Gladbeck. Sein „I believe“ ist ein echter Radiohit. Beim Weihnachtsmarkt der Grubenhelden spielt Kamrad auch sein liebstes Weihnachtslied. Mit Fotostrecke.
Für gewöhnlich tritt er in größeren Hallen auf, spielt bei Festivals und tourt durch die Metropolen: Amsterdam, Prag, Berlin oder Hamburg. Am Samstagabend war er zu Gast in Gladbeck, auf einer kleinen Open-Air-Bühne beim Adventsglühen der Grubenhelden: der Singer-Songwriter Kamrad. „I Believe“ oder auch „Feel Alive“ werden im Radio rauf und runter gespielt und bei Spotify hunderttausendfach gestreamt.
Wie kommt man für seinen kleinen Weihnachtsmarkt in Ellinghorst an einen so großen Künstler? „Ein gutes Netzwerk“, antwortet Matthias Bohm, Gründer des Mode-Startups Grubenhelden, geheimnisvoll. Und er verspricht kurz vor dem Konzert, als es in Strömen regnet: „Gleich hört’s auf. Mit der Kirche im Rücken wird das Wetter besser.“
Besucherinnen und Besucher stehen dicht gedrängt vor der Bühne
Die Grubenhelden haben die St.-Elisabeth-Kirche vor vier Jahren erworben und richten auf dem Kirchplatz ihren viertägigen Weihnachtsmarkt aus. Was Bohm offensichtlich nicht bedacht hat: Aufgegebene Kirchen entfalten ihre Wirkung auf das Wetter nicht so wie erhofft. Mal nieselt es, dann regnet’s wieder heftig beim Auftritt von Kamrad. Der guten Stimmung tut das keinen Abbruch. Die Besucherinnen und Besucher stehen dicht gedrängt vor der Bühne, singen mit und filmen diesen Überraschungsauftritt. Und sie lassen ihre Regenschirme geschlossen, so dass man auch von hinten noch einen guten Blick auf den Sänger hat.
Klein, aber fein – genau so will es Matthias Bohm beim Adventsglühen haben. „Wie früher, als sich die Kumpel getroffen haben, um gemeinsam ein Bier zu trinken und zu reden“, sagt der Gladbecker Jung-Unternehmer. Kamrad – der Künstler- ist übrigens sein Familienname, mit Vornamen heißt er Tim – steht mit seiner Gitarre allein auf Bühne. Er hat sich mit einem wattierten, blauen Mantel gegen die Kälte gewappnet und präsentiert einen Mix aus eigenen Songs und englischen Weihnachtsliedern. „I Believe“ darf natürlich nicht fehlen, das unvermeidliche „Last Christmas“ auch nicht.
Kamrads Lieblingsweihnachtslied: „Merry Christmas Everyone“ von Shakin‘ Stevens
Er sei ein großer Weihnachtsfan, gesteht der 26-Jährige, und sein Lieblingslied seit Kindertagen sei „Merry Christmas Everyone“ von Shakin‘ Stevens. Und das wünscht er seinem Publikum dann auch musikalisch. Gut eine halbe Stunde unterhält der aus Velbert stammende Künstler sein Publikum in Gladbeck, das er übrigens stilecht mit „Glückauf“ begrüßt hatte.
Es ist der zweite Weihnachtsmarkt, den die Grubenhelden in Ellinghorst ausrichten. Überraschungsgast im vergangenen Jahr war übrigens Helge Schneider. Der Andrang 2023 ist gewaltig, die Schlange vorm Glühweinstand lang. Donnerstag waren es rund 800 Besucher, am Freitag dann schon 1500, und am Wochenende kamen noch mehr Gäste auf den Kirchplatz, wo die Buden im gemütlichen Rund um den großen Tannenbaum mit der bunten Lichterkette aufgebaut sind.
Gladbecker Grubenhelden-Team stemmt den Weihnachtsmarkt im Alleingang
Matthias Bohm ist stolz darauf, dass das Adventsglühen vom Grubenhelden-Team mehr oder weniger allein gewuppt wird. Die Schneiderin verkauft Glühwein, der Grafiker Bier. Marian Pogorzalek, mit 75 Jahren der älteste Grubenheld, prägt Grubenmarken. Die hatten die Bergleute einst als eine Art Stempelkarte. Bei Pogorzalek gibt’s dazu noch Schlüsselanhänger. Der 75-Jährige kennt die Marken noch aus seiner eigenen Berufstätigkeit: Er war Elektriker unter Tage. Am Grill stehen beim Grubenhelden-Markt vor der Elisabeth-Kirche Ehrenamtliche des Recklinghäuser Trainingsbergwerks.
Im September hatte das 35-köpfige Team des Startups – 19 davon sind fest angestellt – mit der Vorbereitung des Adventglühens begonnen. Eigentlich viel zu spät, räumt Bohm ein. Aber dann läuft es doch wie am Schnürchen. Die Nachbarn, die sich für vier Tage mit einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen in ihrer Siedlung abfinden müssen, haben Gutscheine für den Besuch des Weihnachtsmarktes bekommen.
Musikschule Gladbeck und Ensemblemitglieder des Ruhricals treten auch auf
Mit Arne Tilgen hat Matthias Bohm einen alten Bekannten für das Adventsglühen verpflichtet. Die beiden haben in Bochum zusammen Sport studiert. Während der eine jetzt als Unternehmer tätig ist, arbeitet Arne Tilgen als Lehrer in Bochum – und in seiner Freizeit als Jongleur und Feuerteufel. Zusammen mit Josi Wystub zeigt er auf und vor der Bühne eine Feuershow mit Fackeln, Feuerrädern und Pois, Bällen, die an einer Schnur gehalten und im Kreis geschwungen werden. Die Zuschauer halten den Atem an: Ob die beiden Feuerkünstler nicht gleich die Bühne abfackeln? Nein, es passiert nichts. „In 25 Jahren gab es noch keinen Versicherungsschaden“, sagt Arne Tilgen.
Auch Schülerinnen und Schüler der Musikschule Gladbeck, Ensemblemitglieder des Ruhricals und die Florians treten beim Adventsglühen in Ellinghorst auf. Ein Stelzenläufer in Bergmannskluft läuft durch die Reihen und lässt sich immer wieder fotografieren. Auch 2024 wird es wohl wieder ein Adventsglühen geben. Das Netzwerk von Matthias Bohm scheint noch mehr Überraschungsgäste aufzuweisen.
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