Gladbeck. Der ökumenisch in Gladbeck tätige Organist geht nach fast 50 Jahren in den Ruhestand. Er bleibt seiner Steinmann-Orgel aber weiter verbunden.

Mit dem letzten Tag im alten Jahr war es so weit, es endeten die 47 Jahre und vier Monate Dienstzeit von KantorMichael Oddei als nebenamtlicher Kirchenmusiker beim evangelischen Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten. Die „Königin der Instrumente“, die Orgel, Pfeifen, Register, Schwellwerke, Rückpositive, Spielschränke, Pedale und Tasten, das ist Oddeis Welt seit seinem zehnten Lebensjahr. 1967 hat er den ersten Unterricht bei Heinz Küper an der großen Klais-Orgel in St. Lamberti. „Evangelische Orgellehrer gab es damals hier in der Gegend nicht“, erzählt der gebürtige Kirchhellener.

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Der junge Organist war sehr begabt, bereits zwei Jahre später gab er sein Konzert-Debüt mit einem Werk von Georg Friedrich Händel. Nach dem Abitur am Ratsgymnasium 1975 in Gladbeck ging es zum Musikstudium an die Folkwang-Universität in Essen. Gleichzeitig erfolgte der berufliche Eintritt als Organist der Evangelischen Landeskirche Westfalen. Oddei finanzierte sich damit sein Studium selbst. Der Musiker absolvierte einen Abschluss im Lehramtsstudium, in den regulären Schuldienst wollte er aber nie, unterrichtet jedoch an der Musikschule das Fach Klavier.

Das musikalische Gesicht der Christuskirche in Gladbeck

Vielfältig tönender Arbeitsplatz: Kantor Michael Oddei an der Steinmann-Orgel in der Christuskirche.
Vielfältig tönender Arbeitsplatz: Kantor Michael Oddei an der Steinmann-Orgel in der Christuskirche. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Die Liebe zur Orgel bestimmte das Leben von Michael Oddei. Auf Meisterkurse in Harlem, in Alkmaar und in der berühmten Oude Kerk in Amsterdam und viele siegreiche Wettbewerbe folgte 1984 das Konzertexamen im Fach Orgel an der Folkwang-Universität. In den letzten zwanzig Jahren war Oddei das musikalische Gesicht der Christuskirche. Unzählige Konzerte hat er dort organisiert, die Chöre geleitet, natürlich die Gottesdienste gestaltet. Oddei ist schon seit Jugend ökumenisch orientiert, so gibt es eine Vielzahl von Kooperationen mit der katholischen Kirche. Auch jüngst beim Weihnachtskonzert der Musikschule in St. Lamberti bereicherte er mit der katholischen Kantorin Friederike Spangenberg mit zwei Cembali die Veranstaltung.

Eine besondere Herausforderung, aber auch ein besonderer Höhepunkt in seinem musikalischen Leben war der Umbau der Christuskirche und die damit zusammenhängende Grundsanierung der Steinmann-Orgel. Hier konnte man Oddei monatelang beobachten, wie er dem Orgelbauer Burkhard Klimke zur Hand ging. Pfeifen ausbauen, ordnen, putzen, das Gehäuse aus Tannen- und Fichtenholz säubern. Seine fundierten Kenntnisse des Instruments und sein handwerkliches Geschick machten ihn zu einem idealen „Assistenten“. Ohne Oddeis Einsatz wäre die Renovierung weitaus teurer geworden.

Oddei wird auf Honorarbasis an der Orgel weiterspielen

Im August 2022 gab es dann ein feierliches Konzert zur Wiedereinweihung des sanierten Instruments. Oddei spielte neben klassischen Orgel- auch Filmmusiken - er war immer schon ein interessierter „Crossover“-Musiker. „In diesem Instrument steckt viel Herzblut von mir“, sagt der Organist. Eigenes Geld ebenso, denn kurz vor Weihnachten baute er auf seine Kosten noch ein Röhrenglockenspiel ein. Das historische Element der Firma Wurlitzer aus dem Jahre 1921 hatte er zufällig entdeckt, es passte perfekt zu „seiner“ Orgel, er kaufte es kurzerhand.

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In Zukunft eine Christuskirche ohne Oddei an der Orgel? Für die meisten Gemeindeglieder wohl kaum vorstellbar, am wenigsten aber für den Organisten selbst. „Ich fühle mich topfit“, sagt Oddei. Im Kirchenkreis gibt es noch keinen Nachfolger, auch die kirchenmusikalische Struktur in naher Zukunft ist noch nicht entschieden, es steht eine Zusammenlegung mit Recklinghausen an. Gute Nachricht: Oddei wird so auf Honorarbasis weiterspielen, schon am kommenden Sonntag im Gottesdienst um 10 Uhr sitzt er wieder am Pult. Und eine lockere Konzertreihe, um die so aufwendig renovierte und wohlklingende Steinmann-Orgel ins rechte Licht zu setzen, plant er auch bereits. Gleichwohl er also nun ein bisschen mehr Zeit für seine weiteren Hobbys hat, zu Hause die Modelleisenbahn und in der freien Natur das Gravel-Bike, wird der fast 66 Jahre alte Michael Oddei kein klassischer Rentner sein, sondern eher in einen kreativen, musikalischen „Unruhezustand“ gehen.

Übrigens: Michael Oddei organisiert Privatführungen zum Thema Steinmann-Orgel in der Christuskirche. Interessierte können sich bei ihm zur Terminabsprache unter der Telefonnummer 02043-71066 melden.