Die Zahl der Katholiken und die der evangelischen Christen sank 2019 erneut deutlich. Immer weniger Gladbecker lassen sich christlich beerdigen.
Die beiden großen christlichen Kirchen in Gladbeck verlieren weiter Gläubige. Die katholische Kirche schrumpfte im vergangenen Jahr um mehr als 500 Gläubige auf 25.828 Mitglieder, die evangelische Kirche um mehr als 400 auf 17.437 Mitglieder. Gründe sind zunehmende Austritte, aber auch deutlich mehr Verstorbene als Getaufte, heißt es von beiden Kirchen.
Auffällig ist bei der katholischen Stadtkirche die Zahl der Austritte von 201, die deutlich über dem Vorjahreswert von 144 liegt. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 hatten 154 Gladbecker der katholischen Kirche den Rücken zugekehrt - das zeigt, wie drastisch der Sprung nun auf über 200 ist. Hier spiegele sich die anhaltende Diskussion über den Umgang der Kirche mit Missbrauchsopfern wider – da schließt sich Propst André Müller der bistumsweiten Einschätzung von Generalvikar Klaus Pfeffer an. „Es ist bitter zu sehen, dass es uns nicht hinreichend gelingt, die Aufarbeitung der unsäglichen Missbrauchstaten so entschieden und überzeugend voranzutreiben, um verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen“, so Pfeffer. Der Generalvikar sieht „mit großer Sorge“, dass vor allem junge Erwachsene aus der Kirche austreten.
Die demografische Entwicklung spielt auch eine entscheidende Rolle
Gleichwohl spiele auch die demografische Entwicklung eine Rolle. Die Zahl der katholischen Bestattungen in Gladbeck lag im vergangenen Jahr bei 301, die der Taufen bei 169. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich feststellen, dass die Zahl der Menschen, die sich katholisch beerdigen lassen, sinkt - 2018 gab es in der Stadt noch 357 solcher Bestattungen. „Das ist ein Zeichen der veränderten Trauerkultur“, so Propst Müller. Auf der anderen Seite stieg die Zahl der Taufen leicht - 2018 waren 162 gezählt worden. Unterm Strich bleibe ein deutlicher Sterbeüberhang.
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Generalvikar Pfeffer und Propst Müller betonen, das Christsein für den Menschen relevant sein müsse. „Das, was wir den Menschen von unserem Glauben erzählen und vorleben, muss mit dem konkreten Leben der Leute zu tun haben.“ Gerade in den zurückliegenden Wochen der Corona-Krise hätten viele in der katholischen Kirche „sehr wach auf die Sorgen und Nöte der Menschen in ihrer Nachbarschaft geschaut und mit tollen Aktionen reagiert, sei es mit attraktiven Online-Gottesdiensten, einem offenen Ohr am Telefon oder tatkräftiger Hilfe beim Einkaufen“, heißt es.
Auch die evangelische Kirche verzeichnet viele Austritte
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Ähnlich wie in der katholischen Stadtkirche stellt sich die Entwicklung in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Gladbeck mit ihren drei Standorten dar. Die Zahl der Austritte stieg von 137 (in 2018) auf 151 im vergangenen Jahr. Die evangelischen Bestattungen sanken von 275 von 268. Getraut wurden nur noch 27 Paare – 2018 waren es noch 40 gewesen. Gestiegen ist dagegen die Zahl der Taufen von 102 auf 128. Und 25 Menschen fanden wieder den Weg in die evangelische Kirche (2018: 18).
Pfarrer Martin Schäfer, stellv. Presbyteriumsvorsitzender, findet die Austrittszahlen „erschreckend“, sieht oft eine Entfremdung der Gläubigen als Grund für den Austritt, aber auch finanzielle Erwägungen spielten offenbar bei vielen eine Rolle. Das Plus an Taufen und Wiedereintritten sei, so Schäfer, „die Frucht der persönlichen Begegnung, des offenes Zugehens auf Menschen“.