Gladbeck. Auf einer Bürgerversammlung informierten Stadt und Bezirksregierung zur geplanten ZUE in Gladbeck. Doch Anwohner sehen hier noch andere Probleme.

„Wenn es so kommt, wie es sich hier anhört, dann kann es funktionieren.“ So äußerte sich einer der Anwohner der geplanten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) am Festplatz in Butendorf im Anschluss an die Informationsveranstaltung von Stadt und Bezirksregierung Münster am Donnerstagabend.

Gleichzeitig übte er aber auch Kritik: Es sei einfach ärgerlich, dass diese Versammlung so spät stattfinde. „So werden wir hier alle vor vollendete Tatsachen gestellt. Es wäre besser gewesen, wir hätten früher mitreden können.“

In der Gladbecker ZUE sollen alleinreisende Männer untergebracht werden

Diese „Tatsachen“ stellte dann die Bezirksregierung vor. Am 1. März ziehen die ersten Menschen in die Unterkunft, berichtete Yvonne Pape, die zuständige Dezernentin bei der Bezirksregierung. Die Unterkunft bietet Platz für maximal 155 Menschen. Das war auch schon vorher so, als die Stadt die Unterkunft noch belegt hatte. Inzwischen hat die Bezirksregierung die Container von der Stadt gemietet. Der Vertrag läuft bis 2027, so erläuterte Yvonne Pape auf Nachfrage aus dem Publikum.

Noch laufen auf dem Festplatz die Umbauarbeiten, zum 1. März sollen die ersten Menschen hier einziehen.
Noch laufen auf dem Festplatz die Umbauarbeiten, zum 1. März sollen die ersten Menschen hier einziehen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Überrascht wurden die Anwohner allerdings von der Ankündigung, dass die Bezirksregierung diese ZUE nutzen will, um alleinreisende Männer unterzubringen. Hier äußerten einige Zuhörer ihre Bedenken. Eine Frau berichtete von ihren Teenager-Töchtern, die abends vom Training nach Hause gehen. Sie wünschte sich, dass der KOD auch zu solchen Randzeiten Präsenz zeigt. Selbstverständlich müsse das nichts heißen, doch wenn so viele Männer auf engem Raum zusammenleben müssten, könne sicher auch für Stress sorgen.

Vier Sicherheitskräfte sollen rund um die Uhr im Einsatz sein

Bedenken, die auch vom Podium ernst genommen wurden. Yvonne Pape und die DRK-Vertreter – die DRK-Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGmbH werden die Betreuung vor Ort übernehmen – erläuterten, welche Angebote den Bewohnern gemacht werden, stellten aber auch die Sicherheitsmaßnahmen vor. So sind rund um die Uhr vier Sicherheitsleute von Kötter Security vor Ort. Ein fünfter sitzt an der Pforte. Dazu werden Beschäftigungen geboten – sportlicher Art wie auch Deutschkurse. Für Erstaunen sorgte, dass die nicht verpflichtend seien. Aber, so die Experten der Bezirksregierung: Die Erfahrung aus anderen ZUE zeige, „dass kein Deutschkurs unbesucht bleibt“.

Gladbeck ist eine Stadt, in der es keine Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Geflüchteten gibt.
Rainer Weichelt

Wichtig vor dem Hintergrund ist sicher auch, dass in einer solchen ZUE Menschen leben, deren Status nicht klar ist, es also sein kann, dass kein Asylgrund vorliegt und sie nicht in Deutschland bleiben können. Die Geflüchteten, die in NRW ankommen, landen zunächst in der Landeserstaufnahme in Bochum und dann für sieben bis zehn Tage in einer Erstaufnahmeeinrichtung, wo sie erkennungsdienstlich erfasst sowie medizinisch untersucht werden und ihren Asylantrag stellen. Es folgt die Unterbringung in einer ZUE. Dort leben sie maximal 24 Monate. Derzeit liege die Verweildauer im Schnitt bei acht Monaten, so Yvonne Pape. Danach würden anerkannte Flüchtlinge den Kommunen zugewiesen, die von da an für die Unterbringung zuständig sind.

Umfeldmanger als Ansprechparter für Anwohner und Ehrenamt

Deutlich wurde aber auch: Wenn zum 1. März die Flüchtlinge einziehen, wird der Umbau noch nicht komplett abgeschlossen sein. Das Speisezelt, das Platz für 75 Menschen bietet, wird bis dahin noch nicht stehen. Denn auch das ist ein Unterschied zur bisherigen städtischen Unterbringung an dieser Stelle. Die Menschen dort werden zentral verpflegt, ein Dienstleister kocht und gibt die Speisen aus. Auf Nachfrage der Flüchtlingshilfe der evangelischen Kirche räumte die Bezirksregierung ein, dass auch die Verfahrensberatung, in der sich Menschen rechtliche Unterstützung in ihrem Asylverfahren suchen können, noch nicht besetzt sei, gleiches gelte für psychologische Kräfte. Hier könne man aber auf die Kräfte der Einrichtung in Dorsten zurückgreifen. In der nächsten Runde würden die Stellen für Gladbeck dann auch ausgeschrieben.

Das Containerdorf aus der Vogelperspektive.
Das Containerdorf aus der Vogelperspektive. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Klar ist aber: Schon jetzt ist die Stelle des Umfeldmanagers besetzt. Er ist Ansprechpartner für Anwohner, wenn es Probleme oder Fragen geben sollte. Gleichzeitig ist er Anlaufstelle für Gruppen, Vereine und Institutionen, die sich rund um die ZUE ehrenamtlich engagieren wollen. Ausdrücklich warben die Vertreter der Bezirksregierung für diese Möglichkeit.

Anwohner in Butendorf sehen weitere Probleme in ihrem Stadtteil

Es war eine sachliche Versammlung, bei der aber auch deutlich wurde, dass die Anwohner in Butendorf sich schon seit längerem besonderen Belastungen ausgesetzt sehen, die gar nicht mal mit der Flüchtlingsunterkunft zusammenhängen. Dennoch befürchteten einige eine Verschärfung ihrer Probleme. Mehrmals sprachen Anwohner das Problemhaus Steinstraße 72 an. Inwieweit könnten sich da Verbindungen entwickeln, die die Probleme vergrößerten, so die Sorge. Hier war Gladbecks Sozialdezernent Rainer Weichelt gefragt. Er verwies darauf, dass die Unterkunft dort ja bereits seit 2022 bestehe und bisher nichts darauf hindeute, dass sich da Verbindungen ergeben hätten.

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Gleichzeitig zählte er auf, was die Stadt unternommen habe, um die Situation an der Steinstraße 72 zu verbessern – durch Ordnungskräfte, aber auch durch die „helfende Hand des Sozialstaats“. Seither habe sich die Situation ein Stück verbessert, schildert Weichelt die Rückmeldungen, die er erhalten habe. Gleichwohl gehe es nicht auf einen Schlag, warb er um Geduld. Mit Blick auf die Flüchtlinge, die in der Stadt leben, sagte er: „Gladbeck ist eine Stadt, in der es keine Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Geflüchteten gibt.“

Stadt Gladbeck setzt weiter auf dezentrale Unterbringung

Weichelt widersprach der geäußerten Auffassung, dass es immer Butendorf treffe, wenn es um solche Unterbringungen gehe. Die Stadt betreibe in unterschiedlichen Stadtteilen größere Unterkünfte. Dazu kämen Wohnungen für 237 Menschen, die man überall im Stadtgebiet angemietet habe. Weichelt betonte noch einmal, dass Gladbeck die auf dezentrale Unterbringung setze. Aktuell verhandeln Stadt und Land über eine weitere ZUE in Gladbeck, die werde in einem anderen Stadtteil entstehen, so Weichelt, ohne sich tiefer in die Karten schauen zu lassen.

Angesichts der Dauer des Mietvertrags kam auch die Frage auf, wie sich das denn mit den Plänen der Stadt vertrage, die ja die Steinhalde am Festplatz zügig abtragen will, um noch von Fördergeldern zu profitieren. Eine Lösung scheint es da noch nicht zu geben. Martin Stork vom Planungsdezernat machte klar, dass man zunächst die Planungen für das weitere Vorgehen vergeben werde. Und da werde es dann sicherlich auch um diese Frage gehen.

Anwohner: Man hat bisher nichts von der Unterkunft mitbekommen

Andere Besucher sprachen von Problemen und Lärmbelästigungen ausgehend von der Skater-Anlage. Auch das ein Indiz für die vielfältigen Belastungen vor Ort. Im Sommer könnten sie schon gar nicht mehr die Terrasse nutzen, so die Klage. Weichelt versprach auch hier sich zu kümmern, sagte entsprechende Lärmmessungen an der Stelle zu.

Eindrucksvoll zum Schluss die Äußerungen von Christian Scholz, der direkt neben der Unterkunft lebt. „Ich möchte gern einmal mitgeben, wie geräuschlos die Einrichtung war. Wir haben von den 90 Menschen fast nichts mitbekommen“, schilderte er seine Erfahrungen. Es sei ein Nebeneinander im besten Sinne gewesen. Störungen, sei es durch Lärm oder andere Dinge, habe er in der Zeit nie erlebt. Er gehe auch nicht davon aus, dass sich das nun ändern wird.

Wie die Stadt profitiert

In der Sitzung wurde noch einmal deutlich, wie die Stadt von einer ZUE profitiert. Die 155 Plätze, die das Land nun in Gladbeck einrichtet, werden auf das städtische Kontingent angerechnet. Bedeutet: Es kommen eben nicht noch einmal 155 zusätzliche Menschen in die Stadt. Stattdessen schrumpft das städtische Kontingent um 155. Damit sinken auch die Kosten für die Stadt, denn die ZUE belastet nicht den kommunalen Haushalt, sondern den des Landes.

Ein weiterer Punkt: Kinder, die in einer ZUE leben, fallen nicht unter die Schulpflicht. Für sie gibt es in solchen Einrichtungen schulähnliche Angebote, sie besuchen jedoch keine Schulen und Kitas vor Ort, entsprechend müssen keine Plätze vorgehalten werden. Ein Punkt, der bei der ZUE am Festplatz, die ja für alleinreisende Männer genutzt wird, keine Rolle spielt, vielleicht aber bei der geplanten zweiten ZUE in der Stadt.