Gladbeck. Der Regionen-Check fällt düster aus: Das Pleiterisiko ist zwar im Kreis und somit auch in Gladbeck rückläufig. Die Prognose aber eher schlecht.

2021 gab es im Kreis 13.270 Firmen, von denen 202 in die Pleite rutschten – das macht eine Ausfallrate von 1,52 Prozent. So lauten die Zahlen in der aktuellen Analyse des Regionenchecks, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform veröffentlicht hat. Immerhin: Das Pleiterisiko ist deutlich zurückgegangen – in Gladbeck und den anderen Städten des Kreises.

Denn im Jahr 2019 habe es noch bei 2,08 Prozent gelegen. Im Zuge der Corona-Pandemie hätten staatliche Eingriffe und massive Finanzhilfen die Wirtschaft gestützt. Trotz der erheblichen Einschränkungen in vielen Wirtschaftsbereichen und einer insgesamt schwachen Konjunkturentwicklung wurde eine Insolvenzwelle so unterdrückt – so zumindest die Erklärung von Creditreform.

Inkassodienstleister rechnet fürs laufende Jahr wieder mit stark steigenden Zahlen

Deshalb rechnet der Inkassodienstleister für das laufende Jahr auch wieder mit stark steigenden Zahlen, die fast das Niveau aus 2019 erreichen könnten. Allerdings sind die Pleiterisiken von Branche zu Branche unterschiedlich. Aber auch im gesamten Ruhrgebiet ist das Pleiterisiko deutlich höher als in anderen Landesteilen und nochmals höher als in anderen Bundesländern. Denn das Ausfallrisiko liegt bei über 1,50 (Höhe fürs Gesamt-Ruhrgebiet). Schaut man nach Thüringen (0,72) oder Bayern (0,9), wird deutlich, wie viel besser es andernorts aussieht. Lediglich in Berlin (1,85) und Bremen (1,56) sieht es düsterer aus.

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Die bittere Nachricht: Der Kreis Recklinghausen steht sogar noch schlechter da. Schlechter als der ruhrgebietsweite Durchschnitt von 1,50 Prozent ist der Wert nicht nur im Vest, sondern auch in Bochum, Oberhausen, Gelsenkirchen, Herne, Duisburg und Bottrop. Besser stellen sich Dortmund, Essen, Mülheim an der Ruhr, der Ennepe-Ruhr-Kreis und der Kreis Unna dar. In Herne ist es sogar trotz Coronahilfen schlechter geworden im Vergleich zu 2019. Es gab einen Anstieg von 0,6 Prozentpunkten.

Gute Karten haben in der Region die Unternehmen in der Land- und Forstwirtschaft

Doch zurück ins Vest. Gute Karten haben in der Region die Unternehmen in der Land- und Forstwirtschaft mit einem sehr geringen Pleiterisiko von 0,43. Auf der anderen Seite steht die Branche „Verkehr und Lagerei“, wo das Risiko überproportional hoch ist mit einem Wert von 2,96 Prozent. Ähnlich hoch ist das Risiko im Gastgewerbe (2,87) und bei der Kunst, Unterhaltung und Erholung (2,64). Die meisten Pleiten im Kreis Recklinghausen gab es jedoch im Handel mit 47 Ausfällen. Allerdings existieren in dieser Branche auch die mit Abstand meisten Firmen: insgesamt 2.842. Dadurch liegt das Ausfallrisiko „nur“ bei 1,65.

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Auffallend ist darüber hinaus, dass Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Million Euro im Jahr deutlich weniger von einer Pleite betroffen sind als kleinere. Das gleiche gilt für Personengesellschaften (haften auch mit ihrem Privatvermögen) im Vergleich zu Kapitalgesellschaften wie einer GmbH oder GmbH und Co. (Haftung erstreckt sich ausschließlich auf das Vermögen des Unternehmens, welches von den Gesellschaftern zur Verfügung gestelltwird). Mehr als 85 Prozent der Pleiten gab es in Firmen, die weniger als 500.000 Euro Jahresumsatz auswiesen.

Eine Prognose für 2022 ist nicht ganz einfach

Die Entkoppelung des Insolvenzgeschehens von der aktuellen Wirtschaftslage durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen erschweren eine Prognose für 2022 ebenso wie die anhaltenden Probleme durch Corona und die außerdem hinzugekommenen Einschläge durch den Ukraine-Krieg. Auch weitere Effekte, die mittelfristig nicht verschwinden werden, wirken laut Creditreform auf das Wirtschaftsleben: gestörte Lieferketten, steigende Energiepreise, eine anhaltende Inflation, enorme Umweltauflagen und mühsame Fachkräftesuche.

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Deshalb geht die Wirtschaftsauskunftei davon aus, dass aufgrund der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen der letzten Jahre eine Vielzahl von sogenannten Zombiefirmen existieren, die ohne diese Unterstützung nicht überleben könnten. Daher rechnet Creditreform mit einer deutlichen Erhöhung des Insolvenzrisikos in 2022.