Gladbeck. . Er ist der ungekrönte Radfahrkönig Gladbecks - Heinrich Praß. Und auch in diesem Jahr fuhr der 63-Jährige wieder jeden und allen mit seinem Zweirad davon.

Im neuen Jahr geht seine Radfahrtouristik, mit der er schon ungezählte Gladbecker per Drahtesel in aller Herren Länder gelotst hat, in die 29. Saison.

Heinrich Praß hat in seinem Radlerleben zehn Mal die Welt umrundet – „gut 300 000 Kilometer waren es allemal“, überschlägt er im Gespräch mit der WAZ. Viele Länder dieser Welt er schon mit dem Rad besucht – Holland und Polen -- eher ganz in der Nähe, Malta und Malle, aber auch und vor allem Kuba, Taiwan, ja sogar in Australien strampelte sich Praß schon durchs Outback.

Radliebhaber ist Praß von klein auf. Bis heute besitzt der gebürtige Bueraner, der seit Kindertagen in Gladbeck lebt, kein Auto. „In Gladbeck kann man alles bequem mit dem Rad erreichen.“ Geht es raus aus der Stadt, fährt Praß meist mit der Bahn. Und nimmt dann oft sein Rad mit, um in der Ferne neue Routen auszuprobieren oder eine Tour kurzfristig noch einmal abzuradeln, um sie wenige Tage später seinen Gästen als Reiseleiter zu präsentieren. Dann ist er ganz der Reiseprofi, Organisator und Vorradler, wie es sich gehört, aber auch der Mann, der die kleinen Wünsche seinen Mitradlern von den Augen abliest.

Seine Liebe zu Radtouren stammt aus seiner Zeit in der Jugend von St. Marien Brauck, als ihn der damalige Jugendkaplan Franz-Josef Surmann bat, für die Messdiener eine Radtour zu planen. „Es ging nach Nimwegen und Mönchengladbach“, erinnert sich Praß noch genau. Es folgt eine zweite und weitere, meist in die nähere Umgebung, ins Münsterland oder zum Niederrhein. 1983 entschloss er sich, professionell, aber noch nebenberuflich Tagestouren anzubieten. 1986 startete der Meisterradler erstmals zu einer mehrtägigen Tour durch Holland. „Mitradler hatten das vorgeschlagen und mich dazu ermuntert.“

Praß, der Fremderverkehrsgeographie studiert hat und eigentlich Lehrer an berufsbildenen Schulen werden wollte, orientierte sich um, witterte eine Marktchance. „Damals war Aktivurlaub noch ein Fremdwort.“ Er entschloss sich, Radeln zum Hauptberuf zu machen. Die Ziele führten ihn und seine Mitradler immer weiter weg von Gladbeck – zum Bodensee, in die Rhön oder zur Müritz. Die erste große Tour organisierte der Gladbecker 1987 auf die Mittelmeer-Insel Mallorca. „Da war ich inzwischen wohl 50 Mal, manchmal vier Mal pro Jahr.“

Regelmäßig sind Praß-Radler seit Jahren in Spanien, auf Zypern, in den USA, in Rumänien, im Baltikum, kreuz und quer durch Griechenland oder in Tunesien zu sehen. „Da sind wir mal in einen Sandsturm geraten, das war schon ein Erlebnis.“ Auf Malle begegnete er mal „Kollege“ Eddie Merckx. Zwölf Mal war Praß schon auf Kuba. „Da fahr ich besonders gern hin, die Insel ist wunderschön, und die Menschen sind äußerst freundlich.“ Praß, der selber vier Räder sein Eigen nennt, hat inzwischen mehr als 250 Reisen in alle Welt organisiert, mit Vortouren kommt er im Jahr auf gut 10 000 Radel-Kilometer. „Noch nie habe oder musste ich eine Tour absagen, im Schnitt begleiten mich zehn Leute in der Gruppe“, erzählt er.

Viele Stammkunden sind inzwischen dabei. Der Treueste unter den Treuen ist Willi Wolters aus Gladbeck, „der ist von Anfang an jedes Jahr dabei.“ Ilse und Werner Strauß radeln seit über 20 Jahren mit Praß, Willi Harazim aus Bottrop hat mit ihm seit 17 Jahren 42 000 km erstrampelt. Zu seiner Klientel gehören viele aktive Senioren, „schließlich machen wir auch keine Radsportreisen, sondern Erholungsradeln.“ Bespickt mit ein wenig Kultur an den Zielorten, „da sehen wir uns auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an.“ Ans Aufhören denkt Heinrich Praß nicht. „Mindestens bis 70 mach ich noch weiter“, verspricht er.