Mehr als 100 000 Ratten führen ein Leben in Gladbecks Untergrund. Hungern müssen sie nicht, denn immer wieder landen Lebensmittel im Klo – für Familie Ratte ein Festmahl, für Peter Reich und Tanja Schielke vom Ingenieuramt ein Ärgernis, wie sie den Schülern der Käthe-Kollwitz-Schule berichten.

Dort steht nämlich zur Zeit (Ab)-Wasser auf dem Stundenplan und das Team vom Ingenieuramt nutzt die Gunst der Stunde für ein wenig Aufklärung in Sachen Rattenprävention. Allerdings zeigen die Drittklässler zunächst eher wenig Verständnis für die Rattensorgen der Stadtmitartbeiter. Im Gegenteil: Beim Anblick der knopfäugigen Kanalratte auf der Leinwand ertönt ein einstimmiges „süüüüß” – ein Urteil, dem auch Reich zustimmt: „Das sind schon sehr knuffige Tiere und eigentlich gar nicht so böse – schließlich halten manche Leute ja sogar eine Ratte als Haustier.” Hier erntet der Mann vom Amt große Zustimmung: Mehrere Finger schnellen in die Höhe – fast jeder Drittklässler scheint den ein oder anderen Rattenhalter zu kennen.

"Essensreste gehören nicht in die Toilette"

Zurück zur Kanalratte: Die lebt laut Reich in der Kanalisation – und richtet dort zum Teil reichlich Schaden an. „Die kräftigen Nager können nämlich Rohre durchbeißen”, erklärt Reich und Kollegin Schielke zeigt den erstaunten Kindern solch ein Rohr, das eigentlich sehr stabil aussieht. „Dadurch kann Abwasser ins Grundwasser eindringen oder – schlimmer noch – ganze Straßen können absinken.” Ein lautes „Iiiihhh” ertönt im Klassenraum, als ein Rattenskelett auf der Leinwand erscheint – niedlich sind so lange Zähne irgendwie doch nicht.

Ungläubiges Staunen erntet auch Schielke, als sie den Schülern mithilfe von kleinen Gummibärchentüten die rasante Rattenvermehrung erklärt. „Ein Rattenpärchen kann zehn Kinder auf einmal bekommen. Und drei Monate später können auch die Rattenkinder bereits Junge kriegen – dann sind es schon 50”, sagt es und kippt die entsprechende Menge an Gummibärchentütchen aufs Lehrerpult. Ein essbares Rattenmodell – das ist ganz nach dem Geschmack der Drittklässler, denn bei einer derart schnellen Rattenvermehrung ist zumindest eines garantiert: Gummibärchen für alle.

Für Reich das Signal zum nächsten Punkt seines Rattenvortrags überzugehen: „Essensreste gehören nicht in die Toilette, sondern in den Abfall”, erklärt der Mann vom Amt. „Natürlich ist das der einfachste Weg – Essen ins Klo, abspülen, weg ist es. Doch das Essen ist natürlich nicht weg, sondern landet als Festmahl für die schlauen Nager in der Kanalisation” – ein Rattenleben in Saus und Braus, das die Vermehrung der Nager weiter beschleunigt. „Die Natur gerät aus dem Gleichgewicht und es kann zu einer Rattenplage kommen.”

Die Kinder lauschen dem Experten gebannt – aber warum wendet sich Reich mit seinem Appell ausgerechnet an sie? Sind es nicht eher Mama und Papa, die aus Bequemlichkeit Essensreste in der Toilette entsorgen? Reich lächelt verschmitzt: „Über die Kinder erreicht man die Eltern einfach am besten. Denn wer kippt schon Essen ins Klo, wenn das eigene Kind einen dabei empört auf die möglichen Konsequenzen hinweist?”