Gladbeck. .

Hülya Haack-Yol wurde in Düsseldorf als Top-Unternehmerin des Jahres 2010 geehrt.

Sie wurde vom Türkischen Unternehmer-/Industriellenverband ATIAD in der Landeshauptstadt ausgezeichnet und persönlich beglückwünscht von NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider: Hülya Haack-Yol, Gladbeckerin qua Geburt, aber mit türkischen Wurzeln.

Was ist das für eine Frau, die sich so selbstverständlich in der Arbeitswelt behauptet? „Ich bin ganz bodenständig“, sagt die 40-Jährige. Bodenständig, weil sie im Gladbecker Barbara-Hospital geboren wurde, nie aus der Stadt wegegangen ist, und ihren Betrieb, das Pflegezentrum Haack-Yol, seit Jahren direkt gegenüber vom Krankenhaus an der Barbarastraße betreibt.

So weit, so normal? Nicht ganz. Etwas besonders war es schon, dass die Tochter türkischer Zuwanderer Ende der 80er Jahre nach der Schule die Ausbildung zur Krankenschwesterausbildung am Botttroper Knappschaftskrankenhaus machte, danach am Uni-Klinikum in Essen arbeitete und parallel dazu eine Ausbildung in Pflegemanagement und -Leitung absolvierte. Etwas unüblich war auch, dass sie mit 24 Jahren beschloss, sich mit einem eigenen Pflegebetrieb selbstständig zu machen. Das war richtig mutig, sogar etwas verwegen. Denn außer der Fachkenntnis, einem eigenen Auto, viel Charme (nützlich, um einige Hürden zu überwinden) und unbändigem Tatendrang hatten weder Hülya Haack-Yol noch die damalige Geschäftspartnerin etwas einzubringen – obwohl das eigentlich schon viel war. Gekrönt wurde das unternehmerische Vorhaben außerdem von der unerschütterlichen Überzeugung: „Was die Deutschen können, können wir auch!“

Kein Zweifel, es stimmt: Der Betrieb an der Barbarastraße beschäftigt heute 21 Mitarbeiter, die ein gutes Beispiel multikultureller Lebenswirklichkeit hierzulande geben: Türkinnen, Deutsche, Polinnen und Russinnen arbeiten für die türkisch-stämmige Chefin. deren Büro aussieht wie viele andere dieser Art: An den Wänden hängen Zertifikate (z.B. IHK-anerkannter Ausbildungsbetrieb), daneben Fotos von den zwei Kindern und dem Ehemann. Seit der Ehrung in Düsseldorf steht eine gläserne Stele mit dem Schriftzeichen der ATIAD auf dem Regal. Dass es anfangs, 1994, tatsächlich Patienten gab, die ihr die Nase vor der Tür zugeschlagen haben, als sie ihre Herkunft erkannten - man kann es sich kaum vorstellen. „Das waren nur wenige“, sagt die Gladbeckerin. Aber verletzt hat es sie damals schon, das gibt sie zu. Entmutigt aber auf keinen Fall. Denn für solche Fälle, die ihr das Geschäft ja erschweren konnten, legte sich die damalige Jungunternehmerin einfach einen deutschen Zweitnamen zu: Aus Hülya wurde Lydia, und wenn diese Patienten dann später merkten, dass ihre „Schwester Lydia“ Wurzeln an der türkischen Schwarzmeerküste hat, dann hatten sie die nette, freundliche Pflegerin längst in ihr Herz geschlossen.

„Heute ist das sowieso anders“, sagt die Geschäftsfrau, die übrigens von einem in den letzten Jahren hinzugekommenen Geschäftsfeld profitiert: 20 Prozent muslimische Patienten hat der Pflegebetrieb jetzt schon, in Zukunft wird die Zahl wohl weiter steigen. Das sind gute Aussichten für die Unternehmerin des Jahres 2010!

Meine Heimat ist hier

„Integrationsdebatte? Ich kann’s nicht mehr hören.“ Hülya Haack-Yol verdreht genervt die Augen. Sie hat da ihre ganz eigenen Ansichten: Die Opferrolle, in der sich viele Migranten eingerichtet haben, die akzeptiert sie nicht. „Dazu gehöre ich nicht.“ Wie auch, hat sie doch selbst bewiesen, dass man in dieser Gesellschaft ankommen kann, ohne die eigenen Wurzeln zu verleugnen. „Meine Heimat ist hier, in Gladbeck. Hier bin ich zur Schule gegangen, habe ich meine Freunde.“ In die Heimat ihrer Eltern, an die türkische Schwarzmeerküste, fährt sie wie diese auch nur als Urlauberin. Die Kinder, 11 und 12 Jahre alt, kommen mit. Der deutsche Ehemann, mit dem sie in zweiter Ehe verheiratet ist, natürlich auch.

Die Familie Haack-Yol lebt wie viele andere Familien, mit ein paar kleinen Unterschieden. Mutter Hülya ist Muslimim so wie auch ihre zwei Kinder. „Schweinefleisch essen wir nicht.“ Es gibt zwei Wurstdosen auf dem Tisch: Eine für Mutter und Kinder, eine (mit Schweinefleisch) für den Vater. In der Schule besuchen die Kinder, die viel besser deutsch als türkisch sprechen, übrigens den katholischen bzw. evangelischen Religionsunterricht. Eine rein pragmatische Entscheidung: „Wer nicht am Religionsunterricht teilnimmt, muss in die Förderstunde. Das wollten sie nicht.“ Muslimische Kinder im christlichen Religionsunterricht, das ist auch deutsche Lebenswirklichkeit.