Gladbeck. Gladbecks Amtsgerichtsdirektor erklärt, warum sich Schwimmbad-Schlägereien für schnelle Verfahren nicht eignen, Ladendiebstähle dagegen schon.
Am Donnerstag wurde ein 34-jähriger Mann, der keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat, am Amtsgericht in Gladbeck verurteilt. Einen Tag zuvor hatte er einen Ladendiebstahl an der Hornstraße begangen und wurde erwischt…..
Dieser Polizeimeldung von Ende Juli folgte wenige Tage später eine weitere, darin hieß es:
Acht Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung und Untersuchungshaft, bis das Urteil rechtskräftig wird. So lautet die Entscheidung des Amtsgerichts Gladbeck am Mittwoch. Der 27-jährige Rumäne ohne festen Wohnsitz in Deutschland sitzt seither in Haft. Er war einen Tag zuvor, am Dienstagnachmittag, in einem Geschäft an der Voßstraße aufgefallen, als er, zusammen mit einem unbekannten Mann, 20 Packungen Waschmittel in einen Einkaufswagen lud und den Laden ohne zu bezahlen verlassen wollte.
Zweimal kurz hintereinander also hat das Amtsgericht Gladbeck einen Dieb in einem so genannten „beschleunigten Verfahren“ verurteilt. Der Tat folgt in dem Fall die Strafe auf dem Fuße. Also dass, was eigentlich immer wieder gern gefordert wird. Warum also greift man nicht viel häufiger auf dieses in der Strafprozessordnung geregelte Verfahren zurück?
Für das beschleunigte Verfahren müssen Bedingungen erfüllt sein
Doch so einfach ist es nicht. Damit das beschleunigte Verfahren angewandt werden kann, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. So viel sei an dieser Stelle verraten: Dass es sich in beiden oben erwähnten Fällen um die Verurteilung von Ladendieben handelt, die auf frischer Tat ertappt wurden, ist nicht unbedingt ein Zufall. Das wird deutlich, wenn Bernd Wedig, Direktor des Gladbecker Amtsgerichts, erläutert, welche Voraussetzungen für diese Art der Gerichtsverfahren erfüllt sein müssen.
„Ein solches Verfahren ist nur möglich bei einfachen, leicht überschaubaren Sachverhalten oder bei klarer Beweislage.“ Dafür seien eben die beiden Fälle mit den auf frischer Tat ertappten Ladendieben wie gemacht. „Im Zweifel haben sie noch ein Geständnis, da bietet sich das beschleunigte Verfahren dann an.“
Strafbefehl als Alternative zum beschleunigten Verfahren
Allerdings kam bei den beiden Beispielfällen noch hinzu, dass es sich bei den Tätern um Menschen ohne festen Wohnsitz handelte. In solchen Fällen greife man gern auf den schnellen Prozess zurück, einfach weil es oft keine Meldeadresse gebe, um die Täterinnen oder Täter dann zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Prozess zu laden.
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Acht solcher beschleunigten Verfahren gab es im Jahr 2022 am Gladbecker Amtsgericht, in diesem Jahr waren es bisher fünf. Da zeige sich schon, dass sich vieles nicht für diese beschleunigten Verfahren eigne, sagt Wedig. Doch nicht nur das: Vieles, was in so einem Verfahren verhandelt wird, kann üblicherweise auch schriftlich erfolgen. Bei Tätern mit festem Wohnsitz und Meldeadresse werde häufig ein Strafbefehl erlassen, beschreibt Wedig eine Alternative. Wird der akzeptiert, kommt es gar nicht erst zu einer Verhandlung vor dem Richter.
Anträge können auch mündlich gestellt werden
Die Entscheidung, ob ein beschleunigtes Verfahren zustande kommt, liegt am Ende beim Richter. Die Staatsanwaltschaft beantragt ein solches. Denn bei ihr landet der Sachverhalt, den die Polizei aufgenommen hat. Das ein oder andere sei in dem beschleunigten Verfahren vereinfacht, sagt Wedig. So könnten Anträge etwa mündlich gestellt werden. In der Regel erfolge es aber per Mail.
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Wichtig in der Frage auch: Welches Strafmaß droht dem Angeklagten? In der Regel wende man das beschleunigte Verfahren nur an, wenn am Ende eine Geldstrafe oder maximal sechs Monate Freiheitsstrafe stehen. Droht ein höheres Strafmaß, brauche der Angeklagte einen Verteidiger, erläutert Wedig. Dann wird es mit der kurzfristigen Terminansetzung immer schwieriger. Gleiches gilt, wenn Zeugen vernommen werden müssen. Grundsätzlich sei auch das im beschleunigten Verfahren möglich, nur müssten sie halt verfügbar sein, so der Amtsgerichtsdirektor.
Am Amtsgericht Gladbeck ist immer ein Richter für beschleunigte Verfahren zuständig
Vor Ort beim Amtsgericht ist dann jeweils der Richter für diese Verfahren – die das Gericht kurzfristig treffen – zuständig, der an dem Tag als Strafrichter im Einsatz ist. So sei sichergestellt, dass immer auch ein Amtsanwalt vor Ort sei, der die Anklage vertritt, sagt Wedig.
Schnelle Verfahren, rasche Urteile mit zeitlichem Bezug zur Tat – gern wird öffentlich das beschleunigte Verfahren für diverse Delikte gefordert. Zuletzt etwa hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann es für Prügeleien im Schwimmbad ins Gespräch gebracht. Dem hatte der Richterbund mit Verweis auf den Personalmangel in der Justiz bereits eine Absage erteilt.
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Für Bernd Wedig sind solche Fälle an sich schlicht ungeeignet für ein beschleunigtes Verfahren. Bei größeren Ausschreitungen und Schlägereien könne man nämlich in der Regel nicht von einfachen Sachverhalten ausgehen. Es müssten Hintergründe aufgeklärt werden und möglicherweise zahlreiche Zeugen gehört werden, vielleicht stehe die Frage nach Notwehr im Raum. „Also eignen sich solche Sachverhalte aus meiner Sicht nicht dafür“, macht der Richter deutlich. Und im Jugendstrafrecht sei ein beschleunigtes Verfahren überhaupt nicht zugelassen.