Gladbeck. Die RAG hat die aufwändige Sanierung der brennenden Moltkehalde in Gladbeck gestartet. Es ist nicht die erste Maßnahme, um der Glut beizukommen.
Der meiste Bewuchs ist bereits gerodet, Ende Januar soll die Westflanke der brennenden Moltkehalde an der B 224 in Gladbeck komplett freigeschnitten sein. Dann ist der Auftakt für die erneute Sanierung der seit langem problematischen Moltke-Bergehalde, der heißesten Halde Deutschlands, getan. Zwei weitere Schritte folgen, um dem Schwelbrand im Innern der Halde (an manchen Stellen bis zu 350 Grad heiß) beizukommen – insgesamt eine aufwändige Aktion und logistische Herausforderung, so RAG-Sanierungsmanager Ulrich Ostrawsky. „Das ist kein Kerze-Auspusten.“
Noch im März soll die Verrohrung des benachbarten Wittringer Mühlenbaches beginnen, um so Platz für einen breiteren Haldenfuß zu schaffen. Der ist auf einer Länge von rund 400 Metern nötig, um die Massen an Bodenmaterial, die auf die Westflanke der Halde geschüttet werden, aufzufangen. Mit dem Abdecken weiträumiger Flächen – die eigentliche Sanierungsmaßnahme – soll die Sauerstoffzufuhr ins Innere der Halde gestoppt und so letztlich der Schwelbrand erstickt werden.
Lesen Sie auch:
- Knöllchen. So viel Geld spülten Corona-Verstöße in Gladbecks Stadtkasse
- Corona. Kreis mit niedrigster Inzidenz in NRW: Das sind die Gründe
- Spaziergänger. Gladbecker stellen „Lichterkette“ gegen Corona-Demonstranten
- Corona. Corona: Diese Schulen in Gladbeck sind aktuell betroffen
- Corona. Ungeimpftem Personal in Gladbeck droht Kündigung
- Corona. Krankenpflegerin aus Gladbeck schlägt Alarm: Kaum Personal
140.000 Kubikmeter Erdmaterial soll die Glut in der Halde ersticken
Die gesamte Operation wurde quasi generalstabsmäßig geplant und wird immer noch abgestimmt, da sich die RAG Montan Immobilien, die im RAG-Konzern für die Halden zuständig ist, mit der Emschergenossenschaft (wegen des Mühlenbaches), mit der neuen Bundesautobahn GmbH (wegen der Planung der A 52) und mit der Stadt (wegen der Anbindung des Gewerbeparks Brauck) absprechen muss. Das Ganze passiere, so Ostrawsky, obendrein auf kleinstem Raum zwischen B 224, Kösheide und Gewerbepark, wo sich die Firmen an der Nordseite bis direkt an den Haldenfuß schmiegen. All das stelle entsprechende Anforderungen an die Bauausführung und Logistik.
Schließlich werden bei der Sanierung große Teile der Westseite meterdick mit 140.000 Kubikmetern Erdmaterial (im unteren Teil bis zu 26 Meter stark) abgedeckt, was den Haldenfuß 25 bis 28 Meter breiter macht. Aufakt soll im Juni sein. Neun Monate wird das Aufbringen der Erdschicht dauern – immerhin sind dazu 15.000 Lkw-Ladungen erforderlich. Die Maßnahme wird sich also bis ins nächste Jahr hinein ziehen. Nicht jeder Mutterboden, so Ostrawsky, ist übrigens für die Abdeckung geeignet. „Das muss schon einer sein, der gut verdichtbar ist, am besten mit einem hohen Tonanteil.“ Um die Belästigungen für Anwohner gering zu halten, wird die Anlieferung von der Kösheide unmittelbar an der B 224 (gegenüber der Baumschule) erfolgen. Dazu wird eigens auch eine neue Zu- und Auffahrt zur Halde gebaut.
Schon Ende der 70er Jahre gab es erste Schwelbrände in der Halde
Diese aufwändige Sanierung ist nicht die erste an der Moltkehalde, um den Schwelbrand im Innern des Haldenkörpers zu ersticken. Noch fast frisch in Erinnerung ist der Kampf gegen die Glut auf der Ostseite in den Jahren 2013 und 2014, als auch die Spundwände an der Welheimer Straße gesetzt wurden. Mit ihnen wurde der Nattbach vor den Erdmassen geschützt, mit denen die Halde auch auf dieser Seite abgedeckt wurde. Auf etwa 20.000 Quadratmetern wurde damals eine neue Deckschicht auf die Halde aufgebracht, um den Warmbereichen im Halden-Inneren den Sauerstoff zu entziehen und um so etwaigen weiteren Selbstentzündungen vorzubeugen.
+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++
Der Kampf gegen die Glut begann aber schon Ende der 70er Jahre, als erstmals sichtbar wurde, dass sich die Halde selbst entzündet hatte. Damals kokelten auf der Süd- und Westseite selbst Bäume und Sträucher ab, stieg Rauch auf. Die Südwestflanke der Halde wurde zunächst mit einer Lehm-Spezialschicht abgedeckt, um die Brandherde zu ersticken. Darauf wurde massenweise Erdmaterial als Rekultivierungsschicht aufgebracht, an der Welheimer Straße mussten sogar einige Wohnhäuser weichen, weil sich bereits damals der Haldenfuß ausdehnte. Später wurden die Bereiche wieder begrünt. Diese Brandbekämpfungsmaßnahmen liefen über mehr als zehn Jahre.
Die Moltkehalde an der B 224 wurde von 1900 bis 1974 geschüttet
Grund für die Brandentstehung war, dass die Moltkehalde, die von 1900 bis 1976 meist vom benachbarten Bergwerk Moltke 3/4 bedient wurde, zu lose und zu steil geschüttet worden war mit einem entsprechend hohen Lufteinschluss. Außerdem hatte ein Großteil des Abraums – immerhin 4,5 Millionen Kubikmeter – einen starken Steinkohleanteil, so dass es unter dem anhaltenden Druck zur Selbstentzündung gekommen war. Ostrawsky: „Das ist bei neueren Halden wie bei der benachbarten Mottbruchhalde nicht der Fall, da durch technische Verbesserungen der Kohleanteil gesenkt und das Bergematerial beim Haldenaufbau deutlich stärker verdichtet wurde.“
Die Halde steht auf 17,9 Hektar Grundfläche und ist mit rund 65 Metern Höhe eine der höheren Halden im Ruhrgebiet. In den Folgejahren wurden ins Halden-Innere rund 39.000 Tonnen Baustoffe in die Brandbereiche eingebracht, um im Innern sogenannte Sperrriegel einzubringen, die das Ausbreiten des Brandes verhindern sollten. Zwischen 1995 bis 2005 folgten weitere Maßnahmen im Inneren der Halde, zwischenzeitlich sanken die Temperaturen, stiegen zuletzt auf der Westseite aber wieder deutlich an – so deutlich, dass eine weitere Sanierung notwendig wurde.
Eine von 250 Halden im Revier
Die Moltkehalde 1 ist eine von neun Halden in Gladbeck und rund 250 Bergehalden im Ruhrgebiet. Neun von ihnen haben eine „erhöhte Temperatur“ im Innern. Bei sieben schwankt sie zwischen 30 und 100 Grad. Die Moltkehalde ist mit Brandpunkten, die bis zu 350 Grad aufweisen, die heißeste, gefolgt von einer Halde in Dinslaken mit Temperaturen, die knapp darunter liegen.Selbstentzündungen treten nur in Halden mit hohen Kohlenresten auf. Diese Problematik gibt es erst, seitdem Kohle maschinell gefördert wurde. Als noch per Hand abgebaut wurde, haben die Kumpel unter Tage darauf geachtet, möglichst nur Kohle abzuhauen. Aus alter Zeit gibt daher auch nur wenige, und wenn, dann kleine Halden (etwa die kleinen Moltkehalden an der Steinstraße).Mit dem maschinellen Abbau änderte sich das: Der Hobel unterschied nicht zwischen Kohle und Berg. In den neuen Kohlenwäschen über Tage wurden Kohle und Berge getrennt. Lange nicht gut genug – so fiel nicht nur deutlich mehr Abraum an, sondern es landete auch viel Kohle auf der Halde. Mit dem technischen Fortschritt und der Effizienzsteigerung bei der Kohlegewinnung änderte sich das zuletzt.