Gladbeck.

Kommt der A-52-Tunnel, werden mit ihm auch die beiden alten Moltkehalden an der Ecke B 224/Steinstraße verschwinden. Das erfuhr die WAZ von verschiedenen im A-52-Projekt eingebundenen Akteuren. Das schaffe Platz für attraktive städtebauliche Entwicklungen – wie auch auf anderen freien Flächen entlang der 1,5-km-Tunneltrasse.

Der Wegfall der Halden biete Raum für besondere Nutzungen bis an der Rand der geplanten Stadtallee, Platz für Neues, für Innovatives, heißt es. Das bedeute ein „absolutes Plus“ für Butendorf, betonte im WAZ-Gespräch Alexa Waldow-Stahm, Architektin und Partnerin des renommierten Braunschweiger Architekturbüros „Stahm Architekten“, das für die Stadt die „szenarische Studie“ über den Tunnel und mögliche städtebauliche Entwicklungen der Flächen dies- und jenseits der Trasse entwickelt hat.

Es mache absolut Sinn, auf den heutigen Haldenflächen, wenn der Verkehr im Tunnel verschwunden ist, Neues zu entwickeln, das Gladbeck Perspektiven biete, so Waldow-Stahm. Konkret geplant sei da noch längst nichts, doch Ideen gebe es: von hochwertiger kleingewerblicher Nutzung über eine Art Büropark bis hin zu einer schmucken Wohnbebauung, sämtlich Projekte, die auf Gladbeck aufmerksam machten, neue Impulse brächten. Alles in Kombination mit Landschaft, viel Grün und in direkter Anbindung an Wittringen. Auch eine Neuordnung und Einbindung des angrenzenden Festplatzes sei vorstellbar.

Auch nördlich der Trasse an der Uhlandstraße gebe es Entwicklungspotenziale, da könnte ein attraktiver Stadtraum entstehen. Es gebe schon heute Gebäudesubstanzen, die untergenutzt seien. Als Idee wird in der „szenischen Darstellung“ ein neuer Stadtplatz an der Ecke Uhland-/Horster Straße ausgewiesen. Deutlich wird, dass der gesamte südliche Eingangsbereich der City (Horster Straße ab heutiger B 224 bis zum Markt) überdacht und damit attraktiver gestaltet werden könnte.

Auch das große Areal gegenüber von Freibad und Stadion (jenseits der Schallschutzwände) biete städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten, wenn der Tunnel kommt. Hier sei als Idee eine Verwendung für „Sport“ im weitesten Sinne denkbar, heißt es. Grundsätzlich hält Waldow-Stahm das Tunnelprojekt für eine einmalige Chance, das sei ein Weg nach vorn, Gladbeck mehr Stadtleben, moderne Urbanität zu bringen.

Die Unternehmen Thyssen-Krupp und Eon, denen die beiden alten Moltkehalden aus dem langjährigen „Zechenerbe“ gehören, signalisierten auf WAZ-Anfrage Bereitschaft, den Abbau der Halden mitzutragen. Insbesondere Thyssen-Krupp, denen die größere Halde mit den innenliegenden Stollen aus dem 2. Weltkrieg gehört, ist daran interessiert, in erster Linie, um einen Gefahrenherd zu beseitigen (Stichwort: Tagesbrüche). Betont wird allerdings, dass ein Abbau ohne A-52-Tunnel weiterhin ein Tabu sei. Das mache nur Sinn mit dem Tunnel. Dann böten sich aber attraktive Grundstücke.

Zwei Jahre würde es dauern, die größere der zwei alten Halden mit 180 000 Kubikmeter Abraum abzutragen. Die Kosten schätzt Thyssen-Krupp auf 2 Mio €. Das sei kein Objekt, um Gewinne einzufahren. 50 % des dort lagernden Abraums, so der Eigentümer, sei in Folge einer alten Verkokung verwertbare rote Asche und könne etwa im Sportplatzbau verwendet werden. Die andere Hälfte ist schwarzes Bergematerial, das als Füllmaterial genutzt werden kann, auch als erste Schicht auf dem Deckel des möglichen A-52-Tunnels.

Die beiden alten Halden an der B 224 sind Hinterlassenschaften der Zeche Moltke 1/2, sind älter als 80 Jahre. 10 bis 15 Meter hoch ragt die Halde, die auf einer Fläche von drei Hektar aufgeschüttet ist. Seit Jahren ist die Halde eingezäunt, um mögliche Gefahren durch Tagesbrüche abzuwenden. Die entstehen durch das Zusammenbrechen der Stollen im Haldenkörper, die während des 2. Weltkriegs als Luftschutzräume angelegt wurden und auch das ausgelagerte Barbara-Hospital aufnahmen. Diese Stollennetz selbst müsste zurückgebaut und entsorgt werden.

Erste Pläne für den Haldenrückbau waren bereits im Herbst 2009 bekannt geworden. Damals gründete sich in Butendorf eine Bürgerinitiative (BI), die um die kleine „grüne Lunge“, die die Halde darstellt, und die Halde als Schallschutz zur B 224 kämpfte. Von allen Seiten wird inzwischen betont, dass die Halde nur verschwindet, wenn gleichzeitig der Tunnel kommt.

Das Architekturbüro Stahm mit Sitz in Braunschweig, das die „szenische Studie“ für das A-52-Tunnelprojekt konzipierte, ist bundesweit ein gefragter Partner von industriellen Auftraggebern und großer Städte, wenn es um strategische Entwicklungsvorhaben geht. Stahm Architekten planten die Autostadt Wolfsburg, den Krupp-Gürtel in Essen, den Umbau des Areals der Westfalenhütte Dortmund, die Universität Hamburg-Harburg oder die Bayarena.