Gladbeck/Gelsenkirchen/Essen. Sechs Männer aus Gladbeck und Gelsenkirchen sind vorm Essener Landgericht angeklagt. Die Vorwürfe: Geiselnahme, Todesdrohungen, brutale Gewalt.

Es war ein regelrechtes Rollkommando, das Anfang letzten Jahres in der Wohnung einer 31-jährigen Frau aus Essen-Katernberg aufgetaucht ist. Ganz vorne mit dabei: der eigene Vater, ein Onkel und ein Cousin. Es ging um eine Frage der Ehre.

Seit Freitag beschäftigt der Fall das Essener Landgericht. Die Vorwürfe: Geiselnahme, Todesdrohungen und noch dazu brutale Gewalt. Sechs Männer aus Gladbeck und Gelsenkirchen sitzen auf der Anklagebank – sie haben türkische Wurzeln.

Was die Familie nicht akzeptieren wollte: Die 31-Jährige war noch verheiratet

Laut Anklage hatten sie es auf den heimlichen Freund der jungen Frau abgesehen. Ein Spanier, von dem lange Zeit wohl keiner etwas wusste. Was die Familie nicht akzeptieren wollte: Die 31-Jährige hatte sich zwar von ihrem Mann getrennt, war aber noch verheiratet. „Einen Freund zu haben, war eine Situation, die der Vater nicht akzeptiert hat“, sagte der Onkel jetzt zum Prozessauftakt vor der 17. Strafkammer des Essener Landgerichts.

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Der Spanier war am 19. Februar 2020 mit dem Flugzeug nach Deutschland gekommen. Seine Freundin hatte ihn vom Flughafen abgeholt. Die beiden waren kaum in ihrer Essener Wohnung angekommen, da klingelte es auch schon an der Tür. Vor allem der Onkel hat mehrfach auf den Spanier eingeschlagen – direkt ins Gesicht. Es floss sofort Blut.

„Dem Jungen sollte Angst gemacht werden“

„Dem Jungen sollte Angst gemacht werden“, so der 50-Jährige bei seinem Geständnis. „Er sollte wieder in einen Flieger gesetzt werden und nicht mehr zurückkommen.“ Genau so dramatisch ging es dann auch weiter. Der Spanier wurde in ein Auto verfrachtet, die Fahrt ging nach Holland. Zuvor soll dem Entführungsopfer ihm noch diese Drohung mit auf den Weg gegeben worden sein: „Wenn Du wiederkommst, wirst Du umgebracht.“

Geständnisse angekündigt

Auch die anderen fünf Angeklagten haben Geständnisse angekündigt.Der Prozess vor dem Landgericht in Essen wird fortgesetzt.

Irgendwo in der Nähe von Amsterdam – an einem dunklen Ort – sollen dann zwei andere Männer die Sache übernommen haben. Sie sitzen nicht mit auf der Anklagebank in Essen. Die Männer sollen aus dem Umfeld des Ehemanns der 31-Jährigen stammen, der damals in den Niederlanden lebte. Auch sie müssen noch einmal brutal zugeschlagen haben.

Vor Gericht ist der Onkel der Frau offenbar voller Reue

Der Spanier war dann tagelang nicht auffindbar. Er muss einfach liegengelassen worden sein. Bis er sich schließlich selbst aufraffte, um Hilfe zu holen. Am Freitag vor dem Landgericht ist der Onkel, der im Prozess als erster das Wort ergriffen hat, offenbar volle Reue. „Ich schäme mich, hier sitzen zu müssen“, sagte er den Richtern. „Ich hatte eigentlich die ganze Zeit schon ein mulmiges Gefühl.“ Vor allem, da er den Ehemann seiner Nichte überhaupt nicht leiden konnte. „Das war ein Diktator. Ich mochte ihn nicht.“

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