Gladbeck. Flugrettungen mit Seilwinde werden landesweit über die Einsatzzentrale des DRK in Gladbeck koordiniert. Seit Mitte Mai bereits sechs Einsätze.

Denkt man an Gladbecks höchsten „Berg“, die Mottbruchhalde mit einer Gipfelhöhe von 88 Metern, dann mag es zunächst kurios klingen, dass das DRK in Gladbeck jetzt auch Einsatzzentrale für die Bergwacht in Nordrhein-Westfalen ist. Konkreter gesagt für die sogenannte Windenrettung. Diese bedeutet den Einsatz von speziellen Teams, die mit dem Hubschrauber starten und abgeseilt werden, um Menschen aus besonderen Notlagen zu retten. Rotkreuzleiter Wilhelm Walter erklärt die Hintergründe, und warum Windeneinsätze auch in Gladbeck oder dem Ruhrgebiet erfolgen können.

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„Zunächst hat die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal gezeigt, dass in der Region zu wenig Rettungshubschrauber mit Winden ausgestattet sind und ausreichend geschultes Personal zur Verfügung steht, um zügig Menschen aus Notlagen zu holen, die andere Rettungskräfte nicht so schnell erreichen können“, erzählt Wilhelm Walter. Entsprechend sei hier auch nachgerüstet worden. Mitte Mai haben die Bergwacht Westfalen-Lippe und die DRF-Luftrettung die neue Rettungswinde für „Christoph Dortmund“, stationiert am Flughafen Dortmund, in den Dienst gestellt. Der DRK Kreisverband Gladbeck sei dann als Einsatzzentrale angesprochen worden, „weil wir landesweit schon Erfahrung mit der Rund-um-die-Uhr-Alarmierung ehrenamtlicher Kräfte für die Rettungshundestaffeln der Kreisverbände haben“.

Aus der Einsatzzentrale erhält die Hubschrauberbesatzung ein erstes Lagebild

Der Leiter der Einsatzzentrale Holger Dohna und Disponent Thomas Schmidt haben das Einsatzgebiet fest im Blick.
Der Leiter der Einsatzzentrale Holger Dohna und Disponent Thomas Schmidt haben das Einsatzgebiet fest im Blick. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Denn dies sei ein weiterer wichtiger Punkt gewesen, dass das DRK in Gladbeck, ähnlich der Leitstelle der Feuerwehr, 24 Stunden auch für den häuslichen Notruf besetzt ist. Koordiniert werden hier auch verbandsweit die Einsätze für die Such- und Rettungshunde. Diese hätten stark zugenommen, nahezu täglich erfolge eine Anforderung. Auch mitten in der Nacht, häufig über die Polizei, weil eine Person vermisst wird und sich um deren Gesundheit gesorgt werde, „sei es, weil die kranke und demente Bewohnerin aus einem Altenheim verschwunden ist, oder ein junger Mann vermisst wird, der einen Abschiedsbrief mit Suizidabsichten hinterlassen hat“, so Walter. Im Computersystem des DRK Gladbeck seien die ehrenamtlichen Kräfte hinterlegt, die als Hundeführer mit ihren Tieren für die Flächensuche oder das Mantrailing ausgebildet seien, „die dann von uns für den Einsatz alarmiert werden“.

Möglicher Einsatzort für die Windenrettung per Hubschrauber: Ein Heißluftballon ist in eine Stromleitung gestürzt. Geschehen im Oktober in Bottrop 2018, dort wurden die unverletzten Passagiere noch durch die Höhenrettung abgeseilt.
Möglicher Einsatzort für die Windenrettung per Hubschrauber: Ein Heißluftballon ist in eine Stromleitung gestürzt. Geschehen im Oktober in Bottrop 2018, dort wurden die unverletzten Passagiere noch durch die Höhenrettung abgeseilt. © WAZ | Niewerth

Das Gleiche gelte jetzt für die ehrenamtlichen Kräfte, die für die Windenrettung ausgebildet sind. In der Gladbecker DRK Zentrale an der Europastraße in Brauck gehe die Alarmierung und Anforderung ein. „Wir schauen dann, welche Windenretter in der Nähe der Einsatzstelle wohnen oder arbeiten, die ihre Ausrüstung immer im Privat-Pkw dabei haben und verfügbar sind. Sie begeben sich dann an einen vorab festgelegten Abholpunkt, wo sie der Hubschrauber aufnimmt und zum Einsatzort fliegt“, erklärt der Leiter der Einsatzzentrale, Holger Dohna. Auf den Monitoren vor sich kann er etwa eine große Landkarte aufrufen, um das Einsatzgebiet auch topographisch einzusehen. Über einen anderen gibt er die bereits erhaltenen Einsatzdaten ein, die zum Beispiel eine erste Lagebeurteilung enthalten, um sie dann an die Luftretter weiter zu geben.

Windenretter wurden vergangenen Woche aus Gladbeck alarmiert

Anfang Juli haben Höhenretter der Feuerwehr Gladbeck die Bergung einer Person aus dem 130 Meter hohen Maschinenhaus des Windrads auf der Mottbruchhalde geprobt.
Anfang Juli haben Höhenretter der Feuerwehr Gladbeck die Bergung einer Person aus dem 130 Meter hohen Maschinenhaus des Windrads auf der Mottbruchhalde geprobt. © Steag | NN

Erst in der vergangenen Woche musste der Rettungshubschrauber „Christoph Dortmund“ am Abend mit einem Ehrenamtlichen zur Windenrettung Richtung Arnsberg starten, bestellt durch die Bergwacht Winterberg und koordiniert über die Leitstelle in Gladbeck.

Stichwort DRF-Flugrettung

Christoph 8 ist der erste zivile Rettungshubschrauber in Nordrhein-Westfalen, der mit einer Rettungswinde ausgestattet ist. Vom Flughafen Dortmund können in einem Radius von 60 Kilometern Notfallorte in maximal 15 Minuten erreicht werden. Die DRF Luftrettung mit Sitz in Filderstadt ist eine der größten Luftrettungsorganisationen Europas.

An 29 Stationen in Deutschland leistet die gemeinnützige Organisation Einsätze in der Notfallrettung und führt Verlegungsflüge von kritisch kranken oder verletzten Personen zwischen Kliniken durch. An elf dieser Stationen sind die Crews rund um die Uhr einsatzbereit, an vier Standorten kommen Hubschrauber mit Rettungswinde zum Einsatz.

In einem Steilgelände war eine Person verunglückt, zu der eine Notärztin und ein Bergretter abgeseilt wurden. Nach Erstversorgung gelang die Rettung via Winde, um den Patienten im Luftrettungssack zu einer Bochumer Klinik zu fliegen. Seit Mitte Mai sei dies bereits der sechste Einsatz mit Hubschrauber und Rettungswinde gewesen, informiert Dohna. Am 3. Juni war beispielsweise ein Paragleiter im Raum Höxter abgestürzt, am 23. Mai ein Waldarbeiter in Meschede verunglückt, wo dem Verletzten dank neuer Rettungswinde optimal schnell geholfen werden konnte.

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Die Ausbildung ehrenamtlicher Kräfte für die Windenrettung erfolge am Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung in Bad Tölz, der deutschlandweit einzigen darauf spezialisierten Einrichtung, „mit jährlichem Auffrischungslehrgang“, so Wilhelm Walter. Fast 20 Windenretter gebe es mittlerweile im Verbandsgebiet Westfalen-Lippe. Diese müsse man von den Höhenrettern unterscheiden, wie sie etwa bei der Feuerwehr Gladbeck (fünf ausgebildete Kräfte) im Einsatz seien, die noch Anfang Juli am neuen Windrad auf der Mottbruchhalde die Rettung aus 130 Metern Höhe geübt haben. Mit der Faustformel, so Walter, „dass die Höhenretter von unten ankommen, und die Windenretter von oben in das Einsatzgebiet gehen“.