Gladbeck. Sie wirbt an Schulen für Toleranz gegenüber Schwulen, Lesben, Transsexuellen. Die Schlau-Gruppe Gladbeck ist aber noch nicht überall bekannt.

„Schwul“ ist immer noch ein Schimpfwort. „Sogar das Schimpfwort Nummer eins auf deutschen Schulhöfen“, sagt Atti Schmülling, Teamleitung der Schlau-Gruppe Gladbeck (Schlau steht für Schwul-Lesbische-Aufklärung). Die Ehrenamtlichen der Gruppe geben in Schulklassen Workshops, um über die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt aufzuklären und gegen Vorurteile und Klischees gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender und queeren Menschen anzugehen.

Das Team besteht aus homo- und bisexuellen sowie transidenten Ehrenamtlichen. „Das ist Voraussetzung, weil wir in den Workshops auch mit unseren eigenen Coming-out-Methoden arbeiten“, so Schmülling. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist das Thema Mobbing. „Wenn jemand zu einer Minderheit gehört, wird er schnell ausgegrenzt.“ Das Team will zeigen, dass sie ganz normale Menschen sind „und nicht alle aussehen wie Conchita Wurst.“

17. Mai ist internationaler Tag gegen Homophobie

Die Schlau-Gruppe gibt es seit 2013 in Gladbeck, sie ist die einzige im Kreis Recklinghausen. Ein eigenes Büro gibt es nicht. Die Teamer arbeiten ehrenamtlich, einzig die Teamleitung hat einen 400-Euro-Job. In NRW gibt es rund 16 Schlau-Teams, gefördert wird das Projekt vom Land NRW. In den sozialen Medien hatte das Gladbecker Team zuletzt um weitere Ehrenamtliche geworben.

Seit 2005 gilt der 17. Mai, also der kommenden Sonntag, als internationaler Tag gegen Homophobie. Am 17. Mai 1990 beschloss die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität von der Liste psychischer Krankheiten zu streichen.

Viele outen sich erst während des Studiums

Bereits an Schulen anzusetzen, das ist den Ehrenamtlichen besonders wichtig. „Viele fühlen sich in ihrer Schulzeit ausgegrenzt und outen sich etwa erst im Studium, da sie es sich vorher nicht trauen. Das kann nicht sein“, so Schmülling. Schmülling selbst bezeichnet sich als nicht-binär, will sich also nicht in das herkömmliche, zweigeteilte Geschlechtersystem einordnen, und daher auch nicht als männlich oder weiblich bezeichnet werden. „Das Geschlecht ist ein total bestimmendes Merkmal, für viele gibt es nur Mann und Frau.“

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Die Fragen, die die Schüler in den Workshops stellen, sind ganz unterschiedlich. „Welche Fragen beantwortet werden, und welche doch zu persönlich sind, liegt im Ermessen der Teamer.“ Auch Alltagsdiskriminierung wird immer wieder angesprochen. „Das kann zum Beispiel allein die Annahme von Lehrkräften sein, dass ein Mädchen einmal eine Familie gründen wird, oder so über Sex geredet wird, dass der Standard ist, dass er zwischen Mann und Frau stattfindet.“ Minderheiten seien immer einem größeren Stress ausgesetzt, so Schmülling (29). Ziel der Workshops ist es daher, soziale Rollenbilder zu hinterfragen und die Bedeutung und Auswirkung von Diskriminierung zu besprechen sowie eigene Erfahrungen im Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Identität auszutauschen.

Im vergangenen Jahr gaben die Ehrenamtlichen zwölf Workshops im Kreis Recklinghausen

Die Ehrenamtlichen suchen Jugendliche ab der siebten Klasse auf, in allen Schulformen. Im vergangenen Jahr haben die Schlau-Teams zwölf Workshops im Kreis Recklinghausen gegeben und so rund 300 Schüler erreicht. „Die Tendenz ist steigend, wir bieten immer mehr Workshops an“, so Atti Schmülling. Das liege zum einen an der zunehmenden Professionalisierung von Schlau, zum anderen aber auch daran, dass das Thema öffentlich immer mehr präsent ist, und auch die Lehrer immer offener würden.

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Schmülling sieht die Arbeit der Ehrenamtlichen auch deshalb als sinnvoll an, da Schüler eher Hemmungen hätten, ihre Lehrer etwas zu fragen, die Teamer hingegen schafften während der Workshops einen geschützten Raum. „Leider sind wir noch nicht an allen Schulen bekannt, wir würden gerne noch viel mehr Klassen besuchen“, so Schmülling. Dass ihre Arbeit den Jugendlichen Unterstützung bietet, davon ist die Teamleitung überzeugt. „Es ist auch schon passiert, dass sich jemand während eines Workshops geoutet hat.“

Atti Schmülling und die Schlau-Gruppe sind erreichbar per E-Mail an gladbeck@schlau.nrw, auf Facebook: www.facebook.com/SCHLAU.Gladbeck sowie auf Instagram: www.instagram.com/schlaugladbeck/ und telefonisch unter . Wer sich selbst als Teamer engagieren möchte, sollte zwischen 16 und 30 Jahre sein.