Gladbeck. Zwei Menschen liegen im St. Barbara-Hospital in Gladbeck auf der Intensivstation und müssen beatmet werden. Viel Betrieb in den Hausarztpraxen.
Der Inzidenzwert in Gladbeck kratzt am Mittwoch an der Marke von 300, liegt bei 292,3. „Die Zahlen in Gladbeck sind in der vergangenen Zeit explodiert“, so Dr. Heinz-Dieter Oelmann, Ärztlicher Direktor des St. Barbara-Hospitals. Der Mediziner und auch Hausärzte gehen davon aus, dass die Infektionsfälle in den kommenden Wochen weiter zunehmen werden. So ist die Lage im Krankenhaus und in den Arztpraxen aktuell.
13 Patienten mit Covid-19 liegen derzeit im St. Barbara-Hospital. Zwei befinden sich auf der Intensivstation und müssen beatmet werden. „Aufgrund der steigenden Zahlen überlegen wir nun, zwei weitere Intensivbetten für Corona-Patienten freizuziehen“, sagt Oelmann. Je nach Lage könne die Situation angepasst werden.
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Oelmann: Die zweite Welle ist heftiger
Die Mitarbeiter im Krankenhaus seien in ihren Abläufen deutlich routinierter als zu Beginn der Pandemie im März und April – und dennoch: „Die zweite Welle ist von den Zahlen heftiger als die Zeit im Frühjahr“, so Oelmann. Besorgt blicke er daher auch auf die kommenden Wochen. Er gehe davon aus, dass die Fallzahlen weiter zunehmen werden. „Wir sind auf das Verhalten der Bevölkerung angewiesen. Wenn die Menschen die Hygieneregeln wie Abstand halten und Maske tragen mehr beherzigten, hätten wir weniger Probleme“, sagt der Mediziner.
Die Toleranz in den Praxen sinkt
Von den Patienten wünscht sich Hausarzt Gregor Nagel mehr Verständnis. „Wenn die Arzthelferinnen nach ihren Vorstellungen nicht schnell genug arbeiten, werden bestimmte Menschen unleidlich. Auch die Toleranz der Wartenden untereinander ist geringer.“
Dabei stünden die Mitarbeiter an vorderster Front, hätten ein erhöhtes Infektionsrisiko. „Das kann man schon mal goutieren“, so der Mediziner.
Es gehe vor allem auch um Solidarität mit Älteren. Viele der Patienten im St. Barbara-Hospital seien über 70 Jahre alt, einige über 60. „Auch ein 32-Jähriger ist mal dabei.“ Manche Patienten kämen erst spät zur Behandlung ins Krankenhaus, wenn die Not schon deutlich ist. „Obwohl die Zahlen höher sind als im Frühjahr, ist von der Politik keine Reduzierung des Leistungsumfangs geplant. Das ist auch gut so.“ Es gebe weiter Patienten, die etwa an Krebs oder Multipler Sklerose erkrankt seien und behandelt werden müssten. „Im Frühjahr ist vieles liegen geblieben. Uns wäre es am liebsten, wenn wir es schaffen würden, geregelt weiter zu machen“, so Oelmann. Noch sei Platz für Notfälle. „Wir geben unser Bestes. Auch wenn die Lage für alle Beteiligten anstrengend ist.“
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Viel Betrieb herrscht derzeit auch in den Hausarztpraxen
Auch die Hausarztpraxen sind momentan voll. „Die Erkältungswelle ist unterwegs. Jeder mit Erkältungssymptomen gilt erst einmal als potenziell Infizierter, das erhöht den Aufwand enorm“, so Gregor Nagel, Mediziner im Hausarztzentrum Butendorf und Sprecher des Gladbecker Ärztenetzes. Sehr stark nachgefragt werde die Infektionssprechstunde, die einige Praxen samstags im Wechsel anbieten – und so den Regelbetrieb entlasten. Andererseits belasteten auch erkrankte Mitarbeiter den Praxisalltag. „Momentan häufen sich Erkältungen, aber auch Brech-Durchfälle.“
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Fünf bis sieben Corona-Neuinfektionen stellen die Mediziner im Hausarztzentrum Butendorf täglich fest. 40 bis 50 Tests stehen jeden Tag an. „Wir kriegen es noch hin“, so Nagel. Die meisten Infektionen, beobachtet der Mediziner, entstünden nach wie vor im familiären Umfeld. „Etwa wenn Familienmitglieder auch in größerer Runde zusammensitzen.“ Gefühlt seien die Verläufe der Erkrankungen im Moment etwas leichter. „Wir sehen aber auch schwere Verläufe und haben Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.“ Zudem sei jetzt zu beobachten, dass die Infektionen wieder verstärkt auf die Risikogruppe überschwappten.
„Noch nicht so richtig optimistisch“ blickt Nagel auf die kommenden Wochen, auch er erwartet weiter steigende Fallzahlen, ist besorgt. „Es ist aber abzuwarten, welchen Erfolg die Lockdown-Maßnahmen bringen, das wird in etwa zwei bis drei Wochen zu sehen sein.“