Gladbeck/Bottrop/Gelsenkirchen. Die Vestische sucht händeringend neues Personal. Was der Quereinsteiger Selcuk Tok von seinem Berufseinstieg als Busfahrer berichtet.

„Ihr wisst, wie die Bustür schließt?“ Selcuk Tok muss los, seine Schicht als Busfahrer bei der Vestischen fängt gleich an. Schnell zeigt er Pressesprecher Jan Große-Geldermann die richtigen Knöpfe am Steuer, dann springt er aus dem Bus, der auf dem Betriebshof in Bottrop parkt. Tok hat Routine, das wird schnell klar. Dabei ist der gebürtige Gelsenkirchener noch gar nicht so lange bei der Vestischen. Und überhaupt: Wie kam er zu seinem Job?

„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Busfahrer sein würde“, sagt Tok und lacht. Seit fast eineinhalb Jahren arbeitet er bei der Vestischen. Davor habe der 47-Jährige sich in vielen Berufen ausprobiert, sich für viele Branchen interessiert. Nur richtig glücklich wurde er nirgends. „Zuletzt war ich Luftsicherheitsassistent in Hamburg“, erzählt Tok. Aufgrund privater Schicksalsschläge brach er seine Zelte in der Hansestadt aber wieder ab und kehrte in seine Heimat Gelsenkirchen zurück.

Als Busfahrer durch Bottrop, Gladbeck und Co.

Hier begann die Suche nach etwas Neuem. „Ich habe mir einen geregelten Job gewünscht, der mir privat wie beruflich Sicherheit gibt“, sagt Tok. Über einen Bekannten, der bei der Vestischen arbeitete, wurde er auf den Beruf des Busfahrers aufmerksam. „Ich bin dann ein paar Stunden mit ihm im Bus mitgefahren und die Tätigkeit gefiel mir.“ Dann ging alles schnell: Die Bewerbung bei der Vestischen war erfolgreich, die Agentur für Arbeit zahlte die Kosten des Busführerscheins. Beim Verkehrsunternehmen erfolgte schließlich noch die Tarifschulung und eine sechswöchige Praxisphase mit einem Lehrfahrer an der Seite. Mit Ende dieser Phase darf sich Tok nun Busfahrer nennen und fährt seitdem häufig durch Gladbeck, Bottrop und Co.

Busfahrer Selcuk Tok sitzt am Steuer seines Linienbusses.
Busfahrer Selcuk Tok sitzt am Steuer seines Linienbusses. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Bei uns ist es nicht entscheidend, aus welchen beruflichen Bereichen die Bewerberinnen und Bewerber kommen“, sagt Pressprecher Große-Geldermann zum Berufseinstieg seines Kollegen. Vom klassischen „Quereinstieg“ könne man beim Beruf des Busfahrers sowieso nicht sprechen: „Kaum jemand wird unmittelbar nach der schulischen Ausbildung Busfahrer. Die meisten unserer Fahrerinnen und Fahrer haben daher bereits andere berufliche Erfahrungen gemacht.“ Die Ausbildung beim Verkehrsbetrieb laufe dann für alle gleich.

Fahrer werden in Fortbildungen geschult

Auch spezielle Fortbildungen müssen alle Busfahrer leisten. Tok hat einige dieser Kurse bereits absolviert. „Wir hatten beispielsweise ein Fahrsicherheitstraining, das war sehr hilfreich.“ Auch im Kontakt mit den Menschen werden die Fahrer geschult, etwa durch Deeskalationstrainings, da es auch mal schwierige Kundinnen und Kunden gebe. „Der soziale Aspekt ist in diesem Beruf sehr wichtig“, sagt Tok, „und als Fahrer trägt man eine hohe Verantwortung für seine Passagiere.“ Ihn freue es deshalb, wenn Kunden auch mal Danke sagen. „Das gibt mir ein gutes Gefühl.“

Dass ich mir so viele Fahrrouten merken kann, hätte ich vorher nicht gedacht
Selcuk Tok - Busfahrer bei den Vestischen Straßenbahnen

Seinen Einstieg bei der Vestischen hat Tok bisher nicht bereut: „Es macht Spaß hier. Der Job ist vielseitiger, als man es erwarten würde und die Stimmung im Betrieb ist sehr gut.“ Die anfängliche Überforderung aufgrund der vielen neuen Eindrücke, Regeln und Fahrrouten hat Tok schon längst überwunden. Insgesamt 27 Buslinien kann er auswendig fahren, dazu kommen Umleitungsstrecken und Schulbusse. „Dass ich mir sowas merken kann, hätte ich vorher auch nicht gedacht“, sagt Tok und lacht.

Der Gelsenkirchener ist froh, bei den Vestischen gelandet zu sein.
Der Gelsenkirchener ist froh, bei den Vestischen gelandet zu sein. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Personalmangel wird Fahrbetrieb noch länger einschränken

Große-Geldermann freut sich über die gute Rückmeldung des Berufseinsteigers. „Wir sind auf neues Personal angewiesen, da die Verkehrsbetriebe vom demografischen Wandel besonders betroffen sind“, so der Pressesprecher der Vestischen. Rund 800 Fahrer beschäftigt der Betrieb, dazu kommen etwa 200 Angestellte in der Verwaltung und der Werkstatt. „Um den Personalmangel aufzufangen, haben wir unter anderem unseren Bewerbungsprozess umgestellt“, erzählt Große-Geldermann. Kürzere Wege, unkompliziertere Bewerbungen, schnelle Rückmeldungen, dazu Jobbenefits, um den Betrieb attraktiver zu machen. Diese Prozessveränderungen kommen an, im vergangenen Jahr habe die Vestische rund 100 Stellen neu besetzen können. Aktuell fahre die Vestische wieder im Stabilisierungsfahrplan. Eine betriebseigene Fahrschule soll ab Anfang Juni zudem eigene Busfahrer ausbilden.

Dennoch werde die angespannte Personallage die Betriebe noch einige Jahre beschäftigen, gibt Große-Geldermann zu. „Die angestrebte Verkehrswende stellt für uns leider auch eine Herausforderung dar.“ Die Vestische kämpfe deshalb umso mehr um gutes Personal, denn: „Die Qualität der Fahrerausbildung ist unverändert hoch.“ Das hat auch Selcuk Tok so erlebt. „Man muss hier einiges draufhaben“, so der Gelsenkirchener. Für ihn aber ist klar: „Ich werde gerne länger hier bleiben!“

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