Schauspielerin Marie-Luise Marjan wurde als Kleinkind adoptiert, ihre Mutter - eine gebürtige Gladbeckerin - lernte sie erst als junges Mädchen kennen. Für eine ARD-Reihe begab sie sich auf die Spurensuche
Dass die "Wege des Lebens verworren und sonderbar" sind, weiss Marie-Luise Marjan (67) nicht nur aus ihrer Rolle als "Mutter Beimer". Auch im wirklichen Leben hat sie dies schmerzlich spüren müssen. Seit mehr als 20 Jahren verkörpert sie die Mutter der Nation in der "Lindenstraße" und beschwört das Idyll der heilen Familienwelt.
Doch aus dem eigenen Leben kennt die Schauspielerin eine ganz andere Familiensituation. Sie hatte in Wirklichkeit keine intakte Familie, obwohl sie bis zu ihrem 16. Lebensjahr keinen Grund hatte daran zu zweifeln.
Für die kleine Marie-Luise war immer völlig klar, dass sie die Tochter eines Arbeiters aus Hattingen war. Sie führte ein ganz normales Leben: Ging dort auf das Mädchengymnasium, während der Vater im Elektrizitätswerk arbeitete und die Mutter zu Hause auf sie wartete. Warum sollte sie an der heilen Welt zweifeln?
Doch an dem Tag, an dem eine neue Mitschülerin in der Oberprima in ihre Klasse kam, änderte sich Alles. Die Schülerin sagte ihr unverhohlen ins Gesicht, was längst schon die ganze Nachbarschaft tuschelte: "Das sind doch gar nicht deine richtigen Eltern!" Die verstörte Marie-Luise lief aufgeregt nach Hause und bekam die Antwort, die gleichzeitig zurbedeutsamen Frage ihres Lebens wurde.
Marjan war während der Wirren des Zweiten Weltkrieges von dem Hattinger Ehepaar adoptiert worden. Vielmehr erfuhr sie nicht von ihnen. Doch eine Verwandte der leiblichen Mutter hatte jahrelang in Marie-Luises Nähe gewohnt und ein Auge auf die Kleine geworfen. Sie war es, die den Kontakt zur "richtigen Mutter", der Gladbeckerin Hilde Wienkötter, herstellte.
In der neuen vierteiligen ARD-Reihe macht Marie-Luise Marjan sich mit einem Genealogen (Ahnenforscher) auf die schwierige Suche nach ihrer Familie (Teil 1: Montag, 31.03., 21 Uhr). Im Gladbecker Stadtarchiv wurde die Schauspielerin dann auch fündig. "Mithilfe des gut sortierten Archivs hier in Gladbeck kam ich meiner eigenen Familiengeschichte näher", erzählt die 67-Jährige mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Fast ein ganzes Jahr hat das Ahnenforscherteam gemeinsam mit der Schauspielerin ihre Familie gesucht und dabei einige Überraschungen erlebt.
Marie-Luise Marjans leibliche Mutter, Hilde Wienkötter, hatte sie während des Krieges als Kleinkind ins Waisenhaus gegeben. Als die 16-jährige Marie-Luise ihre Muttee dann Jahre später zum ersten Mal trifft, ist die Situation angespannt. "Die stand plötzlich vor der Tür, hatte eine blond-gefärbte schnittige Kurzhaarfrisur und eine Jeans an, wie es in Paris damals Mode war", erzählt sie, "Sie hat sich gar nicht wie eine Mutter benommen." Ein Schock für das Mädchen aus einfachen Verhältnissen, dessen liebevolle "Mama" aus Hattingen der mondänen leiblichen Mutter in Arbeiterschürze gegenüberstand. Die Gladbecker Mutter lebte zu der Zeit allerdings schon mit einem neuen Mann in Kanada, so dass Treffen zwischen Mutter und Tochter nur selten stattfanden. Bis vor einem Jahr kannte die 67-jährige Schauspielerin ihre Mutter nur von flüchtigen Besuchen, ihre weitere Geschichte sowie Details über den Vater waren ihr bis vor kurzem nicht bekannt.
Sie wusste nur, dass er ein in Essen stationierter Soldat aus Würzburg war und 1943 im Krieg fiel. Das Geheimnis über den biologischen Vater sowie ihre eigene Lebensgeschichte gab die Mutter zu Lebzeiten nicht preis. Fragen über ihre Wurzeln beschäftigen Marjan seit Jahrzehnten. Viele Details konnten während der Dreharbeiten geklärt werden - in Gladbeck. Ihre Recherchen im Stadtarchiv ließen sie nämlich aus heiterem Himmel auf weitere Familien-Mitglieder stoßen. "Während der Zeit am Theater in Berlin oder Bochum hatte ich eine Theaterfamilie, seit über 20 Jahren gehöre ich nun zur Lindenstraßenfamilie und jetzt mit 67 habe ich endlich eine leibliche Familie gefunden", sagt sie stolz und glücklich.