Gladbeck/Oberhausen. In Gladbeck leben, an polnischer Grenze pflegen: Eine Gladbeckerin versorgt ihre Mutter, die 650 km entfernt wohnt. So belastend ist Situation.
Als Leiterin eines ambulanten Pflegedienstes in Oberhausen hat die Gladbeckerin Dorina Buske ohnehin schon beruflich viel mit dem Thema „Pflege“ zu tun. Zusätzlich kümmert sie sich um ihre 81 Jahre alte Mutter, bis vor wenigen Monaten kam die Pflege ihres mittlerweile verstorbenen 88 Jahre alten, dementen Vaters noch dazu. „Besonders die letzten Monate vor dem Tod meines Vaters waren unglaublich zeitintensiv, da ging es dann richtig ans Eingemachte“, erinnert sich die 57-Jährige. Körperpflege, Einkaufen, Kochen, Medikamentengabe und zwischendurch „einfach nur Tochter sein“ – die Belastung war für alle Beteiligten immens. Die Pflege sei so anstrengend gewesen, dass ihre Mutter ebenfalls pflegebedürftig wurde, wenn auch nicht so sehr wie ihr Vater.
60 Prozent ihres Urlaubs verbringt Gladbeckerin mit Pflege ihrer Mutter
Zuerst der Vater, jetzt die Mutter: Besonders herausfordernd ist neben der eigentlichen Pflege vor Ort auch die große Distanz zwischen dem Wohnort ihrer Eltern und dem eigenen Zuhause. Während Buske in Gladbeck wohnt, lebt ihre Mutter – und zuvor noch der Vater – an der polnischen Grenze, 650 Kilometer entfernt. Zwar kann sich die Gladbeckerin die Pflege mit ihrem in München lebenden Bruder und ihrer in Berlin lebenden Schwester aufteilen, doch alle drei sind voll berufstätig und müssen sich immer mindestens ein langes Wochenende freinehmen, damit sich ein Besuch bei der Mutter aufgrund der langen Anreise überhaupt lohnt. „Mindestens einmal im Monat ist jemand von uns mehrere Tage am Stück da, zeitweise war ich selbst alle sechs bis acht Wochen vor Ort“, erzählt Buske.
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Rund 60 Prozent ihres Urlaubs verbringe sie damit, ihre Mutter und bis zum Sommer noch ihren Vater zu pflegen – „vor Ort wird dann voll durchgepowert von morgens bis abends, ich pflege und versuche gleichzeitig, meiner Mutter auch noch schöne Momente zu bieten.“ Diese Tage fehlen dann allerdings zur eigenen Erholung, regelmäßig kommen der 57-Jährigen Gedanken wie „Ich kann das alles nicht mehr.“ Besonders schlimm sei es zudem, den Verfall der eigenen Eltern beobachten zu müssen, extrem sei die Belastung vor allem zu der Zeit gewesen, als ihr Vater zusätzlich gepflegt werden musste. „Wenn ich nach den Besuchen bei meinen Eltern wieder nach Hause kam, fühlte ich mich völlig ausgelaugt. Man hätte mich quasi einsargen können.“
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Ihre eigenen Interessen muss die Pflegedienstleiterin stark einschränken, selbst wenn sie nicht vor Ort ist, erledigt sie von Gladbeck aus viel Administratives, beispielsweise Telefonate mit der Krankenkasse und Ärzten. Unglaublich dankbar sei sie deshalb für das Verständnis und die Unterstützung ihres Ehemannes – „es ist schließlich nicht selbstverständlich, dass der Partner da so gut mit umgeht, wenn sich gefühlt das ganze Leben nur noch um die Pflege dreht“, meint Buske.
Wunsch der eigenen Mutter bringt Gladbeckerin in einen „unfassbaren Zwiespalt“
Besonders schlimm ist für die Gladbeckerin, dass sie sich selbst beruflich jeden Tag viele Stunden lang um pflegebedürftige Menschen kümmert, aber keine Zeit dazu hat, sich täglich um ihre eigene Mutter zu kümmern. „Dabei hat sie so großen Redebedarf, sie ist schließlich sehr viel alleine und ich bin natürlich ihre Ansprechpartnerin,“ so Buske. Deshalb versucht sie neben allen Erledigungen, die bei den Besuchen im Osten anstehen, auch immer Momente zu finden, in denen sie einfach nur zuhört.
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Immer wieder äußert die 81 Jahre alte Mutter den Wunsch, ob ihre Tochter nicht dauerhaft zu ihr ziehen könne – eine schwierige Situation für Buske. „Natürlich möchte ich die Zeit, die meiner Mutter noch bleibt, nutzen und bei ihr sein. Ich will ja für sie da sein. Aber hier in Gladbeck habe ich auch Menschen, die mich brauchen, zudem liebe ich meinen Job. Das ist ein unfassbarer Zwiespalt.“ Sehr wichtig sei es deshalb, sich abzugrenzen, auch mal „Nein“ zu sagen – auch, wenn es schwerfällt. „Man muss auch an die eigenen Kräfte denken und auf sich selbst achten, sonst hält man das nicht durch. Ich habe ja schon bei meiner Mutter beobachtet, wie entkräftet sie durch die Pflege meines Vaters war. Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, sich nicht selbst aus den Augen zu verlieren.“