46-Jährigen sogar lachend zu: „Na, auch mal wieder mit Schultüte?“ Fietes große Schwester Inga, acht Jahre alt, ergänzt: „Unsere Oma ist auch hier zur Schule gegangen.“ Gelassen gehen die Eltern mit dem Ereignis „Erster Schultag“ um, Vater Helmut schießt Fotos fürs Familienalbum. Der 56-Jährige: „Fiete konnte gestern gar nicht einschlafen, so aufgeregt war er.“ Seine Frau meint: „Dieser Tag ist schon spannend, aber wir sind nicht mehr so aufgeregt wie beim ersten Mal.“
Damals war Carlo die Hauptperson. Der Zehnjährige hat gestern ein neues Kapitel seiner Schullaufbahn aufgeschlagen: Er ist zum Heisenberg-Gymnasium gewechselt. Und just in demselben Klassenzimmer, in dem der große Bruder einst als I-Dötzchen einzog, hat sich Fiete an einem Vierertisch einen Platz gesucht. „Ganz bewusst haben wir alle unseren Kinder hier angemeldet – kurze Beine, kurze Wege“, erklärt die Mutter. Die Gladbeckerin bezeichnet sich selbst als Befürworterin der früheren Schulbezirksgrenzen. Inga freut sich, dass Fiete mit ihr die Schule in der Nähe des Wohnortes besucht. Die Achtjährige hat ihren kleinen Bruder ein bisschen vorbereitet: „Der Schulhof ist schön, die Hausaufgaben sind blöd.“
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Das Gebäude und den Hof kennt der Junge, aber sonst umgeben ihn „alles fremde Gesichter“ in der Klasse. Doch das ist für die Eltern kein Grund zur Sorge. Der Vater: „Fiete ist ein sehr fröhliches, erfrischend uncooles Kind.“ Bei seinen Geschwistern gab’s keine Schulprobleme, also bleiben die Eltern auch jetzt locker. Den Spruch vom „Ernst des Lebens, der jetzt beginnt“ mag Mutter Sabine gar nicht hören. Spaß und Freude soll die Schule machen. Der Anfang ist gemacht, Fiete findet seinen ersten Schultag einfach nur schön.