Gladbeck.

„Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ – über den umstrittenen Werbeslogan, über Kirche und Konsum, über volle Kirchen an Heiligabend und wie sich Gladbecks Gemeinden darauf vorbereiten, darüber sprach die WAZ mit Propst André Müller.

Ist der Werbeslogan Beleg für den Triumph des Kommerzes über die Weihnachtsbotschaft?

Propst Müller: In gewisser Weise ja, Geiz ist gottlos. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nicht wenige dem erlegen sind und Weihnachten sinnentleert feiern. Ich könnte mich darüber aufregen, wir können es aber nicht stoppen.

Woher kommt die Fixierung auf den Konsum?

Müller: Das ist Ausdruck der Ökonomisierung aller Lebensweisen. Für viele ist Weihnachten nur noch ein Fest des Schenkens, maximal ein Familienfest. Für gewisse Milieus, die konsumorientiert gepolt sind, trifft Werbung wie die des Elektronikmarktes voll ins Herz. Da setzen Konsum und Ökonomie die Werte.

Können Sie dem Spruch dennoch etwas abgewinnen?

Müller: Unterm Baum steht für mich die Krippe mit dem Zeichen von Gottes Nähe und Liebe: Jesus Christus. So gesehen kann ich damit leben. Nur: Die Krippe steht auch ohne Baum im Mittelpunkt, mit der einzigartigen Geschichte, die der Welt große Freude verkündet. Mit diesem neugeborenen Kind erfahren auch die Menschen Weihnachten, denen nicht weihnachtlich zumute ist.

Können denn die Kirchen überhaupt noch die nur auf den Konsum fixierten Menschen erreichen?

Müller: Das ist ganz schwierig. Die sind mit ihrem Konsum glücklich. Da kann man eher mit Atheisten diskutieren. Dennoch sollten wir auf sie zugehen und niederschwellige Angebote machen, die erklären, dass das Fest einen Sinn hat. Etwa mit einem Weihnachtsliedersingen oder mit einem Krippenspiel, das etwas andere inhaltliche Schwerpunkt setzt.

Trotz allem sind aber die Kirchen Heiligabend voll.

Müller: Ja, und das ist auch gut so. Jeder ist willkommen, auch wenn er nur aus Brauchtumsgründen kommt oder die Christmette als volkstümliches Element sieht. Das ist keineswegs verwerflich. Wer sich angesprochen fühlt und näher dazu gehören will, kann weitere Angebote wahrnehmen.

Wie groß ist das Messangebot der Großpfarrei?

Müller: Allein an Heiligabend finden 17 Christmetten in acht Kirchen statt. Wir erwarten rund 10 000 Besucher, dreimal so viele wie sonst sonntags. Mehrere hundert Freiwillige bereiten neben den Hauptamtlichen seit Wochen die Festmessen vor.