Gladbeck. Die katholische Kirche in Gladbeck verlor 2020 nur 145 Gläubige – deutlich weniger als zuletzt befürchtet. Dennoch ist Propst Müller in Sorge.
Die katholische Stadtkirche in Gladbeck verliert weiter an Gläubigen: Innerhalb eines Jahres schrumpfte die Zahl der Katholiken um fast 640 auf nun noch 25.190. Vor zehn Jahren zählte sie fast noch 30.000 Mitglieder. Maßgeblich für den Schwund im vergangenen Jahr waren laut Statistikauswertung des Bistums Essen aber nicht unbedingt die Kirchenaustritte, deren Zahl deutlich niedriger ausfiel als angenommen und befürchtet, sondern eher die demografische Entwicklung. Deutlich rückläufig waren coronabedingt die Gottesdienstbesuche. Propst André Müller bewertet gegenüber der WAZ die Entwicklung als „krisenhafte Gemengelage“.
Per Austritt haben 145 Menschen im vergangenen Jahr in Gladbeck der Kirche den Rücken zugewandt – deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Das hatte sich bereits im März durch Zahlen des Amtsgerichts Gladbeck angekündigt. 2019 waren es noch 169 gewesen, vor zehn Jahren knapp 350. Für den Rückgang machen aber selbst die Bistumsstatistiker weniger inhaltliche als vor allem bürokratische Gründe im Corona-Jahr verantwortlich: Weil viele Amtsgerichte, bei denen ein Kirchenaustritt erklärt werden muss, in den Corona-Lockdowns weniger Termine vergeben haben, dürften manche für 2020 geplanten Kirchenaustritte erst in der Statistik des laufenden Jahres auftauchen, heißt es.
Durch die Corona-Pandemie wurden noch weniger Kinder getauft
Propst Müller meint, erst einmal sei es positiv, dass die Austrittszahl angesichts der „Großwetterlage in der Kirche nicht in die Höhe geschnellt ist“. Aber der Chef der Großpfarrei St. Lamberti bleibt realistisch: Die Krise in der Kirche um die Missbrauchsfälle, ihre Aufarbeitung, die nur langsame Öffnung in der Kirchenhierarchie zehre an der Glaubwürdigkeit der Kirche. „Wir befinden uns in einem Transformationsprozess.“ Kirchliches Leben werde es weiter geben – aber anders, so Propst Müller.
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Seit langem befindet sich die Kirche in der Stadt wie im Bistum in der demografischen Klemme: Es sterben mehr Gläubige als junge Christen nachkommen. Das war auch 2020 so: Es gab 291 Bestattungen, aber nur 101 Taufen. Und gerade die Zahl der Taufen war wegen der Pandemie deutlich niedriger als in den Jahren zuvor: Noch 2019 waren 169 Kinder getauft worden. Propst Müller meint aber zu spüren, dass einige ausgefallene Taufen in diesem Jahr nachgeholt würden. Was allerdings nicht für Trauungen gelte: Die Zahl sank von 39 deutlich auf 15 im vergangenen Corona-Jahr. „Und von denen, die dennoch standesamtlich geheiratet haben, werden leider wohl nur die wenigsten die kirchliche Trauung nachholen.“ Zumal auch hier die Planungen in diesem Jahr weiterhin ungewiss bleiben.
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Die Zahl der Gottesdienst-Besucher ist um 30 Prozent gesunken
Sorgen bereitet Propst Müller aber auch die Entwicklung der Gottesdienst-Besuche. Durch Corona zeitweise abgesagte Gottesdienste, aber auch ein beschränkter Zugang, heilige Messen ohne Gesang und in Distanz zueinander führten offenbar zu einer weiteren Entfremdung der Gläubigen zu ihrer Kirche.
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Nachdem inzwischen fast wieder normale Gottesdienste stattfinden (siehe Kasten), liegt die Besucherzahl 30 Prozent unter der vor der Corona-Pandemie. Vor allem junge Familien, oft noch ungeimpft, seien wohl noch vorsichtig. Müller: „Vieles ist in der Kirche im Übergang, dem müssen wir uns stellen und versuchen, der Abwärtsspirale entgegen zu wirken.“
Gottesdienste fast wie gewohnt
In den katholischen Kirchen in der Stadt finden die Gottesdienste inzwischen, was die Messzeiten anbelangt, wieder wie vor der Pandemie statt. Es kann auch wieder gesungen werden – aber hinter der Maske. Der Mund-/Nasenschutz bleibt vorerst bestehen.
Auch der Abstand in den Kirchenbänken bleibt bis auf weiteres. Eine vorherige Anmeldung ist aber nicht mehr nötig, allerdings das Ausfüllen eines Zettels mit Kontaktdaten für eine mögliche Nachverfolgung. Für die Austeilung der Kommunion, ausschließlich als Handkommunion, desinfizieren sich Priester und Kommunionhelfer vorher die Hände.