Recklinghausen. Soldaten des Versorgungsbataillons Unna und des Sanitätsregiments Rheine unterstützen die Corona-Kontaktnachverfolgung im Kreis Recklinghausen.
Optisch gibt es fraglos Unterschiede: Zwischen Kreishaus-Mitarbeitern in legeren Jeans und Pullis stechen die Bundeswehr-Soldatinnen und -Soldaten heraus. Dabei tragen sie schlicht ihre Arbeitskleidung, den Feldanzug im Design 5-Farb-Flecktarn. Er macht in Wald und Flur unsichtbar, ist aber eher auf den Gängen des Kreishauses Recklinghausen eher auffällig. Soviel dazu – inhaltlich aber ziehen Truppe und Zivilisten an einem Strang. Im Einsatz gegen einen unheimlichen Feind helfen aktuell 35 Soldaten dem Kreisgesundheitsamt bei der Nachverfolgung von Coronavirus-Infektionsketten und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) mit mobilen Testabstrichteams.
Nicht alle Tage ist ein Brigadegeneral im Kreishaus zu Gast, gestern nutzten der scheidende Landrat Cay Süberkrüb und Nachfolger Bodo Klimpel den Inspektionsbesuch von Torsten Gersdorf, um die Unterstützung durch Soldaten des Sanitätsregiments 4 (Rheine) und des Versorgungsbataillons 7 (Unna) vorzustellen. Die Bundeswehr misst der Hilfe vor Ort demonstrativ hohe Bedeutung bei – Gersdorf ist Kommandeur des Landeskommandos in Düsseldorf, der obersten territorialen Kommandobehörde in NRW: „Wir haben es mit einer enormen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung tun – es ist zwölf Uhr. Schon im Frühjahr haben wir ein Unterstützungskontingent von 15.000 Soldatinnen und Soldaten für die zivil-militärische Zusammenarbeit aufgestellt. Zurzeit unterstützen 490 Soldaten 23 Gesundheitsämter – ich kann versichern, dass wir weitere Kräfte bereithalten.“
Brigadegeneral zu Besuch im Kreishaus
So sieht es aktuell im Kreis Recklinghausen aus: Fünf mobile Bundeswehr-Abstrichteams mit je einem medizinisch ausgebildeten Sanitäter, einem Soldaten für die Dokumentation und einem Fahrer sind unterwegs, um vom Gesundheitsamt veranlasste Tests durchzuführen. Vor einer Woche stiegen zehn Soldaten in die Kontaktverfolgung ein, gestern kamen weitere zehn, 55 sollen es insgesamt werden. Dass die Unterstützung gestaffelt antritt, ist gewollt. Auch sie braucht Computer, Telefone, Leitungen, muss in die Nachverfolgungssystematik eingewiesen werden. „Die Soldatinnen und Soldaten haben sich sehr schnell eingearbeitet, uns freut besonders, dass Sprachkenntnisse vorhanden sind, die über deutsch und englisch hinausgehen“, berichtet die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Jutta Hullmann, dass zivil-militärische Zusammenarbeit auch zwischenmenschlich funktionieren kann.
Dr. Richard Schröder, Fachbereichsleiter Gesundheit skizziert, dass von aktuell 1557 Infizierten 123 im Krankenhaus liegen, zwölf intensivmedizinisch behandelt werden. „Wir müssen leider davon ausgehen , dass sich Situation in den nächsten Tagen noch verschärft.“ Mehrfach wurde angesichts durch die Decke schießender Corona-Virusinfektionen über Kontrollverluste in der Kontaktkettenverfolgung berichtet. Dr. Hullmann rechnet beispielhaft vor, was 100 gemeldete Neuinfektionen für derzeit 121 in Nachverfolgung Tätige bedeuten: Jeder „Positive“ muss informiert werden, ebenso durchschnittlich 15 Kontaktpersonen (in Einzelfällen waren es mehr als 100).
123 Corona-Patienten im Krankenhaus
Zudem sind betroffene Schulen, Kindergärten, Firmen abzutelefonieren. Dabei sind Kontaktlisten oft unleserlich, Telefonnummern fehlerhaft oder gar nicht erst vorhanden. „Man kommt leicht auf 1700 Telefonate am Tag – und da reden wir nur über von uns veranlasste Tests. Nicht inbegriffen sind Rückrufwünsche oder Fälle, die uns von Ärzten oder Laboren gemeldet werden“, so Hullmann. Im Landrats-Wahlkampf waren Süberkrüb und Klimpel Konkurrenten, gestern traten sie einmütig auf. „Es ist wichtig, dass der Staat zeigt, dass er insgesamt funktioniert“, so Klimpel.
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