Gladbeck. .

Viele kehren der Kirche den Rücken. Doch es gibt auch die anderen, die bewusst wieder eintreten. „Manche betrachten den Austritt als eine Wunde, die nicht vernarbt ist“, sagt André Müller, Propst an der Pfarrei St. Lamberti in Gladbeck.

Oft sind finanzielle Gründe für die Trennung ausschlaggebend. Manchmal gibt es einen anderen Anlass: Der eine hat sich über etwas geärgert, das ein anderer gesagt oder getan hat. Es ist, wie in vielen Beziehungen. Nur, dass diese meist schon viele Jahre andauert, bevor der Schlussstrich gezogen wird - der Austritt aus der Kirche.

Nicht immer aber ist der endgültig, einige kehren nach Jahren oder Jahrzehnten wieder zurück. „Oft treten Menschen wieder ein, weil sich in ihrer Lebenswirklichkeit etwas verändert hat“, hat Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Mitte, beobachtet. Das können zum Beispiel eine Heirat oder die Geburt eines Kindes sein. „Ich erlebe das oft, dass die Eltern eine tiefe Dankbarkeit gegenüber Gott empfinden.“ Dann sind da die Eltern, die ihre Kinder nicht haben taufen lassen und sich dann später gemeinsam mit ihnen zu einem (Wieder-)Eintritt entschließen. Oder die Älteren, die „spüren, dass das Leben begrenzt ist“.

Neuzugänge werden ins Kirchenbuch eingetragen

Wer Mitglied der evangelischen Kirche werden möchte, ruft im Pfarrhaus an, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. „Wir fragen dann, was ihn bewegt hat auszutreten und bitten ihn, zum Gottesdienst zu kommen“, erklärt die Pfarrerin. Dann folgt ein kurzes Aufnahmeritual, der Neuzugang wird dem Presbyterium gemeldet und ins Kirchenbuch eingetragen.

Gladbecker, die das Gespräch mit dem Pfarrer scheuen, können auch die Wiedereintrittsstellen in Bottrop und Dorsten, die zu festen Uhrzeiten geöffnet sind, aufsuchen. Das empfänden viele als unkomplizierter, glaubt die Bottroper Pfarrerin Karin Daniel. Und doch: Wer sich dort meldet, entschließe sich nicht spontan bei einem Stadtbummel dazu, sondern habe sich lange mit dem Gedanken getragen.

Bei den Katholiken dauert der Weg etwas länger. André Müller, Propst an der Pfarrei St. Lamberti, spricht von einem „kurzen Grundkurs“ für die neuen Gemeindemitglieder. Was ist Kirche? Was bedeutet Glauben? Fragen wie diese werden in mehreren Gesprächen mit dem Pastor besprochen. Wer möchte, kann sich in einem speziellen Kurs in Essen schulen lassen. Laut Müller nehmen aber nur wenige Gladbecker daran teil.

Viele Wiedereintritte zur Weihnachtszeit

In der dunklen Jahreszeit entschlössen sich meist mehr Menschen zu einem Wiedereintritt, hat der Propst festgestellt. „Wie soll ich dann noch Weihnachten feiern?“ habe ein Mann gefragt. Für einige stelle sich dann die Glaubwürdigkeitsfrage. Dunkelheit - die könne auch durch Krankheit oder den Tod eines nahestehenden Menschen entstehen. „Manche betrachten den Austritt als eine Wunde, die nicht vernarbt ist.“ Dass sich rund um die Weihnachtszeit mehr Menschen zum Wiedereintritt entschließen, hat auch die Bottroper Pfarrerin Daniel festgestellt. „In den ersten drei Januarwochen sind sechs Menschen eingetreten.“

Unter den neuen Mitgliedern gebe es stets solche, die der Institution Kirche nicht viel abgewinnen könnten, aber die karitative Arbeit unterstützen wollten, sagt Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup. Und so seien diejenigen, die sich bewusst für diesen Schritt entscheiden, auch häufig ehrenamtlich aktiv.

Eintritt, das kann natürlich auch Übertritt bedeuten. „Oft findet eine intensive Auseinandersetzung über die Unterschiedlichkeit der Kirchen statt“, weiß die Pfarrerin. Wer einmal Kirchenmitglied war und sich nun für eine andere Konfession entscheidet, muss sich übrigens nicht noch ein zweites Mal taufen lassen. „Wenn man einmal getauft ist, gilt das.“