Gladbeck.
Zwölf Köpfe umfasst die CDU-Fraktion, die zweitgrößte im Rat. Angeführt wird sie bereits in der dritten Wahlperiode von Reinhold Fischbach, mit dem sich die WAZzum Sommerinterview traf und über die Kommunalpolitik in Gladbeck und die Situation der CDU in der Stadt unterhielt.
Herr Fischbach, wie geht’s der CDU Gladbeck in diesem Sommer?
Reinhold Fischbach: Nicht so gut, sie leidet unter der CDU-Politik in Bund und Land. Die sprunghaften Entscheidungen, das permanente Schielen nach vermeintlichen Mehrheiten im Volk, das nervt viele bei uns. Gute, beständige, nachvollziehbare Politik, die auch mal kontrovers diskutiert werden kann, wird zu wenig nach außen vertreten.
So wie es die CDU in Gladbeck tut?
Wir konzentrieren uns auf Kommunalpolitik und vertreten in der Tat kontroverse Positionen, das ist auch unsere Aufgabe als Opposition.
Wo vertreten Sie kontroverse Positionen, ist die Arbeit im Rat nicht eher auf breiten Konsens ausgerichtet?
Keineswegs. Gerade in jüngster Zeit haben wir konträre Positionen vertreten, etwa in der Schulpolitik, wo wir uns bei der Diskussion um den Schulentwicklungsplan gegen den vorauseilenden Gehorsam der SPD Gladbeck gegenüber der Landes-SPD um die Einführung der Gemeinschaftsschule gestemmt haben. Oder beim Thema GWG, wo wir uns gegen den Verkauf von sogenannten „Streubesitz-Wohnungsbeständen“ positioniert haben, wobei es tatsächlich ja um zusammenhängende Wohnbestände geht. Es stellt sich die Frage, ob ein solcher Verkauf unseren Zielen entspricht, nämlich denen einer sozialen Wohnraumversorgung und der Sicherung preisgünstiger Mieten, neuerdings auch die Mithilfe beim Quartiersmanagement.
Ist das nicht eine klassische sozialdemokratische Position?
Die muss ja nicht schädlich sein. Die Ziele sind deckungsgleich mit denen in nahezu allen deutschen Kommunen, die über ein kommunales Wohnungsunternehmen verfügen.
Aber muss ein Unternehmen wie die GWG, der es alles andere als gut geht, finanztechnisch nicht erst so aufgestellt werden, damit sie die skizzierten Aufgaben überhaupt erfüllen kann?
Wenn uns die bisherigen Ziele weiterhin am Herzen liegen, dann stellt sich die Frage, was das der Stadt wert ist. Tatsache ist, dass in Westdeutschland mehr als ein Fünftel aller Kommunen ihr Wohnungsunternehmen finanziell unterstützen. Außerdem muss die Gesundung nicht allein im Verkauf liegen, es gibt auch andere Möglichkeiten.
Welche?
In dem man zum Beispiel andere mit ins Boot holt, mit Unternehmen kooperiert, die die gleichen kommunalen Ziele verfolgen. Auch eine Fusion wäre denkbar, es gibt in Gladbeck etwa eine gut laufende Genossenschaft. Da aber nicht erkennbar ist, wohin Bürgermeister und Mehrheitsfraktion tendieren, ob ihnen die wirtschaftlichen oder sozialen Belange wichtiger sind, ist es an der Zeit, eine Grundsatzdebatte über die Zukunft einer kommunalen Wohnraumversorgung zu führen. Wenn es klar definierte Zielvorgaben gibt, kann man sich aufs Prüfen beschränken. Anschließend sollte sich die Kommunalpolitik heraushalten.
Trotz dieses strittigen Themas riecht im Rat aber vieles immer nach Konsens.
Ich gebe zu, für Außenstehende steckt in der Ratsarbeit wenig Dynamit, die meisten Beschlüsse fallen hier auch einstimmig. Die kontroversen Diskussionen werden in der Regel in den Ausschüssen geführt. Und hier ist die CDU dominierend. Allerdings nur was Vorschläge und Beiträge angeht. Am Ende sind halt die Beschlüsse mehrheitsgeprägt.
Wo bleibt dann der Aufschrei der CDU außerhalb des Rats?
Bei zwölf Leuten im Rat können Sie nicht das Bild vermitteln, überall draußen dabei zu sein und vor Ort Positionen zu vertreten.
Da könnten Ihnen dann die Ortsverbände helfen, wo bleiben die?
Die sind personell auch nicht mehr so aufgestellt, wie es wünschenswert wäre. Die leiden darunter, dass allgemein das Interesse an Kommunalpolitik nachlässt. Die Ortsverbände werden leider – was die Mitgliederanzahl und damit auch das Engagement angeht – immer schwächer.
Was tun Partei und Fraktion, um den Trend aufzuhalten?
Wir müssen Kommunalpolitik so interessant machen, dass sich die Leute wieder interessieren und engagieren. Dazu ist es auch nötig, mehr nach draußen zu agieren, dort deutlich zu machen, dass man in der Stadtgesellschaft etwas bewegen kann. Auch in der Opposition.
Was wollen Sie bewegen, wofür steht die CDU Gladbeck?
Wir müssen mehr Effizienz in die Arbeit der Stadt, in die der Verwaltung bringen und sie auch kontrollieren, ob es greift, was getan wird. Beispielsweise verzetteln wir uns im sozialen und auch in anderen Bereichen bei den vielen Beratungsangeboten, das gehört auf den Prüfstand. Man muss sich, denken wir, auch von Liebgewordenem trennen, wenn kein Geld mehr da ist, etwa von der Vogelinsel in Wittringen. Davon sollte man Abschied nehmen, wir werden das zum nächsten Etat wieder beantragen. Mit dem Geld kann man 50 % aller Kinderspielplätze in der Stadt unterhalten. Ein anderes Beispiel ist der Stillstand um die Aufwertung der City. Seit zehn Jahren ist nichts passiert. Wir plädieren dafür, die Postallee in beide Richtungen zu öffnen. Am Markt sind wir dafür, die Friedrichstraße Richtung Markt und Wilhelmstraße zu öffnen. Am Südrand des Marktes empfehlen wir eine schmale Randbebauung, ohne zusätzlich Gewerbefläche zu schaffen, damit der Platz eine optische Begrenzung erhält.
Wie stehen Sie zum Engel der Kulturen?
Da halten wir überhaupt nichts von. Ein solches Monument als Landmarke ist fehl am Platz. Ein Integrationszeichen als Gladbecks Aushängeschild nach außen ist unserer Meinung nach falsch. Dann schon lieber Windräder.
Die halten Sie für vorstellbar auf der Mottbruchhalde?
Sehr gut sogar. Übrigens auch an weiteren Stellen im Stadtgebiet, etwa nahe dem Innovationszentrum entlang der A 31 oder ganz im Norden der Stadt, dort, wo es nicht störend für Wohnbebauung ist.
Zur Person:
CDU-Ratsfraktionschef Reinhold Fischbach ist gebürtiger Gelsenkirchener. Er lebt seit 1974 in Gladbeck. Der Elektroingenieur, der bereits im Ruhestand ist, trat 1989 der CDU bei. Seit 1993 ist er kommunalpolitisch für die CDU aktiv, 1994 kam der heute 63-Jährige in den Rat und wurde sofort Sprecher seiner Fraktion im Planungsausschuss. Seit 1999 ist er Fraktionsvorsitzender.