Gladbeck. Der Hausmeister der Problemimmobilie Steinstraße 72 muss sich wegen Erpressung und Bestechlichkeit verantworten. Die Beweislage ist schwierig.

Wohnungen soll er nur gegen die Bezahlung von Bargeld vermittelt oder vergeben haben, Reparaturen hat der Hausmeister laut Anklageschrift erst dann erledigt, wenn die Mieter ihn zuvor bezahlt haben. Wegen Erpressung und Bestechung in mehreren Fällen muss sich ein 63 Jahre alter Gladbecker – es handelt sich um AfD-Stadtrat Norbert Weller – vor dem Schöffengericht verantworten.

Jetzt startete das Gericht einen zweiten Versuch, über Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu befinden. Im vergangenen Sommer war das Verfahren ausgesetzt worden, weil Zeugen nicht erschienen waren. Und jetzt? Zogen es die Mieter, zumeist rumänische Staatsbürger, erneut vor, nicht als Zeugen vor Gericht zu erscheinen.

Zeuge sagt, dass er dem Hausmeister kein Geld gezahlt habe

Lediglich ein 55 Jahre alter Mann war der Ladung gefolgt. Ob er Geld an den Hausmeister gezahlt habe oder habe zahlen sollen, fragt Richter Markus Bley den Gladbecker. Der schaut den Dolmetscher mit großen Augen an und antwortet kurz: „Nein.“

Er habe sich auch immer wieder in Spanien aufgehalten, häufig habe nur seine Tochter in der Wohnung in der Steinstraße 72 gelebt. Ob er denn den Angeklagten denn kenne, will der Richter wissen. „Er ist der Hausmeister“, antwortet der 55-Jährige, der in Jogginghose zum Gericht gekommen ist. Wem die Wohnung gehöre, fragt Bley. Der Zeuge zuckt mit den Schultern. Die Wohnung sei in den vergangenen Jahren mindestens zehnmal verkauft worden.

Aussagen gegenüber einem Polizisten brachten die Ermittlungen ins Rollen

Der 60 Jahre alte Stellvertreter des Hausmeisters konnte die Beschuldigungen der Anklagebehörde auch nicht erhärten. Von Zahlungen an seinen Kollegen habe er nie etwas mitbekommen, sagte der Zeuge.

Ins Rollen gekommen waren die Ermittlungen, als ein Bewohner aus der Steinstraße – das zehngeschossige Hochhaus mit rund 120 Wohnungen gilt in Gladbeck als Problemimmobilie – dem Bezirksbeamten der Polizei berichtete, dass er 1500 Euro an den Hausmeister gezahlt habe, damit er die Wohnung nach seiner Rückkehr aus Rumänien wieder beziehen könne. Der Polizist hakt nach. Handelt es sich um eine Kaution, um Miete? Nein, antwortet nach Erinnerung des Beamten der Mann, das müsse jeder hier zahlen.

Hausmeister spricht von politischer Hetzjagd, weil er AfD-Ratsherr ist

Allerdings: Nur wenige Tage nach diesem Gespräch ruft der Mieter aus der Steinstraße im Beisein des Angeklagten den Polizisten an und relativiert seine Aussage. Der Hausmeister habe sogar selbst zum Handy gegriffen und ihm vorgeworfen, eine politische Hetzjagd zu starten, weil er Stadtrat für die AfD sei, berichtet der Bezirkspolizist dem Gericht.

Die Ermittlungen der Polizei ergeben aber noch weitere Hinweise auf Erpressungen und Nötigungen und münden in die Anklage der Staatsanwaltschaft. Defekte Lichtschalter, Wasserhähne oder Türklingeln, nicht mehr zu schließende Balkontüren – immer erst sollten die Mieter mal 100, mal 50 Euro zahlen, bevor der Hausmeister vorbeischaut.

Zeugen sollen beim nächsten Mal von der Polizei vorgeführt werden

Von einem weiteren solchen Fall, so der Bezirksbeamte als Zeuge vor Gericht, habe ihm erst vor drei, vier Wochen eine Mieterin berichtet. Sie habe nicht gezahlt, weil sie das Geld gar nicht habe. Der Angeklagte schüttelt mit dem Kopf. Ansonsten äußert er sich nicht zu den Vorwürfen. Über seine Anwältin Christin Riemann bestreitet er all das, was die Staatsanwaltschaft ihm zur Last legt.

Das Verfahren wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Dann sollen die Zeugen, die dieses Mal nicht erschienen sind, von der Polizei vorgeführt werden. Es ist allerdings fraglich, ob dieses Vorgehen von Erfolg gekrönt sein wird. Der Bezirksbeamte der Polizei, der die Verhältnisse in der Steinstraße bestens kennt, wusste zu berichten, dass einige der Menschen, die das Gericht als Zeugen hören will, gar nicht mehr in der Steinstraße leben.