Gladbeck. .
„Ich hoffe sehr, dass es jetzt mit einer Lehrstelle klappt.“ Ali Semmo (20) guckt dabei so ernst, wie ihm zumute ist. Die vielen Absagen, die der junge Gladbecker in den letzten Monaten auf seine vielen Bewerbungsschreiben um eine Stelle als Verfahrensmechaniker erhalten hat, haben ihm einiges von der Leichtigkeit genommen, die jungen Menschen sonst zu eigen ist. Trotz eines guten FOR-Abschlusses am Berufskolleg, besonders guten Zensuren in Mathe, sicherem Auftreten und Bewerbungen im Umkreis von 50 Kilometern hatte der 20-Jährige zum Ende des Schuljahres noch keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche.
Für Ali gibt es jetzt aber berechtigte Hoffnungen darauf, dass er in wenigen Wochen die ersten Schritte ins Berufsleben als Azubi machen kann. Er hat mit zehn anderen jungen Gladbeckern am VGW-Sommercamp (Verein zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft) teilgenommen und sich damit eine reelle Chance auf eine Lehrstelle gesichert. Die Erfahrung aus den letzten Jahren zeigt, dass 80 bis 90 Prozent der Teilnehmer danach versorgt sind, denn Gladbecker Unternehmer besuchen die Teilnehmer vor Ort und lernen sie kennen. Erfahren werden die Jugendlichen das erst an diesem Freitag.
Lehrstellenmarkt angespannt
Doch das sind wenige Tropfen auf ziemlich heißen Steinen. Denn allen Hinweisen auf den demografischen Wandel und drohendem Fachkräftemangel zum Trotz ist die oft vergebliche Suche nach einer Lehrstelle immer noch eine traurige Tatsache im Emscher-Lippe-Land und im gesamten Kreis Recklinghausen.
Nach wie vor ist die Situation auf dem Lehrstellenmarkt in Gladbeck und der gesamten Region angespannt. Die jetzt von der Arbeitsagentur Recklinghausen veröffentlichten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: „Von Oktober 2011 bis Juli 2012 haben sich bei der Agentur für Arbeit insgesamt 5.507 Bewerber für Berufsausbildungsstellen gemeldet.“ Das sind noch einmal 8,2 Prozent oder 419 Jungen und Mädchen mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Zahlen der Bewerber steigen also noch, die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen dagegen sinkt. Von Oktober bis Juli wurden 89 Stellen (-3,3 Prozent) weniger angeboten. Mit insgesamt 2.585 Stellen war das Angebot gerade mal halb so groß wie die Zahl der Bewerber.
Im ganzen Kreis sind derzeit noch 1572 junge Menschen auf Ausbildungssuche. Das sind 134 (+9,3 Prozent) mehr als im Vorjahr. Es gibt aber wie in jedem Jahr auch 2012 unbesetzte Ausbildungsstellen: 750 sind es aktuell.
Jetzt also ist Endspurt angesagt. „Der Startschuss für den finalen Sprint zum Ausbildungsbeginn ist nun gefallen. Doch auch für all diejenigen, die bereits auf dem Treppchen stehen, weil sie ihren Ausbildungspatz sicher haben, gilt nach wie vor Fair Play“, appelliert die Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit im Kreis Recklinghausen, Claudia Mann, an die Solidarität der Jugendlichen. Diese könnten vielen anderen noch unversorgten Jugendlichen helfen, indem sie nun zügig noch laufende Bewerbungen bei anderen Arbeitgebern zurückziehen und diese Plätze damit frei machen.
Dass solche Absagen häufig erst wenige Tage vor Beginn der Ausbildung kommen, manchmal auch erst am ersten Tag der Ausbildung, diese Erfahrung macht beispielsweise die Stadtsparkasse in den letzten Jahren häufiger. Personalchef Dirk Johann hat daher bei den Zusagen immer ein bis zwei mehr in petto als es Plätze gibt, um am Ende nicht zu wenige Azubis zu haben. Der Bedarf für Nachwuchskräfte ist wegen der Altersstruktur der Sparkassen-Mitarbeiter tatsächlich vorhanden.
Agenturchefin Claudia Mann appelliert aber auch an die Arbeitgeber, weitere Ausbildungsstellen an den Arbeitgeber-Service zu melden. An Bewerbern sei ja kein Mangel und „geeignete Kandidaten können noch gefunden werden.“