Gladbeck. .

Unternehmens-Vorstände und Chefetagen sind fest in Männerhand. Das ist in Gladbecker Großunternehmen nicht anders als im übrigen Deutschland. Ändern müsste sich das, finden auch die Geschäftsführer hiesiger Großunternehmen. „Aber Quoten sind keine Lösung“, sagen sie mit Blick auf die Diskussion in der Politik.

Joachim Pieper, Geschäftsführer Ineos Phenol: „Quotierung wäre doch nur eine andere Form von Diskriminierung . Es wäre ja sogar zum Nachteil der Frauen, wenn sie über eine Quote in eine Führungsposition kämen. Sie würden dann als zweite Wahl gelten. Das widerspricht außerdem dem Leistungsprinzip, das die Besten aussucht.“ Ändern werde sich die Situation in den Führungsetagen in Zukunft ohnehin auch ohne Quote, „Frauen werden gebraucht und haben Karriere-Chancen, wenn sie wollen“, ist Pieper überzeugt. Hilfreich seien familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Anreize wie der „Girls’ day“, um Mädchen für technische Berufe zu interessieren. Bei Ineos (290 Mitarbeiter) gibt es drei Frauen in hochrangigeren Positionen (Finanzwesen/Marketing).
Ludger Kreyerhoff, Vorstandschef Stadtsparkasse:
„Es liegt nicht an uns, dass wir nur zwei Frauen in einer Führungsposition haben. 55 Prozent unserer Beschäftigten sind weiblich, aber es drängen wenige nach oben.“ Qualifizierte Frauen hätten durchaus Chancen, wenn sie den Anspruch stellen würden, ist Kreyerhoff überzeugt. Führungspositionen strikt nach Quote zu besetzen würde jedoch bedeuten, in der Qualität Abstriche zu machen. „Jeder vernünftige Arbeitgeber entscheidet bei der Stellenbesetzung nach Qualität.“ Bei der Gladbecker Stadtsparkasse (208 Beschäftigte) sind zwei der vier Teilmarktleiter weiblich, unter den sieben Bereichsleitern ist keine Frau.
Kurt Rommel, Geschäftsführer der ELE: „Eine verordnete Quote ist nicht zielführend. Es muss einen Wettbewerb der Talente geben, der oder die Beste sollte in eine Führungsposition kommen.“ In einem stark technisch geprägten Unternehmen wie der ELE (rund 700 Beschäftigte) sei der Frauenanteil von vornherein geringer. Immerhin: Im Veränderungs- und Prozessmanagement sowie bei den Liegenschaften gibt es drei Frauen in Führungspositionen. Und im Aufsichtsrat ist eine der Stellvertreterpositionen mit einer Frau besetzt.

SPD-Ratsfrau Puschadel: Ohne Quote keine Chance

„Ohne Quotenregelungen kommen nicht mehr Frauen in Führungspositionen.“ Davon ist Brigitte Puschadel, die sich als SPD-Ratsfrau oft schon für Frauenanliegen eingesetzt hat, überzeugt. Denn die berüchtigten „gläsernen Decken“ auf dem Weg in die Vorstands- und Chefetagen lassen auch die qualifizierten Frauen nicht durch. „Gläserne Decken“ bedeutet: Gesagt wird zwar, dass der Weg nach oben möglich ist. Tatsächlich aber bleiben die Männer oben unter sich. Puschadel: „Die Rollenmuster sind tradiert, und für Frauen stimmen ja oft auch die Rahmenbedingungen nicht.“

Ein weiteres Hindernis: Frauen stellen sich selbst oft in Zweifel und sind in Karrierefragen zu zögerlich, hat Brigitte Puschadel beobachtet. Die Frage: „Meinst du, ich kann das?“ stellen sich Männer nicht.

Dass Quoten etwas nutzen, habe sich in der Politik gezeigt: „Das war auch bei uns in der SPD umstritten, hat aber vielen Frauen geholfen. Wenn es die Quote gibt, sieht man, wie qualifiziert die Frauen sind. Am Anfang brauchen wir die Quote.“

CDU-Ratsfrau Ringkowski: Männerquoten in Kitas und Grundschulen

„Es wurde eine wichtige Diskussion von Frau von der Leyen angestoßen“, findet CDU-Ratsfrau Barbara Ringkowski. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Ministerin am Ende wieder zurückgepfiffen hat, sei kluge Taktik gewesen. „Wir Frauen sind am Ball, das Bewusstsein für das Thema ist geschärft worden.“ Vorschreiben lasse sich die Wirtschaft die Besetzung ihrer Führungspositionen im Endeffekt sowieso nicht. „Quoten halte ich nicht für sinnvoll, die Frauen müssen das selber machen“, so die CDU-Ratsfrau, die aber auch anmerkt: „Da tun Frauen nicht genug, sind mit den eigenen Ansprüchen oft zu zurückhaltend.“

Um die Karriere-Chancen von Frauen zu verbessern, müsse es allerdings auch bestimmte Voraussetzungen geben: Mut machende Beispiele wie das der Telekom oder die MINT-Projekte für Mädchen – und die Einsicht auf Chefetagen, dass Frauen neben der fachlichen Eignung auch noch andere Kompetenzen mitbringen, die in Führungspositionen gefragter denn je sind.

Geben müsse es auch mehr familienfreundliche Unternehmen, die für ihre Bemühungen um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit einem Gütesiegel ausgezeichnet werden. Ringkowski: „Es muss deutlich werden: Frauen bringen was!“

Schließlich müsse es in vielen Berufsfeldern und Lebensbereichen einfach normal sein, dass Frauen dort genauso qualifizierte Arbeit leisten wie ihre männlichen Kollegen. In den Medien sei das oft schon der Fall, sind Top-Nachrichtensendungen und Talkshows mit prominenten Nachrichtenfrauen besetzt: Maybritt Illner, Anne Will, Marietta Slomka, Karen Miosga . . .

Umgekehrt müsse aber auch gelten: „Wir brauchen Männerquoten in Kitas und Grundschulen“, fordert Barbara Ringkowski.