Das Flachglaswerk der Pilkington AG ist voll in den Sog der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise geraten. 2010 fuhr das Werk zum zweiten Mal nach 2009 Verluste ein. Das bestätigten Jochen Settelmayer, Vorstandschef der Pilkington AG, und Werksleiter Dr. Christian Quenett.

Nur langsam gelinge die Erholung. „Wir erwarten, dass wir erst 2013 wieder die Mengen produzieren wie vor der Krise 2008“, so Settelmayer, der sich aber durchaus optimistisch gibt. Insgesamt durchschreite die Pilkington AG mit Sitz in Gelsenkirchen jedoch die schwierigste Zeit in den vergangenen 20 Jahren, seitdem der Konzern auf dem deutschen Markt engagiert ist.

Nach Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008 seien die Mengen, so Settelmayer, kurzfristig gewaltig weggebrochen. „So dramatisch haben wir das noch nie erlebt.“ Pilkington Gladbeck produziert Basisglas für die Baubranche, die auf ein Niveau von vor acht Jahren zurückgefallen sei, und für die Autobranche, dort aber eher für den Premiumbereich, der kaum von der Abwrackprämie profitiert habe.

Das Werk passte die Kapazitäten notgedrungen der fallenden Nachfrage an. 2009 wurde die Produktion an der Hegestraße (aber nicht nur dort) um 20 bis 25 % abgesenkt. Zwei Monate lang stand im Sommer 2009 sogar eine der zwei Float-anlagen still, der Schmelzofen wurde nur heiß gehalten.

Flachglas

Schmelzofen
Schmelzofen © WAZ FotoPool
Ein Blick in den Schmelzofen.
Ein Blick in den Schmelzofen. © WAZ FotoPool
Werksleiter Dr. Christian Quenett vor der Flachglaskühlstraße.
Werksleiter Dr. Christian Quenett vor der Flachglaskühlstraße. © WAZ FotoPool
Blick auf die Läuteranlage.
Blick auf die Läuteranlage. © WAZ FotoPool
Läuteranlage
Läuteranlage © WAZ FotoPool
Abkühlung: die Glaskühlanlage.
Abkühlung: die Glaskühlanlage. © WAZ FotoPool
Glaskühlanlage
Glaskühlanlage © WAZ FotoPool
Blick in die Glas-Schneideanlage.
Blick in die Glas-Schneideanlage. © WAZ FotoPool
Die Packanlage.
Die Packanlage. © WAZ FotoPool
Die Packanlage.
Die Packanlage. © WAZ FotoPool
Hier wid das Glas gelagert.
Hier wid das Glas gelagert. © WAZ FotoPool
Lagerhalle.
Lagerhalle. © WAZ FotoPool
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Sechs Monate wurde Kurzarbeit gefahren, aber niemand musste entlassen werden, so Settelmayer. „Wir gehen ge-meinsam mit der Belegschaft durch die Krise.“ Im abgelaufenen Jahr habe sich die Situation etwas gebessert, aber immer noch liege der Mengenausstoß 10 bis 15 % unter dem Niveau von 2008. 20 Mitarbeiter konnten im Schneidbereich trotz allem aber sogar neu eingestellt werden. 480 Mitarbeiter beschäftigt Pilkington derzeit in Gladbeck.

Insgesamt habe sich für Pilkington die Erlössituation deutlich verringert, da bei sinkender Nachfrage und weltweit ausgeweiteten Kapazitäten mit gesteigerten Glasmengen die Preise sanken. „2009 hatten wir die heftigsten Tiefstpreise aller Zeiten.“ Da gleichzeitig der Kostendruck durch die Pilkington-Zulieferer stieg, und auch die Energiepreise „dramatisch anzogen“, habe das Konzernergebnis gelitten. Das sei, so Settelmayer, nur deshalb positiv gewesen, da Pilkington mit Spezialglasen, die in den anderen Werken des Konzerns produziert werden, „ordentliche Margen“ einfahre: mit Brandschutzglas, mit Solarglas oder mit Profilglas.

Derzeit werden pro Tag 1100 t Flachglas in Rentfort produziert, was einer Jahresproduktion von 400 000 t entspreche, so Quenett.

Trotz aller Probleme wolle Pilkington ins Gladbecker Werk investieren, kündigte Vorstandsschef Settelmayer an. Geplant sei eine Überholung der Schmelzwanne auf das Bauglaslinie, was einer Investition in zweistelliger Milllionenhöhe entspreche. Damit könne die Produktion ausgeweitet und mit Blick auf die Dünne des Glases flexibler gestaltet werden. „Denn wir müssen uns künftig breiter aufstellen mit immer mehr Produkten.“ Etwa im Solargeschäft, aber auch auf neuen Feldern, wo man noch in der Entwicklung stecke - etwa bei Glas für die Medizintechnik, im LED-Bereich und bei eisenarmen Glas. „Diese Investition wird ein Meilenstein.“

Das Werk an der Hegestraße wurde 1972 von der Flachglas AG gebaut und nahm 1974 die Produktion auf. 1989 übernahm der englische Glashersteller Pilkington die Mehrheit an der AG, was aber erst Ende der 90er Jahr durch Umbenennung des Konzerns nach außen deutlich wurde. 2006 kam Pilkington, das auch Werke in Gelsenkirchen, in Weiherhammer (Bayern) und in Schmelz bei Saarbrücken hat, zur japanischen NSG Group - dem weltweit größten Glashersteller. Das Gladbecker Werk erlebte übrigens zu Flachglas-Zeiten Anfang der 80er Jahre eine noch größere Krise als heute, als die Produktion sogar eineinhalb Jahre still stand.