Gladbeck / Recklinghausen. .

Mit einem so genannten Stärkungspakt Stadtfinanzen will das Land den am Hungertuch nagenden Kommunen finanziell unter die Arme greifen. Diese Initiative begrüßen der Kreis und die zehn kreisangehörigen Städte ausdrücklich.

Sie befürchten indes, dass sich der Stärkungspakt zu einem Schwächungspakt entwickelt, wenn sich an der Gesetzesvorlage bis zur Verabschiedung Ende des Jahres nicht noch Entscheidendes ändert.

Der Grund für die Befürchtungen des Landrats und der Bürgermeister: An die Mittelvergabe sind Bedingungen geknüpft, die nicht erfüllbar scheinen und nach einhelliger Auffassung den Kommunen durch rigorose Sparzwänge vollends ihre Handlungsfähigkeit nehmen. Ihre Sorgen gaben die Verwaltungsspitzen des Kreises und der Städte, darunter Gladbecks Bürgermeister Ulrich Roland, jetzt den Landtagsabgeordneten der Region bei einer Runde im Kreishaus mit auf den Weg nach Düsseldorf. Dort steht in wenigen Tagen die 1. Lesung zum Gesetzesentwurf im Landtag an.

Beispiel Gladbeck: Die Stadt gehört nicht zu den sechs „zwangsbeglückten” (Originalton Landrat Cay Süberkrüb) kreisangehörigen Städten, die in der ersten Förderrunde schon in diesem Jahr dabei sind. Sie wird aber nach derzeitiger Lage der Dinge im kommenden Jahr liebend gern darauf verzichten, sich um eine zusätzliche Finanzspritze zu bewerben (wenn sie durch die Haushaltslage nicht ohnehin zwangsverpflichtet wird). Würde das doch bedeuten, dass die Stadt innerhalb von fünf Jahren zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen muss. Ausgehend vom diesjährigen Fehlbedarf hieße das: Spätestens zum Ablauf der Fünf-Jahres-Frist müssen dauerhaft 34 Millionen zusätzliche Euro her. Woher, das ist die entscheidende Frage, die derzeit Roland (und seine Kollegen im Kreis) treibt. Die avisierten Landesmittel allein reichen dafür jedenfalls nicht. Castrop-Rauxel etwa, eine vergleichbar große Stadt, ist in der ersten Stufe des Stärkungspaktes dabei und darf mit etwa zehn Millionen Euro rechnen. Es reicht auch nicht ein von der Gemeindeprüfungsanstalt für die Stadt Gladbeck errechnetes weiteres Sparpotenzial von jährlich acht Millionen Euro.

Das hält Bürgermeister Ulrich Roland ohnehin für ein eher theoretisches Zahlenwerk. „Da ist beispielweise von zu großen Räumen in städtischen Gebäuden und damit zu hohen Kosten die Rede. Aber wie soll man das wohl ändern?” Er könne ja nicht, meinte sein Oer-Erkenschwicker Amtskollege plakativ, das halbe Rathaus oder halbe Schulen abreißen. Schon woher diese acht Millionen kommen sollen, sei ihm ein Rätsel, sagte deshalb auch Roland, zumal die Stadt wie keine andere in den letzten Jahren eingespart habe.

Alle weiteren Einsparungen gingen dann tatsächlich ans Eingemachte, an kulturelle, sportliche, soziale Einrichtungen etwa.

Vogelinsel weg, Stadtbücherei schließen? „Das sind doch genau die Dinge, die das soziale Leben einer Stadt erst ausmachen”, sagt Roland. „Das kann nicht im Sinne des Landes sein.” Und auch nicht, den durch soziale Lasten besonders gebeutelten und noch mitten im Strukturwandel befindlichen Städten im Emscher-Lippe-Raum vollends ihre Handlungsfreiheit zu nehmen, meint Landrat Cay Süberkrüb. „Wir wollen nicht zu Außenposten der Landes- und Bundesverwaltung degenerieren.”

„Brachiales Sparen erstickt das kommunale Leben”, sagt Roland. Er geht deshalb davon aus, dass der Gesetzentwurf zum Stärkungspakt bis zur Verabschiedung noch Änderungen erfährt. Die bei der Runde im Kreishaus gezeichneten möglichen Horrorszenarien will er als Hilferuf ans Land verstanden wissen. Vom Land erwartet die Runde aus Landrat und Bürgermeistern zur nachhaltigen Konsolidierung der Haushalte eine auf eine „kraftvolle kommunale Selbstverwaltung” ausgerichtete Finanzierung. Jeder, der die Gemeinden verpflichte, gesetzliche Gemeinschaftsaufgaben zu erfüllen, müsse die dafür notwendigen Mittel in vollem Umfang bereitstellen.

Ja, natürlich, die Lage der Kommunen sei dramatisch. Das sagt auch der Gladbecker Michael Hübner, SPD-Landtagsabgeordneter und kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Deswegen hat die Landesregierung sich ja auch auf den Weg gemacht, den Städten zu helfen.”