Gladbeck. Das Stadtarchiv Gladbeck hat die Digitalisierung historischer Zeitungen abgeschlossen. Damit ist das Material für die Zukunft gerettet.
Ende 2023 soll es soweit sein – spätestens dann, so hofft Christian Schemmert, Leiter des Gladbecker Stadtarchivs, mit dem letzten Schritt der Digitalisierung aller im Original noch vorhandenen historischen Zeitungen Gladbeck betreffend „durch“ zu sein. Der Plattform fehle nur noch die „Volltextdurchsuchbarkeit“. Die moderne Aufbereitung bietet Geschichtsinteressierten mehr Möglichkeiten – und sichert das empfindliche historische Material auf Papier für die Zukunft.
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Konkret seien 122.990 Zeitungsseiten gescannt worden, was zugleich den Projektabschluss im Stadtarchiv Gladbeck darstelle. „Weitere Zeitungsausgaben sind nicht mehr zu digitalisieren, denn so, wie es jetzt im Portal eingerichtet ist, ist alles vollständig.“ Dann können sich Interessierte im Internet kostenfrei durch alle verfügbaren Zeitungsartikel zwischen 1898 bis 1945 klicken.
Gladbecker Stadtarchivar: Das Zeitungspapier früherer Zeiten droht zu zerfallen
„Zum letzten Mal“, betont der Archivleiter, hole er die Originale – extra für diesen Bericht – aus ihrer finalen Lagerung. Er streift dabei seine weißen Handschuhe über, und vorsichtig blättern wir uns zurück bis ins ausgehende 19. Jahrhundert. „Das Zeitungspapier der damaligen Zeit hatte einen sehr hohen Säureanteil“, erläutert Christian Schemmert. Es werde irgendwann unweigerlich zerfallen, dieser Vorgang habe schon begonnen.
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Um diesen Prozess zu verlangsamen, sollen die Folianten nun unter angemessenen klimatischen Bedingungen liegend aufbewahrt werden. „Nur in Ausnahmefällen holen wir sie dann noch einmal hervor, ansonsten ist eine Benutzung ausgeschlossen.“
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Da Bibliotheken, kommunale Einrichtungen und Archive mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben, hat die NRW-Landesregierung 2017 das landesweite Verbundprojekt von Universitäts- und Landesbibliotheken (ULB) „Digitalisierung von historischen Zeitungen in Nordrhein-Westfalen“ mit einer entsprechenden Fördersumme aufgelegt. Unter der Federführung der ULB Bonn erfolgt die Sicherung der Zeitungsseiten bislang noch vom Mikrofilm, soll aber in der nächsten Förderphase (2023-2025) verstärkt direkt vom Original stattfinden.
Beim Blättern in den historischen Seiten entwickelt sich vor unseren Augen Gladbecker Zeitgeschichte anhand von Ereignissen, die zum Beispiel der „Gladbecker Zeitung“ berichtenswert erschienen, so wie der lange Artikel vom 6. Dezember 1910 über die feierliche Einweihung des neuen Amtshauses und heutigen Rathauses. Ehemals an der Hochstraße 4 gelegen, vermerkt der Text, „…daß noch friedlich nebeneinanderstehen: Gladbecks erstes Amtshaus, in dem Amtmann Korte 1885 die Geschäfte des Amtes übernahm, Gladbecks zweites Amtshaus, daß 1895 errichtet wurde, und Gladbecks neues Amtshaus“. Das alles „unter der kraftvollen und segensreichen Regierung unseres allergnädigsten Kaisers und Königs Wilhelm II.“.
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Ein ganz anderes Thema, das eher zum Schmunzeln verleitet, hält die Ausgabe vom 26. Juni. 1913 bereit. M.v.Suttner stellt im „wöchentlichen Moden-Bericht“ die passende Reisemode der Dame von Welt vor – mit folgendem Warnhinweis versehen: „Niemals lasse man sich zu aparten Nuancen verleiten, sofern nicht die Figur und das Atelier, in dem man arbeiten läßt, allererster Güte sind.“
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Ernst wurde es dann für die „Gladbecker Zeitung“, die im Zuge der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten ab 1933 zur „Gladbecker Volkszeitung“ wurde. Die Sprache veränderte sich zusehends, wie an einem Artikel vom 19. August 1936 zum Empfang des Gladbecker Box-Olympiasiegers im Fliegengewicht, Willi Kaiser, auf dem Marktplatz sichtbar wird. „Ganz Gladbeck war (…) voll jauchzender Begeisterung, daß Söhne der Stadt soviel für Volk und Vaterland hatten leisten können.“ Drei Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkrieges ist die Einstimmung auf das, was da kommen sollte, nicht zu überhören.
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Kaisers Box-Karriere war übrigens mit Kriegsausbruch beendet. Er kehrte erst 1949 aus der Gefangenschaft nach Gladbeck zurück.
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Dies sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie man sich – nunmehr gut lesbar dokumentiert – dem Gladbecker Alltag, den jeweiligen Politik- oder Sportereignissen durch die lokale Presseberichterstattung auf der Internet-Plattform www.zeit.punkt nrw historisch nähern kann. Auch für die Forschung oder für Menschen, die sich für die Geschichte ihrer eigenen Familie interessieren, bietet die Digitalisierung der oft schwer entzifferbaren Originale einen leichteren Zugang.