Gladbeck.

Auch das gibt es in Gladbeck: Eine Straße, die umgezogen ist. Passiert ist das der Berliner Straße Straße um das Jahr 1970, als das Neubaugebiet Rentfort-Nord entstand.

Sie „wanderte“ von Mitte-Ost nach Rentfort, wo sie das Stadtviertel im Nordwesten ab der Kirchhellener Straße sozusagen einrahmt und nach gut einem Kilometer in die Uechtmannstraße mündet.

Die historische Berliner Straße ist die heutige Voßstraße. Sie führte zunächst von der Buerschen Straße gut 1,6 Kilometer nordwärts bis zum Scheideweg. Seit wann die Straße so hieß, ist nicht ganz klar. Etwa zwischen 1898 und 1908 muss die Namensgebung laut städtischer Unterlagen erfolgt sein. Im Liegenschaftskataster von 1909 wird die Straße jedenfalls mit diesem Namen geführt. Der Gebäudebestand an der Straße ist sogar noch älter.

Naheliegend ist eine Namensgebung „Berliner Straße“ im Jahr 1908, weil die Straße auf die ab 1908 abgeteufte Zeche „Berlin“ zuführte. Die allerdings wurde noch im gleichen Jahr, vor der ersten Förderung sogar, in Zeche Scholven umbenannt. In der 50er Jahren wurde die Berliner Straße gekürzt auf etwa 1,2 Kilometer, da die Bülser Straße ausgebaut wurde. Die war ab Berliner Straße/Höhe heutiger Regenbogenschule nur ein alter Feldweg, der bis zum Bauernhof Hegemann führt.

Nach dem Bau der Bülser Straße (die bis nach Scholven führte) wurde das erste Stück der Berliner Straße (südlich der heutigen Regenbogenschule) in Bülser Straße umbenannt. Fortan zweigte die Berliner Straße von der Bülser Straße (gegenüber der Regenbogenschule) ab.

Die Umbenennung der Straße erfolgte durch Ratsbeschluss im September 1967, als die neue große Erschließungsstraße in Rentfort-Nord den Namen „Berliner Straße“ erhielt - warum, das ist unklar. Denn sämtliche anderen Städtenamen in Rentfort-Nord sind nach Gladbecks Partnerstädten benannt.

Die alte Berliner Straße nördlich der Konrad-Adenauer-Allee erhielt durch den gleichen Ratsbeschluss den Namen Voßstraße. Das kleine südliche Teilstück bis zur Bülser Straße wurde von der Konrad-Adenauer-Allee abgebunden und auch Bülser Straße genannt. Die Hausnummern auf dem nördlichen Teilstück der alten Berliner Straße beließ man übrigens so, wie sie waren. Was nach der Namensänderung zu einem Kuriosum führte und bis heute eines ist: die Voßstraße beginnt mit der Hausnummer 81 und nicht - wie üblich - mit der „1“.

Der Name Voßstraße soll laut Heimatverein auf einen alten Hof namens Voß zurückgehen, wobei Voß aus dem Niederdeutschen stammt und Fuchs bedeutet. Auf den gleichen Flurnamen geht die benachbarte Voßwiese zurück.

Die neue Berliner Straße ist seit ihrer Entstehung eine reine Funktionsstraße und erschließt die Wohnquartiere Rentfort-Nords, bindet verkehrstechnisch die Gesamtschule samt Sportstätten sowie das große AWo-Seniorenzentrum ans Straßennetz an. Außerdem schlägt sie in Verlängerung der Uechtmannstraße einen Bogen zum benachbarten Zweckel.

Die WAZ Gladbeck stellt seit Januar sporadisch in einer Serie alte und neue Straßen vor, schildert historische Hintergründe und erläutert die Namen. Bislang sind 14 solcher „Straßengeschichten“ erschienen, darunter zwei längere Versionen als „Straßen Spezial“. Neben der heutigen Berliner Straße war dies im März eine Reportage vom Scheideweg in Zweckel.