Gladbeck.

Er ist der erste und letzte Pfarrer von St. Franziskus, gilt als Mann mit klarer, auch lockerer Sprache, der gern und bewusst Position bezieht, stets mitanpackt und sich nicht scheut, für seine „Franziskaner“ - ganz Hobbykoch - am Herd zu stehen oder ihnen ein Bierchen zu zapfen: Nach 34 Jahren an der Gemeindespitze in Rentfort-Nord wird Pastor Johannes A. Goldstein Sonntag offiziell in den Ruhestand verabschiedet.

Inoffiziell wird es noch eine Weile dauern, bis der hochgewachsene 71-Jährige, der auch nach einem Schlaganfall vor vier Jahren seinen Elan nicht verloren hat, aus dem Gemeindeleben und aus Rentfort-Nord scheiden wird: Zunächst wird er, bis es einen Nachfolger für ihn und Pastor Hoffmann in St. Josef geben wird, sich selbst vertreten, auch im Pfarrhaus weiter wohnen. Das könnte durchaus noch einige Monate dauern, nicht zuletzt, weil auch sein mögliches neues Heim in Hl. Kreuz noch längst nicht bezugsfertig ist.

So hält sich die Wehmut bei dem dienstältesten aktiven Pastor der Stadt im Moment noch in Grenzen. „Ich bin ja noch nicht aus der Welt“, sagt Pastor Goldstein, der ansonsten zugibt, dass ihn der Abschied auf Raten ansonsten schon rührt. Schließlich hat er all das, was katholische Kirche an der Schwechater Straße ausmacht, aufgebaut.

Goldstein, engagiert und in der Gemeinde „einigermaßen beliebt“, wie er selbst sagt, kam im Mai 1977 nach Gladbeck, als es im neu entstandenen Ortsteil Rentfort-Nord noch gar keine Kirche gab. „Ich kam als Kaplan nach St. Josef und als Rektor für den Seelsorgebezirk Rentfort-Nord“, erinnert sich der gebürtige Gelsenkirchener (und bekennender Schalke-Fan). „Im Geschäftszentrum hatte ich für die Alltagsgottesdienste und das Pfarrbüro ein Ladenlokal angemietet, im AWo-Saal fanden die Sonntagsgottesdienste statt“, weiß er noch genau.

Das Grundstück an der Schwechater für den Kirchbau war aber bereits gekauft, auch der Dorstener Architekt Manfred Ludes beauftragt. Für 5,5 Mio DM entstanden die modene, zweckmäßig gebaute („aber gemütliche“) Kirche samt Pfarrheim, Büro und Dienstwohnungen. Goldstein: „Mit der Besonderheit, dass der Kirchraum Dank einer variablen Wand um den Saal des Pfarrheims erweitert werden kann.“ Am 5. Oktober 1980 wurde die Kirche geweiht und Johannes Goldstein Pfarrer.

Der 1967 von Ruhrbischof Hengsbach zum Priester geweihte Goldstein, der zuvor in Paderborn und Bonn studiert hatte und in Essen-Werden im Priesterseminar war, gelang es, in der damals rund 2900 Köpfe zählenden neuen Pfarrei die Gläubigen an die neue Kirche zu binden und auch ein aktives Gemeindeleben zu etablieren. „Die Leute fühlten sich schnell wohl hier.“

Die Pfarrei war viele Jahre später so gefestigt, dass sie sich bei der Strukturreform des Bistums erfolgreich gegen ihre Auflösung wehrte. Goldstein: „Die Bemühungen habe ich von Anfang an unterstützt und mich auch gegenüber dem Bischof gegen die Schließung ausgesprochen.“ St. Franziskus verlor zwar die Selbstständigkeit und aus dem Pfarrer Goldstein wurde offiziell der Pastor Goldstein, aber St. Franziskus blieb als Filialkirche und mit ihrem Gemeindeleben erhalten. Und immer noch zählt sie knapp 2500 Gläubige, von denen gut 460 regelmäßig die Sonntagsgottesdienste besuchen.

Neben der Kirchweih und der erfolgreichen Kirchenrettung zählt ein ganz skurriler Moment zu den lebendigsten Erinnerungen Goldsteins: Als unmittelbarer Nachbar der Deutschen-Bank-Filiale erlebte er im August 1988 den Beginn des Gladbecker Geiseldramas hautnah mit. „Hier im Haus saß das SEK, oben auf dem Dach ein Scharfschütze.“ Den Geiselgangster Rösner sogar beschoss, gottlob aber nicht traf. „Das waren dramatische Stunden“, denkt Pastor Goldstein daran zurück.

Pastor Johannes A. Goldstein wird am Sonntag, 19. Juni, um 15 Uhr mit einem Festgottesdienst in St. Franziskus offiziell verabschiedet. Er wird die hl. Messe gemeinsam mit Weihbischof Franz Grave und Propst André Müller zelebrieren. Aus der polnischen Partnergemeinde M.b. Piekarska in Kattowitz wird Pfarrer Stanislaw Noga dabei sein.