Gladbeck. Teilweise sehr alt und teilweise Leuchtmittel, die bald nicht mehr lieferbar sind. Die Straßenlaternen in Gladbeck werden zur Baustelle.
Auf fast neun Millionen Euro beziffert ein Gutachten den Investitionsstau bei der öffentlichen Beleuchtung – sprich bei den Straßenlaternen in Gladbeck. Diese Zahl erfuhren die Mitglieder im Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss in ihrer Sitzung am Montag. Hintergrund: Bisher betreibt die Ele die Laternen in der Stadt. Doch der entsprechende Vertrag läuft Ende 2025 aus. Sämtliche Laternen, Schaltstationen und Kabel gehen damit in den Besitz der Stadt über. Schon jetzt beginnen die Überlegungen, wie es dann ab 2026 weitergehen soll.
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Vorab: Verwaltung und Politik waren sich einig, dass man erneut einen Partner für den Betrieb der Laternen suchen will. Gern würde man auch mit der Ele weiterarbeiten. Allerdings ist das Volumen des Vertrags so hoch, dass zwingend eine europaweite Ausschreibung erfolgen muss. Zunächst aber bekamen die Ausschussmitglieder eine Analyse zu hören. Das Beratungsbüro ILB Dr. Rönitzsch aus Freital hat dafür den Bestand in Gladbeck unter die Lupe genommen und verschiedene Optionen aufgezeigt, wie es künftig weitergehen kann.
Experten sprechen bei der Gladbecker Beleuchtung von „mäßger Effizienz“
Der Blick auf den Ist-Zustand zeigte dann eben auch, dass hier in Zukunft einiges getan werden muss. Ein Problem, das die Experten ausgemacht haben: Nur neun Prozent der Laternen in Gladbeck sind mit LED-Leuchten ausgerüstet. Mitko Ufer von ILB sprach dann auch von einer „mäßigen Anlageneffizienz“. Ein Großteil der Beleuchtung in Gladbeck funktioniert mit den sogenannten Natrium-Dampf-Lampen, die ein gelbliches Licht abgeben. Die seien nach LED die effizientesten, so der Experte, doch gibt es hier ein anderes Problem. Ab 2027 dürfen diese Leuchten nicht mehr verkauft werden. Ufer verglich das mit dem Verbot der Glühlampen.
Heißt also, dass hier auch investiert werden muss. Tut man das nicht, so gibt es ab 2027 keinen Ersatz mehr für defekte Leuchtmittel. Rund 900 Laternen in Gladbeck seien zudem älter als 30 Jahre und damit am Ende ihres Lebenszyklus. In den kommenden 15 Jahren erhöhe sich diese Zahl um weitere 2000. Neben den eigentlichen Leuchten machten auch die „Tragsysteme“, sprich die Masten, Probleme. Zwischen zwei und drei Millionen Euro der Gesamtsumme entfallen auf diesen Bereich. Einen Teil davon werde sicher aber auch die Ele noch investieren, so Ufer, doch es bleibe ein „mächtiger Invstitonsbedarf“. Den es ähnlich aber auch in anderen Städten gebe, so Ufer.
Bisher zahlt Gladbeck rund 1,2 Millionen Euro für den Betrieb der Laternen
Frank Restemeyer, Leiter des Ingenieuramts, stellte klar, dass die Ele ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkomme. Niemand solle nun glauben, dass die Ele ein schlechter Partner sei, im Gegenteil. Aber gerade, was die Leuchtmittel angeht, da sei in den vergangenen Jahren eine wahnsinnige Dynamik ins Spiel gekommen. Als der Vertrag vor 15 Jahren abgeschlossen wurde, sei das Thema längst nicht so akut gewesen.
Bisher zahlt die Stadt rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr für Betrieb und Instandhaltung der Straßenbeleuchtung. Mit dieser Summe werde man künftig aber wohl nicht mehr auskommen, so Ufer zu den politischen Vertretern im Gremium. Er schätzte, dass die Kosten um rund 40 Prozent steigen werden. Einem neuen Betreiber könne man auch aufgeben, den Sanierungsstau möglichst rasch zu beseitigen. Damit hätte er zwar zu Beginn relativ hohe Investitionskosten, die er sich aber über die Vertragslaufzeit zurückholen könne.
Ufer zeigte sich auch überzeugt, dass Interessenten gibt, die die Gladbecker Straßenbeleuchtung betreiben wollen. Es gebe Unternehmen, die seien in dem Geschäftsfeld bundesweit unterwegs, aber auch für regionale Anbieter sei so etwas attraktiv, sagte er mit Verweis auf die Ele. Er warnte jedoch davor, Anforderungen zu hochzusetzen. Süleyman Kosar etwa wünschte sich Ladevorrichtungen für E-Autos an den Laternen. Gladbeck jedoch besitzt ein eigenes Kabelsystem allein für die Straßenbeleuchtung. Das sei aber zu schwach, um darüber auch Autos zu laden. „Will man so etwas haben, müssten die gesamten Erdkabel ausgetauscht werden. Das ist sehr teuer und das macht es für Anbieter unattraktiv.“
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Trotzdem: Ein Betrieb in Eigenregie kommt sowohl aus Sicht der Verwaltung als auch aus Sicht der Politik nicht infrage. Dafür fehle es an personellen Ressourcen. Gleichzeitig sei auch klar, dass die Straßenbeleuchtung zur Daseinsfürsorge einer Kommune gehöre, so SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind. Daher müsse man Sorge dafür tragen, dass sie funktioniert.
Die Verwaltung wird nun die entsprechende Ausschreibung vorbereiten und sie dann einer Arbeitsgruppe vorstellen. Anschließend erfolgt die Ausschreibung, damit zum Jahreswechsel 2025/26 der Übergang reibungslos klappt.
Viele unterschiedliche Modelle
Was den Experten beim Blick auf die Gladbecker Straßenbeleuchtung zusätzlich aufgefallen ist, ist die Vielfalt. Von 90 verschiedenen Leuchten und 66 unterschiedlichen Tragesystemen sprach Mitko Ufer im Ausschuss. Das wirkt sich am Ende eben auch auf die Kosten aus. Je mehr unterschiedliche Modelle instandgehalten werden müssen, umso teurer wird es.
Zumal 45 Prozent der Leuchten in Gladbeck als „dekorative Leuchten“ zählen. Heißt, sie sind besonders gestaltet und sollen Straßen und Plätze noch einmal besonders zieren. Dabei sind sie aber teurer als die reinen „technischen Leuchten“, so der Experte. Er empfahl den Stadtplanern, den Einsatz solcher dekorativen Beleuchtung genau zu überprüfen.