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Seit 24 Jahren hat das Literaturbüro Ruhr seinen Standort in Gladbeck. Leiter des Büros ist Gerd Herholz.

Wer nicht genau hinguckt, übersieht es glatt: Das Literaturbüro Ruhr e.V. ist kein sichtbarer Leuchtturm, sondern tatsächlich „Büro“ – zwei Räume in der Stadtbücherei. Doch was zählen schon Äußerlichkeiten. Seit 24 Jahren ist dieses eher bescheidene Ambiente die Adresse für die literarische Welt des Reviers, wird von der Gladbecker Friedrich-Ebert-Straße aus Literatur-, Lese- und Autorenförderung für das Ruhrgebiet betrieben. Was hier erdacht, erarbeitet und veröffentlicht wird wirkt weit über die Gladbecker Grenzen hinaus.

Imagepflege für Gladbeck

Und ein wenig vom Glanz strahlt natürlich ab auf den Ort des Standorts: Gladbeck profitiert durchaus von dieser Einrichtung, die sie über all die Jahre auch mit einem finanziellen Beitrag mitfinanziert. Gerd Herholz, seit 22 Jahren der Leiter, weiß das zu schätzen. „Wir sind der Stadt dankbar, dass sie uns aufrecht erhalten hat“. Auch damals, als der grüne Landesminister Vesper die Zahl der Literaturbüros in NRW reduzieren und das in Gladbeck insbesondere eindampfen wollte. Herholz: „Aber wir geben auch etwas zurück.“ Das Literaturbüro sorgt zum Beispiel für Imagepflege, wenn die Stadt Gladbeck als Adresse genannt wird. Ohne das Büro gäbe es die Kinderliteraturnacht, ein lange im voraus gebuchter Renner jedes Jahr, wohl nicht. Oder Veranstaltungen in Gladbeck im Rahmen der Reihe des Poesiepalasts, zu denen Harry Rowohlt, Fritz Eckenga, Wiglaf Droste, um nur einige zu nennen, kommen. Und mit dem Literaturpreis Ruhr, den schon so namhafte Autoren wie Lilo Rauner, Max von der Grün, Jürgen Lodemann Michael Klaus, Frank Goosen erhielten, hat das Literaturbüro den überhaupt einzigen literarischen Preis des Ruhrgebiets geschaffen.

Arbeiterliteratur ist längst Vergangenheit

Literatur aus und über das Ruhrgebiet - vor 40, 50 Jahren war das noch kein Pott mit Deckel. Bis die Malocher an der Ruhr selbst zu schreiben begannen über das, was ihr Leben und ihre Welt ausmachte: Die Arbeit.

Gerd Herholz: „Aber wir haben uns längst gelöst aus der Enge der Arbeiterliteratur. Ehrlich gesagt war vieles davon eher literarischer Zwergwuchs als Nachwuchs. Man wollte die schreibenden Arbeiter, aber nicht die arbeitenden Schreiber. Deren größter Erfolg war, dass sich Berufsschriftsteller des Themas angenommen und über die Welt der Arbeit geschrieben haben. Damit hat sich der Bereich, der lange kein Thema gewesen war, etabliert.“

Typische Revierliteratur gibt’s nicht mehr . . .

Herholz: „Und das ist gut so. Es gibt hier alles: Literaten und Lyriker, Krimiautoren, Romanschriftsteller, Dichter wie Fritz Eckenga und geniale Leute wie Helge Schneider. Diese Gegend hier wird in vielerlei Hinsicht besungen. Das Ruhrgebiet ist ein idealer Humus für Literatur. Es vereint ja beides: Es ist brodelnde Großstadt mit allem, was dazu gehört. Und es ist Provinz, die eher für Besinnung steht. Es gibt viele begabte Schriftsteller hier, aber es fehlt leider eine Infrastuktur für Literatur. Wie es sie in Köln mit großen Verlagen, dem Rundfunk und einem Literaturhaus gibt.“ Gerd Herholz fordert seit langem ein solches Haus für die Literatur.

Literaturhaus fürs Revier

„Diese Chance hat man im Ruhrgebiet verpasst. Wir sind die letzte Region, in der es so ein Haus nicht gibt. Und hätten dafür doch dringenden Bedarf. Mit Hilfe derLiteratur verständigt sich die Gesellschaft darüber, wie es ihr geht. Oft geht es ihr nicht gut.“

Doch es fehle an kulturpolitischen Fürsprechern. Der Glücksfall eines Kulturenthusiasten wie Neven Du Mont in Köln, oder Gerd Bucerius in Hamburg sei dem Ruhrgebiet versagt geblieben. Herholz: „Unsere Kulturpolitiker waren Technokraten und im schlimmeren Fall Sparkommissare.“