Gladbeck. NRW-Familienminister Joachim Stamp auf Wahlkampftour im Kreis: Der FDP-Politiker nutzte den Aufenthalt in Gladbeck zum Besuch der WAZ-Redaktion.
NRW-Familien- und Integrationsminister Joachim Stamp äußerte sich bei einem Besuch der WAZ-Redaktion Gladbeck am Montagmorgen zuversichtlich über das Abschneiden der Liberalen bei der anstehenden Kommunalwahl. „Die Aussichten sind recht positiv“, meinte der FDP-Landeschef. Auch in Gladbeck sei sicher „mehr drin“ als zuletzt, so der Minister. Michael Tack, FDP-Stadtchef und Bürgermeisterkandidat seiner Partei und bislang Einzelkämpfer im Rat, vernahm es mit Wohlwollen. Er selbst strebt bei der Stadtwahl am 13. September drei Mandate für seine Partei an.
Stamp schöpft Hoffnung aus dem „Linksruck der SPD“ und der „Öffnung seiner Partei für traditionell sozialdemokratische Wähler“, wie er betonte. Was eine künftige Zusammenarbeit der Liberalen mit anderen Parteien im neuen Rat anbelangt, hält sich Stamp mit Empfehlungen zurück. Grundsätzlich, so der Minister, sei eine Zusammenarbeit unter allen demokratischen Fraktionen vorstellbar, ausschlaggebend sollten Beurteilungen über Sachfragen sein. „Wenn man dann zwei oder drei wichtige Punkte in einem Kooperationspapier durchbekommt, dann ist das ok.“
Beim Thema Altschulden der Kommunen hält sich der Minister zurück
Beim Thema Stadtfinanzen verwies Minister Stamp, der auch stellv. Ministerpräsident ist, auf eine Reihe von Entlastungen hin, die den Städten durch Landeshilfen gewährt würden: Ausgleich von Gewerbesteuerausfällen im Zuge der Corona-Pandemie oder Geld für die Finanzierung von Flüchtlingen, das „auch Gladbeck sehr helfen wird“. Beim Thema Altschulden machte das Düsseldorfer Kabinettsmitglied einem möglichen Bürgermeister Tack wenig Hoffnung. „Darüber müssen wir zu einem späteren Zeitraum nochmal reden, wir können das Füllhorn nicht überall ausbreiten.“
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„Richtig zuschlagen“ könne auch Gladbeck noch bei dem Sonderprogramm des Landes zur speziellen Förderung von Schulkindern, das in den Sommerferien nicht ausgeschöpft wurde und noch bis Jahresende gelte, betonte Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP), der mit im Minister-Tross beim WAZ-Besuch war. Viele Kommunen hatten kritisiert, dass die Gelder zu kurzfristig bereitgestellt wurden. Richter verteidigte zudem die Maskenpolitik der Landesregierung an den Schulen, nach der ab dem 1. September im Unterricht der Mund-/Nasenschutz nicht mehr vorgesehen ist. Die Reduzierung der Infektionsrisiken und die geringen Fallzahlen an Schulen rechtfertigten eine solche
Vorgehensweise (siehe Kasten).
Minister Stamp mahnt beim Thema Corona mehr Souveränität an
Beim Thema „Corona“ mahnte der Minister mehr Souveränität an. „Wir sollten nicht mehr so angstbehaftet sein.“ Die Haltung der Bürger zu den Corona-Regeln sei von der jeweils eigenen Lebenssituation geprägt, so Stamp. „Wir müssen uns ernsthaft mit den Menschen auseinandersetzen, die durch die Pandemie einen Kollateralschaden erleiden.“ Viele litten unter Existenzängsten. Es drohe eine Spaltung der Gesellschaft.
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Das ist auch immer wieder beim Thema Integration von Migranten zu beobachten. Bei den vergangenen Wahlen hatte die AfD im Gladbecker Stadtsüden, in dem besonders viele Ausländer leben, hohe Ergebnisse erzielt. Um die Gräben in der Gesellschaft nicht größer werden zu lassen, sei es wichtig, nicht nur zuzugucken, so der Integrationsminister. „Bei denen, die sich integrieren, müssen wir großzügig sein und ihnen einen Integrationsstatus geben. Die anderen müssen konsequent abgeschoben werden“, so Stamp.
NRW-Landesregierung plant Case-Management für Flüchtlinge
Die Landesregierung sei dabei, ein Case-Management zu etablieren, um mit Hilfe einer Vernetzung von Institutionen und Behörden jeden Einzelfall zu betrachten und so Bedarfe aufzeigen und etwa erkennen zu können, an welchen Stellen es noch Defizite gebe, und wo weitere Hilfestellungen nötig seien. „Wir rollen das Case-Management nun landesweit aus“, kündigte Stamp an. Zunächst habe es zwölf Modellkommunen gegeben.
Kaum Corona-Fälle in den Schulen
Das Schulministerium rechtfertigt die Aufhebung der Maskenpflicht im Unterricht u. a. mit der geringeren Infektionsrate in NRW: Statt 45 Prozent wie vor einigen Wochen kämen derzeit nur 15 Prozent aller Corona-Infektionen in Deutschland aus NRW, so Schulstaatssekretär Mathias Richter. Ein weiteres Zeichen sei, dass „die Lehrer wieder da sind“: Nur noch 3,5 Prozent der Lehrer fehlten, „der Ausfall der Risikogruppen ist nur noch sehr gering“.
Lediglich fünf Schulen in NRW seien „für ein paar Tage“ wegen Corona-Fällen komplett geschlossen worden. 500 von 200.000 Lehrern seien in Quarantäne (gewesen), 53 infiziert. Von 2,5 Millionen Schülern seien, so Richter, lediglich 570 seit Schulbeginn infiziert. „Unsere Infektionsschutzmaßnahmen greifen, es ist richtig, dass wir wieder im Präsenzunterricht sind.“