Gladbeck. .
„Ob der Philipp heute still wohl bei Tische sitzen will?“, zitierte Bürgermeister Ulrich Roland die Geschichte des Zappelphilipps aus Heinrich Hoffmanns Kinderbuch „Der Struwwelpeter“ bei der Eröffnung des ersten AD(H)S-Info Tags in Gladbeck. Veranstaltet wurde dieser von der Selbsthilfegruppe Zappelphilipp Gladbeck. Mit Workshops, Vorträgen und einer kleinen Infomesse wollten sie das Thema einer breiten Öffentlichkeit nahe bringen. Vor allem Eltern von betroffenen Kindern sollten so angesprochen werden.
Drei bis sieben Prozent aller Kinder sind von dem „Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit oder ohne Hyperaktivität“ betroffen. Die Idee zu dieser Veranstaltung, bei der auch viele renommierte Experten Vorträge hielten, kam den Organisatoren vor einem Jahr beim Besuch eines AD(H)S-Infotags in Brandenburg. Dem Mangel an Informations- und Austauschveranstaltungen in Gladbeck und Umgebung wollten die Mitglieder der Selbsthilfegruppe ein Ende setzen. Und so hat die 2006 gegründete Gruppe ein Jahr lang geplant und organisiert, um nun betroffenen Eltern in Form einer Messe die Möglichkeit zu bieten, sich zu informieren und weiterzubilden. Ziel war auch, bestehende Vorurteile gegenüber Kindern mit AD(H)S abzubauen. Denn häufig sind die sozialen Auswirkungen der Krankheit schlimmer als die Krankheit selbst. So sieht Erika Blaszka, Initiatorin der Selbsthilfegruppe, weiterhin „Vorurteile, Ablehnung und Ausgrenzung von der Familie, Freunden oder Lehrern“ als ein großes Problem. Außerdem, kritisierte Blaszka, müsste es noch viel mehr Hilfe und Unterstützung für Familien mit AD(H)S-Fällen geben. Und auch Ulrich Roland sieht die aktuelle öffentliche Betrachtung der Krankheit kritisch. „Betroffenen Kindern wird noch zu oft mit Ablehnung, Ungeduld oder Strafe statt mit Verständnis begegnet“, sagte der Bürgermeister bei seinem Grußwort.
Schnell wurde den gut 100 Interessierten in der Stadthalle klar, worin die Probleme der Betroffenen liegen. AD(H)S-Kinder verfügten, so Erika Blaszka, über keine Lobby und die finanzielle und personelle Versorgung von Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen sei unzureichend. „Das Regionale Netzwerk AD(H)S Gladbeck und die Selbsthilfegruppe Zappelphilipp tragen nachhaltig zu einer Verbesserung der Versorgung bei, doch weitere Unterstützung ist notwendig“, stellte Blaszke fest.
Auch die AD(H)S-Kinder kamen bei der Veranstaltung selbst zu Wort: Sie überraschten mit einer Tanzperformance und dem „Zappelphilllipp-Song“ , in dem es heißt „Ihr könnt sagen was ihr wollt, denn mir ist klar, dass auch Einstein ein Zappelphilipp war!“ Phillip Oligmüller und Thomas Seidensticker hatten das Stück eigens für die Veranstaltung erarbeitet. Der Song im Besonderen und der AD(H)S-Infotag im Allgemeinen zeigten deutlich das neue Selbstbewusstsein der Betroffenen. Und so liegt es nahe, dass Erika Blaszke, die mit der Resonanz zufrieden war, vorsichtig ankündigte, in zwei Jahren eine Neuauflage veranstalten zu wollen.