Gladbeck. Neue Herausforderung für Gladbecker Schulen. Kinder, die zu Hause nicht gut lernen können, erhalten jetzt Hilfe in den Schulen.

Seit dieser Woche müssen die Schulen mit einer neuen Vorgabe des Schulministeriums NRW umgehen. Um Chancengerechtigkeit zu gewährleisten, muss die Notbetreuung in der Schule auf benachteiligte Kinder und Jugendliche ausgeweitet werden. Jede Schule ist gefordert, Kinder und Jugendliche aller Jahrgangsstufen (1-13), die zu Hause nicht effektiv lernen können, auszuwählen und ihnen Distanzunterricht im Schulgebäude anzubieten. So haben sich Gladbecker Schulen dazu aufgestellt:

An der Erich-Fried-Schule im Stadtsüden werden jetzt acht Kinder aus den unteren Jahrgängen in den beiden PC-Räumen der Hauptschule betreut. „Kinder, bei denen die Klassenlehrer schon registriert hatten, dass es mit dem Distanzlernen nicht so gut läuft“, sagt Schulleiter Peter Washausen. Schulsozialarbeiter würden sie jetzt vor Ort betreuen, da die Lehrkräfte ja den Distanzunterricht bewältigten. Der Rektor begrüßt, dass diese Möglichkeit vom Schulministerium eingeräumt wurde, „denn wir haben selbst aller größte Sorge, dass Kinder abgehängt werden, die im Distanzunterricht nicht gut mitkommen“.

Viele Gründe für Schwierigkeiten beim Distanzlernen zu Hause

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Schwierigkeiten in der Heimbeschulung hätten ganz unterschiedliche Gründe, wie fehlende Unterstützung durch die Eltern und geringe eigene Motivation, fehlende Rückzugsräume zum Lernen, „wenn die Kinder in einer großen Familie mit vielen Geschwistern und nur einer kleinen Wohnung leben“, oder wenn schlichtweg die technischen Voraussetzungen daheim fehlten. „Wir haben Schüler, die weder ein Handy noch einen Computer zuhause haben, oder keinen Internetzugang“, so Peter Washausen. „Grundsätzlich brauchen wir als Hauptschule den Präsenzunterricht und die Nähe zum Schüler“, unterstreicht der Rektor. Denn selbst, wenn über die Lernplattform im Distanzunterricht Aufgaben erledigt würden, „sehen wir ja nicht, wie das Ergebnis zustande gekommen ist. Ob der Schüler selbst, oder die Mutter oder der älterer Bruder die Aufgabe erledigt hat“.

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An der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule hat Direktorin Alrun ten Have die Eltern angeschrieben und über die erweiterte Betreuungsmöglichkeit an der Schule im Stadtnorden informiert. Zudem hätten Lehrer auch gezielt in Familien angerufen, wo Unterstützungsbedarf gesehen wurde. „Wir tun was wir können, um Kindern in schwieriger Lage eine Möglichkeit zu geben, an ihren Aufgaben zu arbeiten“, unterstreicht die Schulleiterin. Dazu sei ein kleiner Wochen-Stundenplan für den Informatikraum erstellt worden, mit Betreuungsmöglichkeiten von wechselweise je fünf Schülerinnen und Schülern von 8 bis 10, 10 bis 12 und 12 bis 14 Uhr. Das Ganze sei „gut angelaufen“.

Der Distanzunterricht stößt in der Praxis an Grenzen

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An der Werner-von-Siemens-Realschule haben die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer nach der Ausgabe der Zwischenzeugnisse die Eltern zur Situation ihrer Kinder angerufen. Einige Schüler seien dann auch aktiver geworden, die man sonst nur sehr schwer für den Distanzunterricht daheim habe motivieren können, so Rektor Daniel Kroll. In diesem Zusammenhang seien auch 15 Schülerinnen und Schüler zur erweiterten Notbetreuung des Distanzlernens an der Schule eingeladen worden, zwölf hätten das Angebot angenommen. „Sie werden von Lehrern betreut und geben seit dieser Zeit auch Aufgaben ab“. Die bisherige Erfahrung mit dem Distanzlernen zeige, dass es viele Schülerinnen und Schüler gebe, „die ganz klar die geregelte Struktur des Präsenzlernens an der Schule brauchen“. Man müsse sich generell auch klar machen, „dass die Heimbeschulung für das Lehrerkollegium Grenzen hat“. Rektor Kroll nennt dazu ein Beispiel: „Wenn ein Lehrer an einem Tag an fünf Zeitschulstunden wechselnde Klassen mit rund 30 Schülern online betreut und Aufgaben zur Bearbeitung vorgibt, dann hat er am Ende des Tages 150 Rückmeldungen.“ Jedes Ergebnis detailliert mit dem Schüler zu besprechen, dafür reiche die Zeit nicht aus. Man habe an der Realschule so eine Strategie entwickelt, „jeweils pro Lerngruppe drei bis fünf der bearbeiteten Aufgaben für eine detaillierte Rückmeldung herauszugreifen“.

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Rund 300 Schulkinder in Notbetreuung

Das Schulamt der Stadt fragt zweimal wöchentlich die Inanspruchnahme der (Not-)Betreuung an den Schulen ab. Dabei sei ein minimaler Anstieg an Kindern zu bemerken, so David Hennig von der Pressestelle der Stadt. Der Prozentsatz der Inanspruchnahme ist in dieser Woche von 3,0 auf 3,6 Prozent angestiegen.

Mit Stand Montag (1. Februar) sind 301 Kinder von rund 8.391 Schülerinnen und Schülern in Gladbeck in der Notbetreuung, davon jedoch nur 30 an den acht weiterführenden Schulen. David Hennig: „Das sind an den weiterführenden Schulen insgesamt acht Kinder mehr als in der Vorwoche.“

An der Wittringer Schule in der Stadtmitte ist das Distanzlernen an der Schule schon längst geübte und bewährte Praxis. „Wir haben schon mit dem Start ins neue Schuljahr begonnen, Studyhalls (Studiensäle) einzurichten“, berichtet Rektor Arne Vesper. Dieses Distanzlernen an der Grundschule wurde zunächst vom Team der Offenen Ganztagsschule übernommen, das auch die Notbetreuung stemme. Die Klassenlehrerinnen und -lehrer hätten zuvor Prioritätenlisten erstellt, welche Kinder dafür in Frage kommen. Pro Jahrgang seien so Studyhalls für zwei Kleingruppen mit je vier Kindern eingerichtet worden, „die für zwei Stunden am Tag zur Lernbegleitung in die Schule kommen“. Mit dem neuen Erlass seien es jetzt mehr Gruppen geworden, „die auch von Schulsozialarbeitern, Religionslehrern, Sonderpädagogen, Seiteneinsteigern und Schulhelfern betreut werden“.

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An der Mosaikschule in Butendorf nehmen die Lehrerinnen und Lehrer mit den Familien und Kindern ihrer Klasse wöchentlich Kontakt auf. „Dadurch wissen wir, wie die Situation in den Familien ist und wo der Schuh drückt“, sagt Rektorin Ute Kirsten. Viele berichteten, „dass durch den Distanzunterricht die Situation zuhause emotional stark angespannt ist“. Viele Eltern fühlten sich am Ende ihrer Kräfte. An der Grundschule sei die Notbetreuung mit 20 Kindern gestartet, „die dann mittlerweile auf 40 Kinder angewachsen ist“. Mit dem erweiterten Angebot des Distanzlernens an der Grundschule seien, „diese Woche sieben Kinder hinzu gekommen“. Lehrerkollegium, Eltern und Kinder seien sich einig, sagt Ute Kirsten: „Alle hoffen, dass der Distanzunterricht bald zu Ende ist, mit dem Wunsch, eventuell schon Mitte des Monats zumindest zum rollierenden Wechsel-System eines Präsenzunterrichtes mit je halber Klassenstärke zurückzukehren“.