Gladbeck. Eltern aus Gladbeck protestieren gegen die Öffnung der Grundschulen zwei Wochen vor den Sommerferien. Ihre Kinder seien keine Versuchskaninchen.

„Kinder sind keine Versuchskaninchen!“ – Mit einem öffentlichen Hilferuf Richtung NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hat Sina Mind ihrem Ärger jetzt Luft gemacht. Sie protestiert schriftlich als Mutter zweier Kinder gegen die generelle Öffnung der Grundschulen am Montag, 15. Juni, nur zwei Wochen vor den Sommerferien. Dabei erhält die engagierte Gladbeckerin viel Zuspruch und Unterstützung anderer Eltern.

Gladbeckerin sagt, das Ansteckungs-Risiko für ihre Kinder sei noch zu groß

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Der 34-Jährigen ist das Risiko noch zu groß, um ihre Töchter Sophie (6) und Lena (8) jetzt schon in die Grundschule zu schicken. „Warum dieser vorschnelle Schulstart? Warum wird die weitere Entwicklung der Corona-Infektionszahlen nicht ruhig abgewartet und mit längerem Planungsvorlauf der Unterricht an den Grundschulen erst nach den Sommerferien aufgenommen?“, so ihre Fragen nach Düsseldorf. Ihre Kritik richte sich ausdrücklich nicht gegen die Grundschulen, unterstreicht Sina Mind. Sie wisse zum Beispiel, dass das Lehrerteam an der Lambertischule um Rektorin Cäcilia Nagel „eine tollen Job macht“. Dieses würde doch vom Schulministerium jetzt quasi im Regen stehen gelassen und müsste sehen, „wie sie den Kindern den Sinneswandel erklären – und wie sie die theoretischen Vorgaben des Ministeriums praktisch überhaupt umsetzen können“.

Sie selbst habe sich wie andere Eltern auch in den zurückliegenden zwei Monaten bemüht, ihren Kindern die unsichtbaren Gefahren zu verdeutlichen, „die von dem gefährlichen Coronavirus ausgehen“. Wichtige Verhaltens- und Hygieneregeln zum Schutz vor einer Infektion habe sie den Kindern immer wieder erklärt und versucht, diesen zu verinnerlichen. „Und jetzt soll das an der Grundschule alles nicht mehr gelten?“, fragt auch Vater Simon Kaschny kritisch. Die Abstandsregel in der Klasse sei für die Sitzordnung aufgehoben und ein Mundschutz muss auf dem Pausenhof, den Schulfluren und Toiletten, aber nicht mehr zwingend im Klassenraum getragen werden. „Wie sollen wir unseren Kindern diese Widersprüche erklären“, fragen Mind und Kaschny Schulministerin Gebauer um konstruktive Hilfe.

Das Ganze klinge nach einem Experiment mit Versuchskaninchen

„Jeder Tag zählt“

Wenn es um Bildung geht, zählt jeder Tag“, so begründet NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer ihre Entscheidung, den Grundschul-Regelbetrieb ab 15. Juni zu starten. Nach zehn Wochen Beschränkungen sei es von besonderer Bedeutung, „gerade den Kindern der Primarstufe vor den anstehenden Sommerferien nochmals einen durchgehenden und geordneten Schulalltag zu ermöglichen“.

Die derzeitige Entwicklung des Infektionsgeschehens ermögliche diese Entscheidung „auf dem Weg hin zu einem verantwortungsvollen Regelbetrieb an unseren Grundschulen in Nordrhein-Westfalen“. Diesen Schritt gehe die Landesregierung „im Interesse der Bildungsgerechtigkeit und der Zukunftschancen unserer Jüngsten“, so die Schulministerin.

Selbstverständlich sei der Schulunterricht für die Kinder wichtig, „für mich klingt das aber nicht nach Bildung, eher nach einem Experiment, indem meine Kinder und alle Grundschüler Versuchskaninchen sind“, kritisiert die Gladbeckerin. Es gebe ja Stimmen, die sagen, der Grundschulunterricht werde noch vor den Ferien aufgenommen, um quasi mit der zweiwöchigen Ansteckungsmöglichkeit für die Kinder zu sehen, ob sich dadurch die Infektionszahlen insgesamt veränderten. Gestaffelte Anfangs- und Pausenzeiten sollen die Ansteckungsgefahr beziehungsweise die Verbreitung des Coronavirus beschränken, das stelle aber gerade große Grundschulen vor ein organisatorisches Problem. „Und in den Offenen-Ganztagsgruppen kommen die Kinder am Nachmittag dann aus verschiedenen Klassen doch alle zusammen“, das sei doch irrational.

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Sie wolle nicht nur ihre Bedenken äußern, „sondern auch einen Lösungsvorschlag machen, um die angespannte Situation für die Grundschulen etwas zu entzerren“, sagt Sina Mind. Sie schlägt angepasste Unterrichtszeiten und eine Aufteilung der Grundschulkinder vor, „so dass die eine Hälfte am Vormittag von 8 bis 12 Uhr zur Schule kommt und die andere nach einer Putzpause am Nachmittag von 12.30 bis 15.30 Uhr“. Mit wöchentlichem Wechsel und alles unter Einbindung der OGS. Dadurch entspanne sich auch die räumliche Situation und das Abstandhalten sei wieder besser möglich.

Protestaktion am Montagmorgen vor der Lambertischule

Ihre Kritik Richtung Schulministerium wollen Sina Mind und Simon Kaschny, gerne mit Unterstützung weiterer Eltern, mit selbst gefertigten Protestplakaten zum Grundschulstart am Montag vor der Lambertischule deutlich machen.