Gladbeck. Gladbecker Stadtteile sollen Wahlkreisen in Bottrop und Gelsenkirchen zugeschlagen werden und der bisherige Landtagswahlkreis 71 entfallen.
Kurz vor der Kommunalwahl werden jetzt Pläne öffentlich, die Gladbeck und die Landtagswahl im Mai 2022 erheblich betreffen. Grund: Das CDU-Innenministerium NRW hat eine Vorschlagsliste zur Neueinteilung der Landtagswahlbezirke vorgelegt. Demnach soll der bisherige Wahlkreis 71 (Recklinghausen III), der das Gladbecker Stadtgebiet und den Dorstener Süden umfasst, komplett gestrichen und Gladbecker Stadtteile sollen Wahlbezirken in Bottrop und Gelsenkirchen zugeschlagen werden. Seit 1947 hat der Landtagswahlkreis immer das komplette Gladbecker Stadtgebiet umfasst und er ist ebenso lange von SPD-Kandidaten gewonnen worden, aktuell von Michael Hübner.
SPD-Stadtverbandsvorsitzender Jens Bennarend sieht durch die CDU-Pläne eine deutliche Schwächung der politischen Einflussmöglichkeiten aus der Region auf Landesebene. „Denn sollte diese Katastrophe wahr werden, dann verlieren wir nicht nur einen Landtagsabgeordneten, der Gladbecker Interessen vertritt, sondern auch eine Stimme, der die Belange des Kreises Recklinghausens im Blick hat.“ Die Gladbecker SPD werde jedenfalls protestieren, auf Landesebene Druck machen „und sich auf keinen Fall mit diesem Plan abfinden“.
Auch CDU-Stadtverbandsvorsitzender Dietmar Drosdzol spricht aus Gladbecker Sicht von einem „unerfreulichen Vorschlag“, den man nicht klaglos hinnehmen und jetzt in der Gladbecker CDU und dann vor allem im Kreisverband besprechen müsse. Noch sei der Vorschlag auf Landesebene „ja nicht durch“.
Wahlkreise werden neu geordnet, wenn sich die Einwohnerzahl stark verändert hat
Dass die Notwendigkeit besteht, Wahlkreise neu zu ordnen, ist an sich nicht ungewöhnlich und immer dann der Fall, wenn die Einwohnerzahl sich um eine bestimmten Prozentsatz verändert. Ziel ist, wieder annähernd gleiche Bevölkerungsverhältnisse in den Wahlkreisen zu erhalten. Nach Vorgaben des aktuellen Landeswahlgesetzes ist das bislang bei einer Abweichung von 20 Prozent der durchschnittlichen Einwohnerzahl vorgesehen, die in den 128 Wahlkreisen bei ca. 120.000 Menschen liegt.
Dies soll sich nach dem Willen des Innenministerium NRW jetzt ändern. Es beruft sich auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW von Ende 2019, um die bisherigen Wahlkreiszuschnitte „erheblich zu modifizieren“. Denn es sei durch den Richterspruch jetzt grundsätzlich bei der Einteilung der Wahlbezirke „nur auf die Zahl der Wahlberechtigten und nicht mehr auf die Zahl der deutschen Einwohner abzustellen, die auch Minderjährige umfasst“. Zudem werde im Urteil eine Abweichungstoleranz von maximal 15 Prozent neu definiert.
Die Region hat seit Jahren einen Trend sinkender Wahlberechtigtenzahlen
Demnach würden zum 1. Januar 2022 landesweit 36 Wahlkreise eine entsprechende Abweichung aufweisen, darunter gelten im Gladbecker Umfeld Recklinghausen I (Wahlkreis 69) mit minus 19,4 Prozent und Gelsenkirchen II (WK 75) mit minus 24 Prozent als besonders kritisch. Das Ministerium argumentiert zu seinen Vorschlägen, dass die Region Kreis Recklinghausen, Gelsenkirchen und Bottrop „seit Jahren einen Trend sinkender Wahlberechtigtenzahlen“ verzeichne. Durch den Wegfall des Wahlkreises 71 könne „die Gesamtregion zukunftssicher“ mit gleichmäßiger Verteilung der Wahlberechtigten gestaltet werden.
Gladbecks Landtagsabgeordneter Michael Hübner sieht seine Befürchtungen bestätigt, „dass die CDU-geführte Landesregierung die Wahlkreise jetzt teils auch so zuschneidet, um bislang nur knapp behauptetet Wackel-Mandate besser abzusichern“. Das sei schon bei den ersten bekannt gewordenen Vorschlägen von MdL Josef Hovenjürgen zur Wahlkreisneuordnung vor einem Jahr deutlich geworden. Und der Generalsekretär der CDU NRW habe jetzt „wunschgemäß vom Parteifreund Innenminister Reul schwarz dominierte Bezirke zu seinem dann neuen Wahlkreis 72 Recklinghausen III zugeteilt bekommen“.
„Die Neuordnung sollte nicht von der Parteifarbe abhängig sein“
Die Neuordnung „sollte aber nicht von der Parteifarbe abhängig sein“, schimpft Michael Hübner, sondern sie müsse eine bestimmte Logik haben. Das habe Hovenjürgen selbst gefordert, der beklagt hatte, dass die Flickschusterei der städtedurchschneidenden Wahlbezirke die Arbeit der Abgeordneten verkompliziere. So stelle sich die berechtigte Frage, „warum man jetzt das Gladbecker Stadtgebiet vom Kreis Recklinghausen abschneidet, aufteilt und Gelsenkirchener und Bottroper Wahlbezirken zuschlägt“.