Gladbeck. Selbst bei Schnupfen brauchen Kinder ein ärztliches Attest, wenn sie weiter in die Kita Wollen. Mediziner Kusserow hält das für nicht umsetzbar.
Mit leichtem Schnupfen oder einer laufenden Nase wegen Heuschnupfen in die Kita? Nicht, wenn es nach dem NRW-Familienministerium geht. Eine neue Regelung sorgt unter Kinderärzten für Aufregung: Kinder mit möglichen Corona-Symptomen wie etwa Schnupfen dürfen erst wieder in die Kita, wenn sie per Attest gesundgeschrieben sind. Ärzte fürchten einen Ansturm auf die Praxen und deren Kollaps. Auch der Gladbecker Kinderarzt Dr. Stefan Kusserow kritisiert die Pläne, die er auf Dauer für nicht umsetzbar hält.
Dass Kusserow ein Kind krankschreibt, damit auch ein Elternteil zur Betreuung zuhause bleiben kann, ist in seinem Praxisalltag am Marktplatz nichts Ungewöhnliches. Eine Gesundschreibung allerdings schon. „Eine Krankschreibung ist ja durchaus sinnvoll. Eine Gesundschreibung als Gegenstück gibt es aber eigentlich nicht“, so der Kinderarzt.
„Da kommt eine Flut von Praxisbesuchen auf uns zu“
Per Attest die Gesundheit eines Kindes zu bestätigen, werde nur in Ausnahmefällen, etwa auf ausdrückliche Anfrage der Kita, gemacht. Die Pläne des NRW-Familienministeriums, ein Kind mit Symptomen wie Schnupfen oder nach einem Infekt nur mit einem Attest in die Kita schicken zu können, sieht Kusserow daher kritisch. „Da kommt eine Flut unnötiger Bescheinigungen und Praxisbesuche auf uns zu.“ Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass es sich bei einer solchen Gesundschreibung nicht um eine kassenärztliche Leistung handelt. Eltern müssen jeweils Gebühren für die Bescheinigung zahlen.
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Nach Bekanntwerden der neuen Regelungen habe er sich, so Kusserow, direkt mit dem Obmann für den Ärztezirkel Gelsenkirchen und Gladbeck in Verbindung gesetzt. Viele Ärztinnen und Ärzte sähen die Probleme der Verordnungen kritisch wie der Gladbecker Kinderarzt, der sich auch an die verantwortlichen Gladbecker Stellen wenden will. „Wir wollen uns dem entgegenstellen, diese Praxis verweigern und so Druck auf die Verantwortlichen ausüben, damit diese Regelungen zurückgenommen oder entsprechend geändert werden“, so Kusserow.
Eltern älterer Kinder können die Regelung nicht nachvollziehen
Handreichung des Ministeriums
Das NRW-Familienministerium regelt in einer Handreichung, wie der neue Kita-Betrieb ablaufen soll und betont in dem Schreiben: „Kinder dürfen generell nicht betreut werden, wenn sie Krankheitssymptome aufweisen. Die Art und Ausprägung der Krankheitssymptome sind dabei unerheblich.“
Um trotz Heuschnupfen oder nach einem Infekt wieder die Kita zu besuchen, „ist vor erneuter Aufnahme der Betreuung ein ärztliches Attest vorzulegen“. Weitere Informationen unter www.kita.nrw.de.
Auch Eltern mit älteren Kindern könnten diese Regelung nicht nachvollziehen. Viele rufen in Kusserows Praxis an und fragen, wie sie sich nun verhalten sollen. Der Kinderarzt hat Verständnis für die Verunsicherung: „Morgens gehen die Schulkinder in volle Klassen, für Kitas braucht es jetzt ein Attest und nachmittags sitzen sie hier mit Maske und Abstandsregeln. Diese unterschiedlichen Regelungen können auch die Eltern nicht nachvollziehen.“
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Selbstverständlich kümmert sich Kusserow weiter sorgfältig um seine kleinen Patienten, die auch durchaus als stille Überträger ihre Familienmitglieder mit dem Coronavirus anstecken können. Bisher habe er aber nur bei wenigen Kindern einen begründeten Verdacht gehabt und nur eine Corona-Infektion konnte nachgewiesen werden. „Natürlich kann es mal zu einer Infektion kommen und dann ziehen wir die Kinder auch aus dem Verkehr. Aber wegen jeder laufenden Nase eine Bescheinigung auszustellen, ist überhaupt nicht umzusetzen. Besonders, wenn die Erkältungszeit beginnt. Es ist nicht mein Ziel, das den ganzen Winter über machen zu müssen“, bekräftigt der Kinderarzt seine Haltung.
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