Gladbeck.
Noch fünf Minuten, erst dann geht’s los. Vorher darf niemand rein, auch wenn die Radfahrer, Fußgänger und Hunde sich vor der Absperrung drängeln.
Einige suchen hektisch noch einen Parkplatz, obwohl die Autos bereits schon in zweiter Reihe stehen. Dann ist es endlich so weit: Die Menschen dürfen durch, schieben sich in Richtung A40, die Autobahnauffahrt Essen-Frohnhausen entlang.
Mit dabei ist auch der Kegelclub „InTeam ums Vordereck“ aus Gladbeck. Sie beeilen sich, haben einiges vorzubereiten: Spiele aus dem Ruhrpott wollen sie an ihrem Tisch in Block 37 anbieten. „Wir saßen an einem Geburtstag zusammen und haben über Still-Leben geredet. Da kam die Idee, selbst mitzumachen“, erklärt Andrea Kiedrowski. Bei der ersten Bewerbung hat es nicht sofort geklappt, aber Kegel-Kollege Werner Poch (54) fuhr im Mai während der offiziellen Anmeldephase beim ADAC vorbei, um es noch einmal zu versuchen. „Und das hat dann geklappt“, freut er sich nun. Mit Sack und Pack ist der Kegelclub angereist, sogar einen Pavillon haben sie dabei: „Ist ja auch wichtig bei dem Wetter.“
Dann werden die Spiele aufgebaut. „Wir wussten erst nicht, was wir machen sollen. Dann kam uns die Idee. Wir machen nämlich einmal im Jahr einen Spieleabend und das wollten wir hier auch anbieten“, so Andrea Kiedrowski. Und es scheint, als wäre es ein guter Einfall gewesen: Bereits nach wenigen Minuten spielen Kinder und Erwachsene zusammen Gummitwist, Mensch-ärger-dich-nicht, hinkeln oder mühen sich mit dem Finger-Faden-Spiel ab. Werner Poch lässt derweil einmal den Blick über die A40 in Richtung Mülheim schweifen: „Das ist wirklich enorm, wie viele Massen hier unterwegs sind. Auf der Mobilitätsspur gibt es sogar teilweise Stau.“ Und seine Frau Elke stimmt ihm zu, während sie mit beiden Beinen im Gummitwist steht: „Da wird man lange von erzählen.“
Acht Kilometer und viele Tische weiter, an der Auffahrt Mülheim-Styrum steht ein weiterer Gladbecker: Hans Nimphius freut sich, denn gerade wurde er von einem Herrn aus Paris auf die Bilder angesprochen, die Gladbecks schönste Seiten zeigen. „Wir wollen hier die Gladbecker Künstler Gerda Berse und Helmut Grosser präsentieren“, erklärt Hans Nimphius. „Die Bilder sind natürlich ein Blickfang. Viele bleiben stehen und erzählen, dass sie früher in Gladbeck gelebt haben. Man kommt hier auf jeden Fall schnell mit anderen in Kontakt.“ Gerda Berse ist für’s erste in den Schatten geflüchtet. „Es ist sagenhaft hier. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen kommen. Gerade eben war Henning Schneider hier, auch ein Gladbecker, und hat uns einige Gedichte vorgetragen.“
800 Meter weiter wedelt sich der Hobby-Dichter gerade Luft zu. Früher hat Henning Schneider in Kasachstan nach Öl gebohrt. Nach zwölf Stunden Arbeit, auf einer Pritsche in einem Container bekam er oft Heimweh. „Da habe ich angefangen darüber Gedichte zu schreiben.“ Und die trägt er nun auf der A40 vor: „Warst auf Montage, bist Zuhaus’, nach langen, trüben Wochen, nichts als nur rackern und malochen - auf Dauer hält das keiner aus.“
Plötzlich ertönt laute Musik: Rund um die Gladbecker Band „Reeperboys“ haben sich Frauen und Männer aus allen Altersklassen gesammelt und schunkeln zum „Maritimen Liedgut“, wie es Andreas Wegerhoff, einer der Reeperboys, nennt. Zwei Damen winden sich aus dem Schunkeln heraus, tanzen im Kreis. „Ist das nicht bombig hier?“, fragt Andreas Wegerhoff und fügt zu den Jungs hinzu: „Wann kann man sich schon mal betrunken auf der Autobahn rum treiben?“