Gladbeck. .

Ein rauer Wind weht über die Felder. Das Windrad hinter den vielen Bäumen dreht sich unermüdlich. Der Herbst kommt mit großen Schritten auf Gladbeck zu.

Er umhüllt auch den Johowgarten, wo noch letzte Blumen an den Sommer erinnern, der kaum den Namen verdient.

„Die Ernte fiel aber so schlecht gar nicht aus“, weiß Peter Scharnowski zu berichten. Er ist einer von 69 Kleingärtner in dieser ganz besonderen Anlage, die eigentlich Grabeland ist. „Früher war hier mal eine Müllhalde. Die ist versiegelt worden und aufgeforstet. 1985 hat man die Fläche für Kleingärtner zur Verfügung gestellt. Um Menschen in schwierigen finanziellen Situationen Ackerbau und Viehzucht zu ermöglichen.“ Die Anlage wurde von den ersten Gärtnern in Eigenarbeit erstellt. Und schon damals teilten sich die Gartenfreunde in sechs Gruppen ein, die im Verbund dem eigenen Hobby frönen. „Kleine Gemeinschaften zu schaffen, das war damals das Konzept.“

Eine Gemeinschaftshütte ist der Mittelpunkt des Gartens der „Wühlmäuse“. Von hier aus gehen alle kleinen Parzellen ab. Viele Beete sind schon abgeerntet. Jetzt stehen nur noch die Pflanzen, denen der Herbst nichts anhaben kann. Porree ragt noch dunkelgrün in die Höhe. Und ein paar Zierkürbisse ranken über die Beete. Hier und da umrahmen Weinpflanzen die kleinen Lauben. Rote und weiße Früchte tragen sie jetzt. Zu Wein werden die aber nicht verarbeitet. Dafür aber der Rhabarber, der ein großes Beet im Garten von Peter Scharnowski beherrscht. „Daraus mache ich Rhabarberwein“, schwärmt der Hobbygärtner. Und dann verrät er, dass er für diese Spezialität durchaus berühmt ist im Garten.

So natürlich hier alles aussieht, so natürlich ist es auch. Denn von Beginn an ist der Johowgarten eine „Öko-Anlage“. „Pestizide sind bei uns verboten“, klärt Peter Scharnowski auf. Und auch keinem Tier wird hier ein Haar gekrümmt. „Wir leben im Einklang mit der Natur.“ Und wie als wollte es diese Worte bestätigen, kreuzt ein Eichhörnchen munter den Weg. Es fühlt sich wie im Paradies, hier, zwischen Haselsträuchern und Walnussbäumen.

Ein idyllischer Weg führt zu den anderen Gartengruppen. Es geht über eine kleine Brücke, unter der ein Weiher liegt. Auf ihm schwimmt hier und da etwas Entengrütze. Ein grüner Farbklecks im grauen Nebel, der an diesem Herbstmorgen über dem Wasser schwebt.

Man läuft vorbei an der Gartengruppe „Sonnenblume“. „Hier sind vor allem muslimische Gärtner zu finden“, erklärt Peter Scharnowski. „Die versuchen wir wieder stärker mit einzubinden.“ Dann geht es in den Garten der „Wilden 13“. „Diese Gruppe war immer schon mehr öko als alle anderen“, bereitet der Gärtner vor. Und gleich werden seine Worte bestätigt. Es ist, als beträte man eine eigene kleine Welt. Man ist erinnert an frühe Literaturerfahrungen wie „Der geheime Garten“. So fantastisch ist es hier. Und hinter beinahe jedem Busch gibt es etwas zu ergründen. Hinter einem steht Wilfried Bauroth. Er kam, um nach seinem Garten zu sehen.

„Der Wind zerzaust ja schon alles sehr.“ Obwohl er dem wilden Grün, das kraftvoll den Böen trotzt, wenig anhaben kann. Ob es schwieriger ist, ökologisch zu gärtnern? „Nein. Ich würde sagen vielleicht ein bisschen einfacher. Denn man braucht nicht so viele Kenntnisse.“ Und so hat der Gärtner nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch viel Zeit, sein kleines Stück Grün mit der Familie zu genießen. „Für Kinder ist das einmalig. Als meine Enkel zum ersten Mal hier waren, haben sie sich gleich wohl gefühlt.“

Kein Wunder. Man ist hier der Natur sehr nah. Dicke Dolden von Holunder hängen herab und wiegen sich im Wind. Wo einst Rosen blühten, leuchten nun rote Hagebutten. Und gleich daneben wetteifern rotbackige Äpfel mit ihnen. Ins Grün der Bäume mischt sich langsam das Orange der sterbenden Blätter, die sich einmal noch aufbäumen, mit ihrer Pracht beglücken um sich dann gen Boden zu bewegen und einzugehen in den Kreislauf des Lebens.

Über allem kreist ein Bussard. Er blickt hinab auf diese Idylle, die sich in diesen Tagen bereit macht, den Herbst zu empfangen.