Gladbeck. Eltern haben vor dem Rathaus in Gladbeck eine Protestaktion organisiert. Darum halten sie die Maskenpflicht im Unterricht für eine Tortur.

Ob es an der Hitze lag? Zur Enttäuschung von Mitorganisatorin Sina Mind hatten sich nur etwa 70 Demonstranten am Dienstagvormittag vor dem Gladbecker Rathaus eingefunden. Die Veranstalter hatten auf mindestens 100 bis zu 300 Menschen gehofft, um gemeinsam gegen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Schulunterricht zu protestieren. An den weiterführenden Schulen ist das landesweit derzeit Pflicht, in Grundschulen kann davon abgewichen werden.

Auch Schulkinder waren bei der Demo vor dem Gladbecker Rathaus mit Protestplakaten dabei.
Auch Schulkinder waren bei der Demo vor dem Gladbecker Rathaus mit Protestplakaten dabei. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Es gehe nicht um eine grundsätzliche Ablehnung des Mund-Nasen-Schutzes, so Sina Mind, „sondern um die widersprüchlichen Entscheidungen der Landesregierung und die Tortur, die Schülerinnen und Schüler durch das verpflichtende Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu erleiden haben“. Zum Beispiel, dass im Unterricht Maskenpflicht gelte, „für die OGS-Gruppen dann am Nachmittag aber nicht, wo Kinder aus verschiedenen Klassen zusammenkommen“, nennt Mutter und Aktivistin Tanja Greulich ein Beispiel.

Eine Zumutung, bei diesen Temperaturen Schutzmasken im Unterricht zu tragen

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Auch Georg Voigt hat sich der Demo angeschlossen. Es sei doch eine Zumutung, bei diesen Temperaturen Schutzmasken im Unterricht zu tragen. Er selbst wisse aus eigener Erfahrung, „wenn man jetzt mit Bahn oder Bus drei Stunden unterwegs ist, und eine Schutzmaske trägt, ist man danach total fertig“. Die Unsicherheit in der Bevölkerung zur Sinnhaftigkeit der einfachen Schutzmasken sei groß, denn es gebe ebensoviele Statistiken und wissenschaftliche Gutachten, die diese befürworteten oder eben ablehnten.

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FDP-Bürgermeisterkandidat Michael Tack ist der Einladung zur Demo gefolgt. Er verteidigt das Vorgehen der FDP-Schulministerin und bittet um Verständnis. Er könne die Verunsicherung der Bürger verstehen, aber noch sei quasi nichts in Stein gemeißelt. Die Maskenpflicht im Unterricht werde ja nun erst mal bis zum 31. August ausprobiert. Danach werde anhand der Infektionsverlaufes bewertet, „ob es vernünftig war, und gegebenenfalls anders entschieden“.

Maskenpflicht, „um die Angst der Menschen zu beruhigen“

Für Jürgen Feldmann ist wissenschaftlich erwiesen, dass die oft selbst genähten Community- und leichten Einweg-Masken „keinen ausreichenden Infektionsschutz darstellen“. Es gehe also bei der Maskenpflicht viel darum, „die Angst der Menschen zu beruhigen“ und um eine Art Alibi der Politik, etwas getan zu haben. Olaf Jung, Bürgermeisterkandidat der Gladbecker Linken, steht am Rande der Demo. Er habe „Verständnis für den Protest der Eltern“. Klar sei für ihn, „dass Einschränkungen notwendig sind, solange kein flächendeckender Impfstoff gegen das Coronavirus da ist“.

Masken sind eine kleine Hilfe

Gladbecks Schuldezernent, Rainer Weichelt, unterstreicht, dass die Landesregierung die Vorschriften für den Unterricht mit Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen vorgegeben habe, „und die Stadt als der Schulträger da außen vor ist“. Gemäß repräsentativer Umfragen gebe es ebenso viele Eltern, die für wie gegen eine Maskenpflicht an Schulen seien.

Die Landesregierung habe nun diesen Weg in Zusammenarbeit mit Experten entschieden. Die Masken seien eine kleine Hilfe, da durch diese der Ausstoß von Atemaerosolen etwas eingeschränkt werde. Bei den derzeitigen Temperaturen sei es sicher anstrengend mit Masken im Unterricht zu sitzen. Auch Schüler müssten aber lernen, im Leben mit Anstrengungen umzugehen.

Maskenpflicht im Schulgebäude sei okay, aber nicht mehr zum Lernen in den Klassen. Ausreichend schützen würden sowieso nur FFP2- oder FFP3-Masken, „darunter ist aber noch schwerer zu atmen“. Der Landesregierung müsse Besseres einfallen, so Jung, „etwa durch Ausweitung des Unterrichts bis in den Nachmittag und Aufteilung der Klassen in kleinere Lerngruppen, so dass ausreichender Sicherheitsabstand ohne Masken möglich ist“.

Nach zehn Minuten mit Maske „das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen“

Schülerin Emely (14) berichtet, dass sie leichtes Asthma habe, „und mir fällt es sehr schwer, durch die Maske zu atmen“. Selbst die geliebten Shoppingtouren durch die Modeläden habe sie aufgegeben, „denn nach zehn Minuten unter der Maske muss ich raus, dann habe ich das Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen“. Sie kritisiert, im Schulunterricht verstehe man auch nichts, „was einer unter der Maske sagt“. Sie könne wie viele Gleichaltrige die Tragepflicht in der Klasse nicht nachvollziehen, „wenn wir danach alle zusammen zum Sportunterricht gehen, wo keine Maske getragen werden muss“.

Markus Kellermann, unabhängiger Bürgermeisterkandidat, unterhält sich angeregt mit Demo-Teilnehmern. Er will unterstützen, dass keine Maskenpflicht im Unterricht besteht, und ausreichend andere Schutzmaßnahmen getroffen werden. „Sicherheitsabstand und variable kostengünstige Spuckschutze, wie sie an den Pulten in der Lambertischule installiert werden sollen, finde ich da sinnvoll. Diese Elterninitiative sollte von allen Schulen aufgegriffen werden“.