Gladbeck. In Gladbeck stehen Küchenstudios hoch in der Gunst der Kundschaft. Da Reisen gestrichen wurden, investieren viele gerne in eine neue Einrichtung.
Neustart nach Zwangspause: Wie gut sind Gladbecks Möbelhäuser in der Corona-Krise aufgestellt? „Seit wir die Türen wieder aufmachen können, erleben wir einen wahren Run auf unsere Küchen.“ Tamara Reinhardt, Inhaberin des Küchenstudios „K&W Küchenspezialisten“ im Gewerbepark Gladbeck-Brauck, klingt zufrieden, aber auch ein bisschen erschöpft.
Gladbeck: Betten-Fachmann Simon Terhardt erkennt ein „geschärftes Bewusstsein für das Kaufen vor Ort“
„Die Telefone stehen nicht still“, sagt sie. Auf 500 Quadratmetern Verkaufsfläche präsentiert sie ihren Kunden wechselnde Küchenausstellungen. Tamara Reinhardt konnte bereits am 20. April ihre Zwangspause beenden. „Als wir die Nachricht erhielten, dass es bald wieder losgehen könnte, haben wir zwei bis drei Tage gebraucht, um die Hygienestandards anzupassen.“
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Ziemlich oft habe sie von ihren Kunden gehört, da ja nun der Urlaub ausfallen müsse, könne man sich doch genauso gut eine neue Küche leisten, berichtet die Geschäftsfrau. Sie vermutet, ein weiterer Grund könne darin liegen, dass die Menschen während der Zwangspause wegen der Ausbreitung des Coronavirus’ nicht hätten auswärts essen können und beim vermehrten Kochen zuhause sei ihnen manche Unzulänglichkeit in ihrer Küche aufgefallen. „Wir haben zwar unser Personal trotz der Schließung halten können, mussten aber die Soforthilfe des Bundes in Anspruch nehmen, weil ja die sonst üblichen Anzahlungen der Kundschaft fehlten.“ Immerhin sei die Kundenfrequenz seit Wiedereröffnung um 30 Prozent gestiegen.
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Anders hat Simon Terhardt, Inhaber der „Traumwerkstatt“ in der Innenstadt, die Zwangspause erlebt: „Es ging so weiter, wie es war, als wir schließen mussten“, berichtet er, „wir hatten in der Schließungszeit viel Internetkontakt zu unseren Kunden, das war auch schon vorher so.“ Bei Möbeln gibt es in der Regel längere Wartezeiten von der Bestellung bis zur Auslieferung, „so konnten wir in der Zeit, als der Laden geschlossen war, die Aufträge nach und nach abarbeiten.“
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Zwar seien die Umsätze gesunken, aber Kurzarbeit habe er nicht anmelden müssen, sagt Terhardt – froh, bisher ganz gut durch die Krise gekommen zu sein. Als Spezialist in der Möbelbranche, der alle Themen rund um das Schlafen bedient, scheint die Konjunkturabhängigkeit nicht ganz so groß zu sein. Nach der Wiedereröffnung habe er jedoch gemerkt, wie sehr seine Kunden auch den Besuch im Geschäft zu schätzen wissen, und er glaubt „ein geschärftes Bewusstsein für das Kaufen vor Ort“ festgestellt zu haben.
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Das gerade vorgestellte Konjunkturpaket der Bundesregierung bewertet Terhardt in Teilen positiv, doch die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent kann er nicht ganz nachvollziehen: „Der gesamte Bestand muss umgezeichnet werden, und meine Warenwirtschaft ist jetzt schon in Panik, weil wir das System in ziemlich kurzer Zeit umstellen müssen. Da kommen einige Kosten auf uns zu“, ist Simon Terhardt skeptisch.
Gern hätten die WAZ an dieser Stelle auch von den Erfahrungen des größten Möbelhauses in Gladbeck berichtet. Eine diesbezügliche Anfrage bei den Inhabern des Traditionsunternehmens „Wohnwelt Niessing“ am Markt blieb leider unbeantwortet.
Senkung der Mehrwertsteuer
Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 wird die Mehrwertsteuer für Waren und Dienstleistungen von 19 auf 16 Prozent, bzw. der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt. Damit will die Bundesregierung die Konjunktur in Corona-Zeiten ankurbeln und Kaufanreize schaffen.
Dies kann nur gelingen, wenn Unternehmen die Steuersenkung an ihre Kunden weitergeben. Kritik gibt es teilweise an der Befristung der Maßnahme.
Thomas Jarzombek, Inhaber des Küchenforums an der Mühlenstraße, sagt, er sei gut durch den Corona-Shutdown gekommen, jetzt freue er sich auf seine Kunden: „Als die Schließungen bekannt wurden, habe ich viele besorgte Anrufe erhalten, was denn nun mit der bestellten Küche sei“, erzählt er. So haben er und sein Team die Zeit genutzt, Küchen auszuliefern und einzubauen: „Mal in 14 Tagen 17 Küchen!“
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Nach der Wiederöffnung habe er großen Kundenzulauf gehabt: „Allein in der ersten Woche habe ich einen halben Monatsumsatz geschrieben. Wir haben gut zu tun.“ Jarzombek lebt mit seinem Betrieb hauptsächlich von Weiterempfehlungen seiner Kunden – und das funktioniert. Die Soforthilfe der Bundesregierung hat bei ihm für Liquidität gesorgt, aber der Küchenspezialist ist überzeugt: „Wir werden die Folgen des Shutdowns zeitverzögert merken. Fragen Sie mich noch mal in sechs bis zehn Wochen.“