Gladbeck. Kämmerer Thorsten Bunte will im Juni im Haupt- und Finanzausschuss Details nennen. Der Experte ist überzeugt: Nur zusätzlicher Chash hilft.
Die Corona-Krise drückt immer mehr auf die Stadtfinanzen. Kämmerer Thorsten Bunte blickt mit zunehmender Sorge auf wegbrechende Steuern und Gebühren, aber auch auf höhere Kosten und vor allem auf die wenig optimistischen Prognosen. Eins sei klar, so der Kämmerer: Ansparen könne man gegen diese massiven Einschnitte nicht. "Cash von außen, das ist das einzige, was helfen kann", so Bunte im Gespräch mit der WAZ.
Der Kämmerer, der im Haupt- und Finanzausschuss am 8. Juni eine erste Einschätzung der städtischen Finanzlage geben will, weist auf die aktuelle bundesweite Steuerschätzung hin, die bei der Gewerbesteuer ein Minus von knapp 25 Prozent sieht. Zahlen auf Gladbeck bezogen wollte Bunte noch nicht nennen. "Das alles sind Momentaufnahmen, kein Mensch weiß, wie es am Jahresende aussieht und was dann in der Kasse liegt." Laufend erreichten die Kämmerei Anträge auf Steuerherabsetzungen oder Stundungen.
Bunte schätzt, dass Gladbeck bis 2023 ein "mittlerer zweistelliger Millionenbetrag" fehlt
Ins Minus werden laut Bunte auch die kommunalen Anteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer gehen. Darauf weise die Steuerschätzung unzweideutig hin. Wann und wie hart das durchschlage, sei noch ungewiss. Und auch die Schlüsselzuweisungen des Landes, die stärkste Säule der kommunalen Finanzen, würden schrumpfen, nicht so schnell wie die eigenen Steuern oder die Anteile an Bundes- und Landessteuern, eher mit Verzug von etwa über einem Jahr.
Eine vorsichtige Schätzung äußert Kämmerer Bunte dann doch: Er befürchtet, dass die Stadt bis 2023 (also über vier Jahre) einen Verlust in Höhe "eines mittleren zweistelligen Millionen-Betrages" hinnehmen müsse. Dagegen helfe kein Sparen oder Streichen im Haushalt, schon allein deswegen nicht, da in den vergangenen Jahren - nicht nur in der Zeit des Stärkungspaktes - bereits fast alles im Stadtetat auf den Prüfstand gekommen sei. "Es ist nicht mehr viel da zum Streichen."
Kämmerer warnt, die kommunalen Investitionen zurückzufahren
Und Bunte gibt eines zu bedenken: Kürzungen bei kommunalen Investitionen würden die Lage nur verschärfen. Der Investitionsstau würde zunehmen, und Firmen, denen Aufträge verloren gingen, kämen in Schwierigkeiten mit negativen Auswirkungen aus Sicht der Stadt auf die Steuerabgaben.
Bunte warnt allerdings auch, die Lage zu schwarz zu malen. "Es wird schon einen Weg geben, mit den Herausforderungen umzugehen." Die massiven Finanzhilfen für die Kommunen, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt hat, um vor allem gegen die Altschulden vorzugehen, "würden schon sehr helfen." Bunte: "Das käme einer Stunde Null gleich, wir hätten zwar weiterhin mit strukturellen Problemen zu kämpfen, würden aber nicht mehr unter, sondern über Wasser sein."
Vorschlag von Bundesfinanzminister Scholz ist kein Selbstläufer
Allerdings, so der Kämmerer, sei der Vorschlag kein Selbstläufer, wie Reaktionen aus Bundesländern, deren Kommunen nicht so betroffen sind, gezeigt hätten. Immerhin seien die Signale der NRW-Landesregierung dazu positiv. Bunte: "Ich bin gespannt auf den Prozess."
Die bisherigen Reaktionen des Landes auf die kommunalen Finanzprobleme im Zuge der Corona-Krise sieht Gladbecks Kämmerer dagegen eher kritisch. Die angebotene "Bilanzierungshilfe" des Landes, sämtliche Corona-Kosten aus dem Haushalt zu ziehen und einen gesonderten Bilanzierungsposten zu bilden, sei keine Hilfe, sondern ein Verschieben der Belastung in die Zukunft, und zwar auf 50 Jahre.
Wenig hilfreich seien auch Ankündigungen in Düsseldorf wie etwa die, die die Kita-Entgelte betreffen: Eltern, so hieß es, müssten sie in Corona-Zeiten nicht zahlen. Das sei, so Bunte, wohl ok gegenüber den Familien, schlage aber in Gladbeck - da das Land nur die Hälfte der ausbleibenden Kosten übernimmt - ungefragt pro Monat ein Loch von 66.000 Euro in die Kasse. Kämmerer Bunte bleibt dabei: "Bei all den Belastungen hilft uns nur Cash."
>>> Ein kleiner Lichtblick für die Stadt
Einziger Lichtblick, so Bunte, sei die Ankündigung aus Düsseldorf, "geparkte, übrig gebliebene Stärkungspaktmillionen" in Höhe von rund 340 Millionen Euro, an die Kommunen zu verteilen.
Ganz frisch erhielt die Kämmerei diese Woche dazu Post: Gladbeck erhält davon voraussichtlich 4,7 Millionen Euro - aber über zwei Jahre. Bunte: "Das hilft, keine Frage, ist aber ehrlich gesagt nur ein Tropfen auf den heißen Stein und reicht bei weitem nicht."