Gladbeck. .

Fukushima schockte vor wenigen Monaten die Welt, in Deutschland beschloss man deshalb die Kehrtwende in der Atomkraftpolitik - und in Tschernobyl? „Da fragen sie, was hier bei uns mit EHEC ist“, staunt Knut Busse noch immer darüber, dass das Thema Atomkraft für die Menschen, die seit 25 Jahren unter den Folgen der Reaktorkatastrophe leiden, gar kein Thema ist. Busse weiß das, weil er gerade aus Mosyr zurück gekommen ist.

Zu acht sind sie vom Verein Herz & Hände für Tschernobyl wie jedes Jahr die 1700 Kilometer zu den Menschen in Weißrussland gefahren, für die sie das ganze Jahr über Kleidung, Haushaltsgegenstände und Spenden sammeln.

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Denn auch 25 Jahre nach Tschernobyl ist die Not der Menschen groß, vor allem die Alten leben oft unter schwierigsten Bedingungen. „Vergesst uns nicht“, haben sie auch jetzt wieder den Helfern aus Deutschland mit auf den Weg gegeben. „Die Situation in den Dörfern ist erschütternd“, hat Inge Kühn, die seit Jahren mit runterfährt, erneut fest gestellt. Besonders schlimm sei es in den kleinen Dörfern im Sperrgebiet rund um den Reaktor, in denen eigentlich niemand leben darf, aus denen aber viele alte Menschen nicht wegziehen wollen.

Die Helfer aus Deutschland dürfen da nicht hinein, um ihre Spenden zu überbringen, deshalb werden mit Hilfe der Dolmetscherin konspirative Treffen in einem Wald vereinbart. „Das ist alles inoffiziell, die Behörden würden uns das nicht erlauben“, erklärt Klaus Emde. Nein, Angst dabei erwischt zu werden haben die Gladbecker nicht. Dafür sind sie nach 15 Jahren schon zu erfahren im Umgang mit den weißrussischen Behörden.

Und den Rückhalt in der Bevölkerung dort unten haben die Leute von Herz&Hände sowieso. Die regionale Zeitung in Mosyr schrieb jetzt einen Artikel über die Gladbecker, dazu wurden sie für ihr Engagement mit einer Medaille geehrt. „Das und die Dankbarkeit der Menschen tun gut“, sagen die Helfer, die wenige Tage nach der Rückkehr schon wieder in dem kühlen Raum der Maschinenhalle stehen, zwischen Dutzenden von blauen Säcken mit Kleiderspenden, die sortiert werden müssen. Für den nächsten Transport im Herbst.

Auf die deutschen Probleme mit EHEC reagieren die Leute aus Tschernobyl übrigens auf ihre gastfreundschaftliche, herzliche Art und preisen ihr Gemüse an: „Alles ganz natürlich angebaut“, versicherten sie und luden die Deutschen wie immer zum Pilzessen ein. Die sagten auch diesmal natürlich nicht nein - wohl wissend, wie lange gerade Waldpilze die Bequerel speichern!