Gladbeck. Anwohner beklagen sich laut SPD Gladbeck über zu schnelle Autofahrer in Wohngebieten. Das sagen Polizei und Stadtverwaltung zu dem Thema.
Bürgerbeschwerden haben die SPD in Gladbeck auf den Plan gerufen. Der Vorwurf: Ausgerechnet in Wohngebieten halten sich längst nicht alle motorisierten Zeitgenossen an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die Sozialdemokraten konfrontierten die Stadtverwaltung jetzt im Fachausschuss mit der Problematik.
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Einerlei, ob Tempo-30-Zone oder Spielstraße – manche Menschen hinterm Lenkrad treten das Gaspedal mitunter zu weit durch. Bei der Kritik handelt es sich laut SPD nach eigener Anschauung keineswegs um heiße Luft, denn: „Durch Vor-Ort-Termine mit Anwohnerinnen und Anwohnern können wir diese Eindrücke bestätigen.“ Diese Rücksichtslosigkeit der „Bleifüße“ führe zu Unsicherheit. „Für Kinder, deren Risikoeinschätzung teilweise noch nicht vollständig ausgeprägt ist, sehen wir hier eine besondere Gefahr“, warnen die Sozialdemokraten. Dabei räumen sie durchaus ein, dass manche Stellen nicht unbedingt als spezielle Gefahrenpunkte in die Statistiken eingehen.
Knackpunkte sind in Gladbeck unter anderem die Horster Straße und Bottroper Straße
Es muss auch gar nicht erst ein Unfall passieren, damit zum Beispiel die Polizei bestimmte Orte ins Visier nimmt, versichert Annette Achenbach. Die Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen sagt: „Wir führen in Gladbeck regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen durch.“ Knackpunkte können die erfahrenen Fachleute aus dem Ärmel schütteln: Horster Straße, Bottroper Straße, Land- und Mittelstraße. Das sind Strecken, auf denen Menschen mit ihrem fahrbaren Untersatz gerne mal allzu flott unterwegs sind. Annette Achenbach erläutert: „Da stehen die Kollegen regelmäßig und kontrollieren.“ Auf so hoch frequentierten Straßen, wie die beispielhaft genannten vier es sind, steige durch ein paar Stundenkilometer zu viel die Unfallgefahr.
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Ein hohes Risiko bestehe auch im Umfeld von Schulen und Kinderbetreuungsstätten. Die Polizeisprecherin: „Dort haben wir regelmäßig Schwerpunktkontrollen – nicht etwa nur zum Schulanfang.“ Und selbst nach Ankündigungen dieser Überwachungen müssen die Einsatzkräfte etliche Anzeigen schreiben. Achenbach: „Die Kontrollen sind wirklich zielführend, denn es kann viel passieren, wenn jemand zehn, 20 Stundenkilometer zu schnell fährt.“ Hinweise und Klagen aus der Bevölkerung nehme die Polizei ernst: „Wenn sich die Beschwerden häufen, gehen wir der Sache nach.“ Schließlich „ist unser Ziel, Unfälle zu vermeiden“.
Immer wieder werden in Gladbeck Beobachtungen laut, dass gerade die Horster Straße ein beliebtes Pflaster für PS-Protze sei, die in halsbrecherischer Manier über den Asphalt donnern – eine Ansicht, die auch die Politik im Ausschuss teilte. Polizeisprecherin Achenbach sagt nachdrücklich: „Eine Tuner-Szene haben wir in Gladbeck nicht.“ Aber auch Raserei in nicht aufgemotzten Karossen kann nicht nur lebensgefährlich, auch für Unbeteiligte, werden, sondern ebenso teuer. Wer erwischt wird, muss mit einer Anzeige rechnen. „Als illegales Rennen gilt auch, wenn man allein mit massiver Geschwindigkeit ohne Gegenspieler fährt“, stellt Annette Achenbach klar.
Gladbecks Beiordnete Linda Wagner betonte im Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und Feuerwehr: „Wir wollen die Problematik nicht kleinreden, aber sie ist von subjektiver Wahrnehmung geprägt. Gladbeck ist nach objektiver Sicht der Verwaltung keine Raser-Stadt!“
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Bei Hinweisen aus der Bevölkerung komme ein Radarwagen zum Einsatz, um die Beschwerden zu überprüfen. Ein Seitenradarwagen zeichne ein genaues Bild der Verkehrssituation. So seien beispielsweise an einem Tag im Zeitraum von 16 bis 20 Uhr an der Steinstraße „keine 20 Überschreitungen“ registriert worden. Also würden keine Maßnahmen ergriffen. An der Beethovenstraße hingegen „haben Messungen einen Handlungsbedarf bestätigt“. Verstöße gegen das Tempolimit wurden geahndet.
Blick auf die Stadtplanung
Insbesondere Menschen, die an Anliegerstraßen wohnen, ärgern sich über Durchgangsverkehr – erst recht über die Missachtung von Tempobegrenzungen. Verschwenkungen, Verengungen und Kurven: „Dadurch werden Geschwindigkeiten automatisch reduziert“, so Martin Stork, Leiter der Abteilung Stadtplanung im Amt für Planen, Bauen und Umwelt. Durch Engstellen werde das Tempo gedrosselt.
Mehr noch: „Ein weiterer Nutzen ist, dass mehr Raum für Fußgänger zur Verfügung steht.“ Der Experte: „Wir schauen nicht allein auf die Geschwindigkeitsreduzierung, sondern auch auf die Verkehrsvermeidung an sich.“ Die städtischen Fachleute „verschaffen Anreize, sich aufs Fahrrad zu setzen oder zu Fuß´zu gehen“.
David Hennig, Pressesprecher in der Stadtverwaltung Gladbeck: „Wir teilen uns einen Radarwagen mit der Stadt Dorsten und können ihn an 25 Stunden je nach Bedarf nutzen.“ Der Seitenradarwagen sammle „Daten bei Beschwerden, die sich aber in 80 Prozent der Fälle nicht bewahrheiten“.
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Ein weiteres Instrument, das zur Einhaltung vom Geschwindigkeitsvorgaben führen soll: Displays, die die Verkehrswacht ebenfalls einsetzt, wie an der Horster Straße in der Nähe der Waldorfschule. „Bei den Smileys geht man reflexartig vom Gaspedal“, so Linda Wagner. Mit 3000 bis 3500 Euro schlage ein Exemplar zu Buche. Die Beigeordnete richtete sich an die Politik: „Wir würden uns freuen, wenn Sie uns den Auftrag erteilten, drei, sechs, neun Displays zu beschaffen.“ Diese Tafeln haben nach Wagners Ansicht einen erzieherischen Effekt. Doch manchmal scheint nur eine empfindliche Strafe Menschen zu einer Verhaltensveränderung zu bewegen: der Griff ins Portemonnaie. Die Beigeordnete: „Der Bußgeldkatalog ist deutlich verschärft worden.“