Gladbeck. .

Gemeinschaftliches Wirtschaften, bei dem soziale Verantwortung und wirtschaftliches Handeln Hand in Hand gehen, würdigen die Vereinten Nationen, indem sie das Jahr 2012 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausrufen.

Das Prinzip der Emschergenossenschaft, gegründet vor 100 Jahren, ist geradezu ein Paradebeispiel für diesen Genossenschaftsgedanken, denn Castrop-Rauxel, Dortmund, Essen, Dinslaken, Oberhausen . . . sind alle durch die Emscher und unzählige Bachläufe des Emscher-Systems miteinander verbunden. Eine gemeinsame, städteübergreifende Wasserwirtschaft macht also mehr als Sinn, aus ökonomischen wie auch zunehmend aus ökologi-schen Gründen. Vor 113 Jahren wurde im Bochumer Ständehaus daher die Gründung der Emschergenossenschaft beschlossen. Ihr liegt das genossenschaftliche Gemeinschaftsprinzip zu Grunde, nachdem jeder etwas einbringt, damit alle davon profitieren. Als Wasserwirtschaftsverband übernimmt die Emschergenossenschaft damals wie heute Aufgaben der klassischen Daseinsvorsorge, das heißt sie leistet mit der Sammlung, Abführung und Klärung des Abwassers der gesamten Region einen wichtigen Teil der Grundversorgung der Bevölkerung.

Genossenschaften wurden und werden meist zur Lösung einer gemeinschaftlichen Aufgabe gegründet, so auch dieser älteste deutsche Wasserwirtschaftsverband: Die gemeinsame Bedrohung für alle Kommunen entlang der Emscher war Ende des 19. Jahrhunderts die Verseuchung des Emscherbruchs und der umgebenden Stadtteile durch den immer wieder über die Ufer tretenden Fluss. Durch den Kohlebergbau sackten nicht nur ganze Landstriche ab, sondern es veränderten auch die Gewässer ihren Lauf und konnten zu großen Teilen nicht mehr richtig abfließen.

Dazu kam: Die Abwässer der Bevölkerung und der stetig wachsenden Industrie in der Kernzone des heutigen Ruhrgebietes wurden konzeptlos und ungeregelt in die Emscher eingeleitet und machten sie zu einer Kloake. Es stank, Gesundheitsprobleme und Seuchen häuften sich.

Heute sind 19 Kommunen entlang der Emscher Mitglied bei der Emschergenossenschaft. Eine federführende Rolle bei der Gründung übernahm der Essener Oberbürgermeister Erich Zweigert, der sich das „Emscherregulierungsprojekt“ auf seine Fahnen schrieb. Repräsentanten der großen Bergwerksgesellschaften wie Hibernia oder der Gelsenkirchener Bergwerks AG waren ebenfalls unter den Gründungsmitgliedern, heute noch ist der Bergbau größtes Einzelmitglied.

Als oberste Leitlinie war schon im Grundsatz des Emschergesetzes vom 14. Juli 1904 verbrieft: „Die Genossenschaft dient dem Wohl der Allgemeinheit und dem Nut-zen der Mitglieder.“ Durch die Gründung der Genossenschaft erhofften sich die Menschen entlang der Emscher eine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Zum ersten Mal enstand in Deutschland ein durchdachtes wasserwirtschaftliches Konzept, das Beispielcharakter erlangte. Schon zu ihrer Gründung sorgte das „Emscherregulierungspro-jekt“ aufgrund der Größenord-nung überregional für Aufsehen. Das gemeinsame Zusammenwirken von Kommunen, Bergbau und Industrie in der Genossenschaft konnte erste Erfolge vorweisen: So ging im Juli 1906 in Essen die größte Versuchskläranlage Deutschlands in Betrieb und wurde im September des gleichen Jahres der erste Spatenstich für Bauarbeiten zwischen Walsum und Oberhausen zur Begradigung der Emscher vorgenommen.

Ohne Ausnahme wurden die 24 damaligen Stadt- und Landkreise des Ruhrgebietes zwischen Dortmund und Duisburg ordentliche Mitglieder, nach ausufernden Diskussionen und Verhandlungen über Statuten, Finanzierung oder die Benutzung von genos-senschaftlichen Anlagen. Aber auch hinsichtlich eines endgültigen Namens. Am Ende blieb es bei „Emschergenossenschaft.“