Gladbeck. Gestern haben Aufsichtsrat und Gesellschafter Ralf-Joseph Schnittker vom Posten des Geschäftsführers abberufen.
Ralf-Joseph Schnittker (53), Geschäftsführer der GWG (Gladbecker Wohnungsgesellschaft), ist fristlos gekündigt. Diese Entscheidung trafen gestern Nachmittag der Aufsichtsrat der GWG und die Gesellschafter einstimmig in einer gemeinsamen Sondersitzung. Als Begründung für die Abberufung als Geschäftsführer und die sofortige Kündigung des Anstellungsvertrages werden Verstöße gegen das Vergaberecht bei Auftragsvergaben sowie Nichtbeachtung der notwendigen Mitunterschrift des 2. Geschäftsführers genannt.
Keine Überraschung
Die Nachricht von der Entlassung Schnittkers, der die Geschäfte im April 2007 als Nachfolger des ebenfalls fristlos gekündigten Dr. Kloetsch übernahm, kommt nicht ganz überraschend. Mehrfach hatte Bürgermeister Ulrich Roland in den vergangenen Wochen angekündigt, in Sachen GWG handeln zu wollen. Dass damit Konsequenzen für den Geschäftsführer verbunden sein würden, war zu erwarten. Bereits im Dezember 2008 hatte das Rechnungsprüfungsamt bei einer Überprüfung der GWG-Geschäfte eine Reihe von Verstößen beanstandet, ohne dass es direkte Folgen für den Geschäftsführer hatte.
Chlapek wird Interims-Geschäftsführer
Schon im vergangenen Jahr wurde Schnittker deshalb jedoch ein zweiter Geschäftsführer zur Seite gestellt, der alle Geschäftshandlungen gegenzeichnen sollte. Diese Aufgabe übernahm der Leiter des Städtischen Amtes für Immobilien, Michael Chlapek. Chlapek wird nun vorerst als Interims-Geschäftsführer die Geschäfte der GWG leiten.
Nachfolger von Dr. Kloetsch
Am 1. April 2007 bezog Ralf-Joseph Schnittker das GWG-Büro an der Postallee. Da war sein Vorgänger Dr. Harald Kloetsch, ein Jurist, gerade vorzeitig seines Amts enthoben worden, weil er ohne Wissen des Aufsichtsrats bei einem Häuserverkauf einen Schuldbeitritt in Millionenhöhe (5,3 Mio Euro) eingegangen war. Mit Schnittker, dem Diplom-Ingenieur, hoffte man, nun endlich einen Mann vom (Bau-)Fach zu haben, der die Geschicke der Gladbecker Wohnungsgesellschaft in ruhige Bahnen lenken würde. Die Gesellschaft, gegründet in den 50er Jahren, verwaltet 2000 Wohnungen, viele davon mit hohem Sanierungsbedarf.
Ein Blick in die jüngere Vergangenheit der GWG zeigt, dass Schnittker beileibe keine einfache Aufgabe übernahm. Nicht nur Vorgänger Kloetsch, auch desssen Vorgänger Ulrich Schindler (bis 2001) und davor Rüdiger Pütthoff (bis 1999) waren fristlos gekündigt worden. Häufig spielten Vergabeverstöße eine Rolle oder Finanzgeschäfte wie die Verkäufe der Häuser Berliner-/Brunnenstraße zum Schaden der GWG.
Finanzielle Schwierigkeiten in der GWG
Eine Folge: Die GWG geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Damit begründete der neue Geschäftsführer Schnittker ein Jahr nach seinem Antritt auch die betriebsbedingte Entlassung mehrerer Mitarbeiter, einem der langjährigsten GWG-Angestellten warf er zudem Fehlverhalten vor. Vor dem Arbeitsgericht hatte diese Kündigung keinen Bestand, ein Rechtsstreit endete mit hohen Kosten – für die GWG.
Spätestens zu dem Zeitpunkt mehrten sich kritische Stimmen über Geschäftsgebaren und Verhalten des Geschäftsführers. Als kurz darauf im Oktober 2008 bekannt wurde, dass Geschäftsführer und Aufsichtsrat 2007 eine Dienstreise nach München auf GWG-Kosten unternommen hatten, zum Zeitpunkt des Oktoberfestes, hatte die Tatsache auch vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Gesellschaft ein Geschmäckle.
Rechnungsprüfungsamt prüfte GWG-Geschäfte
Danach kam es noch dicker. Das Rechnungsprüfungsamt nahm im Auftrag von Bürgermeister Ulrich Roland im Herbst 2008 die Geschäfte der GWG unter die Lupe und wurde fündig: Häufige Auftragsvergaben an eine Firma, hohe Spesenausgaben für Geschäftsessen und Besuche von Bundesligaspielen mit Gästen sowie Dienstreisen des Geschäftsführers, u.a. nach Japan. Direkte Folgen für Schnittker hatte weder dieser Bericht noch die Tatsache, dass seit '09 die Staatsanwaltschaft wegen Untreue, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit gegen ihn ermittelt.
Mieter warten auf neue Balkone
Der Bestand der Wohnungsgesellschaft ist in der Amtszeit Schnittkers nicht gerade verbessert worden. Seit über zwei Jahren fehlen an den Häusern der Stargarder Straße die Balkone, selbst nach Anweisung der Gesellschafter erteilte Schnittker, der sie hatte abreißen lassen, keine Auftragsvergabe. Andere Mieter, z.B. von der Uhlandstraße und Auf'm Kley klagen über Sanierungs- und Reparaturrückstand. Dabei hatte Ralf-Joseph Schnittker noch 2008 in einem WAZ-Interview gesagt: „Es gilt, endlich wieder Vertrauen zu schaffen bei den Mietern.” Nach Bekanntwerden der Kündigung war der Geschäftsführer nicht zu erreichen.