Gladbeck. André Müller erwartet Ostertage, „wie wir sie alle noch nicht erlebt haben“. Seelsorger müssten jetzt Hoffnung, Trost und Zuversicht ausstrahlen.
Die Corona-Pandemie reduziert auch zu Ostern das gesellschaftliche Leben auf ein Minimum. Es gibt weder Ostergottesdienste noch Osterfeuer, auch Osterbesuche sollen dieses Mal ausfallen. Die WAZ sprach über dieses besondere Osterfest mit Propst André Müller, Pfarrer der katholischen Propsteipfarrei St. Lamberti.
Propst Müller, was empfinden Sie, wenn Sie über die außerordentlichen Umstände des Osterfestes 2020 nachdenken?
Propst Müller: Ich bin seit 25 Jahren Priester, aber so ein Osterfest habe ich noch nie erlebt. Für uns Seelsorger ist es schrecklich, was da gerade passiert. Ein Hochfest begehen, indem man es nicht feiert – da ändert sich gerade unser Aggregatzustand. Ein Gottesdienst hat immer einen öffentlichen Charakter, wir wollen damit Menschen erreichen. Jetzt aber müssen wir andere Wege, andere Kanäle suchen, um präsent zu sein und lernen vor allem, mehr mit dem Digitalen umzugehen. Was aber für Ältere gar nicht geht. Das merken wir auch, weil die Anfragen nach Hilfen mehr werden.
„Es gibt auch wieder ein Leben voller Liebe und Glücksmomente“
Welche Osterbotschaft haben Sie für die Menschen, die in dieser Pandemiezeit verunsichert sind?
Viele Menschen sind bedrückt, einige haben Angst, das spüren wir. Daher dürfen wir nicht in Osterjubel ausbrechen. Wir müssen Hoffnung verbreiten, Trost spenden, Zuversicht ausstrahlen, um die Krisenzeit durchzustehen. Zeiten, wie wir sie alle noch nie erlebt haben. Höchstens die ganz Alten aus dem letzten Krieg. Ich glaube, Hoffnung, die vielen fehlt, weil man sie nicht von Angesicht zu Angesicht zugesprochen bekommt, hilft uns, die schwere Zeit gemeinsam durchzustehen, auch wenn wir uns augenblicklich so fern sind. Das Leben kann schwer und dunkel sein, aber es wird auch wieder ein Leben voller Liebe und Glücksmomente geben. Da bin ich sicher.
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Leere Kirchen, verschobene Kommunionfeiern, keine Kontakte - gerät die Kirche in eine Krise?
Nein. Kirche wird nicht überflüssig. Es gibt gerade starke Veränderungen, aber die Sehnsucht nach Glauben und Kirche wird nicht erlöschen. Not lehrt beten, hieß es früher. Aber wir können derzeit nicht zum gemeinsamen Beten in die Kirchen. Es ist aber eine große Wachheit da, es gibt viele Kontakte anderer Art, viele rufen an, weinen auch am Telefon. Religiöse Fragen, so meine Erfahrung der vergangenen Wochen, nehmen zu. Was mich bedrückt, ist, die Menschen, was den persönlichen Kontakt anbelangt, am Ende allein lassen zu müssen. Und richtig hilflos macht es mich, keine persönliche Sterbebegleitung geben zu können.
Die Herausforderungen schweißen das Pastoralteam zusammen
Wie geht das Pastoralteam mit der Herausforderung um?
Es schweißt zusammen, man entdeckt Seiten an sich und den anderen, die man nicht kannte. Viele kreative Themen werden als Alternativen entwickelt – wie etwa der Ostergruß an die Familien, die Wortgottesdienste für daheim oder der Livestream unserer Osternacht auf Youtube. Dennoch bleibt Unsicherheit, etwa bei der Frage, wie es weitergeht. Können wir die verschobenen Taufen, Hochzeiten, Kommunionfeiern und Firmungen im zweiten Halbjahr nachholen? Nichts scheint planbar derzeit.
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Wie kann Ostern den Menschen helfen?
Ostern kann uns helfen, nicht aufzugeben, nicht zu resignieren, nicht zu verzweifeln: Gott steht auf unserer Seite. Ostern ist ein Fest des Aufstands für das Leben. Das Osterfest zeigt uns, dass eine einzige Kerze Licht ins Dunkle bringen kann. Das Licht, das Christus an Ostern in die Welt bringt, hilft uns gerade in diesen schweren Wochen der Pandemie.
An die denken, die pflegen und betreuen
Propst André Müller bittet, am Osterfest vor allem auch an alle Menschen zu denken, die in der Pflege, in der Betreuung und in den angesichts der Corona-Pandemie so wichtigen menschennahen und sozialen Berufen arbeiten und „herausragend und vorbildlich ihre Arbeit mit kranken, zu betreuenden und Hilfe suchenden Menschen tun“.
Ein besonderer Dank, so der Pfarrer, gelte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im St.-Barbara-Hospital, bei der Caritas und anderen sozialen Trägern sowie den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Müller: „Sie sind die wirklichen Hoffnungsträger mit der österlichen Botschaft im Herzen.“
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